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Die Kommune entscheidet

Carl-Friedrich Höck19. Oktober 2021
Die Luft ist raus: Armin Laschet, hier ohne Lachen, hat die Wahl verloren.
Von Lachanalysen bis zum Pinneberger Orakel: über Absurditäten des Wahlkampfes

Wer beim Kartenspiel Erfolg anstrebt, benötigt vor allem zwei Dinge: Ein gutes Pokerface und ein feines Gespür für die Regungen im Gesicht des Gegenübers. Vielleicht interessiert sich eine Plattform für Online-Casinos deshalb so sehr für die Mimik auf Wahlplakaten. Jedenfalls haben die Betreiber kürzlich analysieren lassen, wie fröhlich die Kandidatinnen und Kandidaten für den Bundestag auf offiziellen Fotos in die Kamera blicken. Am schlechtesten gelaunt sind demnach die Vertreter der AfD: Mehr als die Hälfte von ihnen konnte sich gerade einmal ein kleines Lächeln abringen. 17 Prozent schafften nicht einmal das. Im Vergleich dazu wirkt die Union wie eine Karnevalstruppe. Bei 72 Prozent der Fotos von CDU und CSU attestierten die Prüfer ein herzliches Lachen. Die SPD folgt hier mit knapp 60 Prozent auf dem zweiten Platz. Generell lässt sich über Sozialdemokraten sagen: Auf dem Fröhlichkeitsindex liegen sie etwas über dem Durchschnitt und repräsentieren somit die lebensfrohe Mitte der Gesellschaft.

Natürlich sind Zweifel erlaubt, ob von der Studie eines Casino-Portals tatsächlich relevante Erkenntnisse zu erwarten sind. Eher gehört sie wohl zu den typischen Schrullen eines Wahlkampfes. Eine andere Absurdität sind tierische Orakel, die sich spätestens seit der Fußball-WM 2006 großer Aufmerksamkeit erfreuen. So berichteten Medien vor der Bundestagswahl aufgeregt über die Karlsruher Hundedame Lucy, die Schiebefächer eines Holzspielzeugs öffnen und so die Zukunft weissagen kann. Lucy hatte zuvor bereits die OB-Wahl in Karlsruhe und die Landtagswahl in Baden-Württemberg vorhergesagt. Kleiner Schönheitsfehler: Leider lag sie dabei stets daneben. Auch Lucys Prophezeiung, die CDU werde die Bundestagswahl gewinnen, war ein Reinfall. Gerüchten zufolge sind die wohlwollenden Tipps der Hündin in Politikerkreisen mittlerweile so gefürchtet wie zuletzt nur Angela Merkels Versicherung, sie spreche einem Kabinettsmitglied ihr „vollstes Vertrauen“ aus.

Wesentlich verlässlicher ist das Orakel von Pinneberg. Aufmerksame Beobachter haben nämlich herausgefunden, dass Bundestagswahlen tatsächlich in einer einzigen Kommune entschieden werden: im Kreis Pinneberg in Schleswig-Holstein. Hier liegt der Wahlkreis 007 mit der Lizenz zum Kanzlermachen. Seit 1953 gilt die Regel: Wer in Pinneberg das Direktmandat gewinnt, dessen Partei stellt anschließend auch den Regierungschef im Bund. 2021 ging der Sieg an Ralf Stegner von der SPD. Somit steht der Kanzlerschaft von Olaf Scholz eigentlich nichts mehr im Weg. Seinem Kontrahenten Armin Laschet ist im Wahlkampf tragischerweise etwas zum Verhängnis geworden, das seine Partei öfter präsentiert als alle anderen: ein Lachen.