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Ländlicher Raum hat Zukunft

Dirk Wiese18. Januar 2019
Dirk Wiese, SPD-Bundestagsabgeordneter
Dirk Wiese, SPD-Bundestagsabgeordneter
„Gutes Leben und Arbeiten auf dem Land gewährleisten” – dieses Ziel hat ein Antrag der Regierungsfraktionen, der heute im Bundestag beraten wird. Der SPD-Abgeordnete Dirk Wiese erklärt im Beitrag für demo-online, wo die Koalition ansetzen will.

Mit dem Koalitionsantrag „Gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken – Gutes Leben und Arbeiten auf dem Land gewährleisten“ rücken wir endlich den ländlichen Raum in den Mittelpunkt der politischen Debatte. Dies ist mehr als überfällig. Denn die ländlichen Räume in Deutschland werden oft unterschätzt. Dabei sind sie, wie zum Beispiel das Sauerland, wichtige Kraftzentren unseres Landes.

Ländliche Räume bieten den Bewohnern Vorteile

Vielen Menschen gerade in der Stadt ist nicht bewusst, dass mehr als die Hälfte unserer Bevölkerung auf dem Land lebt. Auch als Wirtschaftsstandort sind diese Gebiete von hoher Bedeutung: Viele mittelständische Weltmarktführer und technologieorientierte Zulieferer haben ihren Sitz auf dem Land. Mit rund 1,2 Billionen Euro werden hier ca. 46 Prozent der Bruttowertschöpfung Deutschlands erwirtschaftet. Wer dort lebt, weiß, dass ländliche Räume Vorteile bieten können. Dazu gehören häufig preiswerter Wohnraum und ein naturnahes Umfeld. Auch zeichnen sie sich durch hohes ehrenamtliches Engagement, ein aktives Vereinsleben und ein gutes Miteinander aus.

Mangel an Ärzten, Schulen und gutem Internet

Es gibt allerdings nicht den einen „ländlichen Raum“, sondern große Unterschiede in den einzelnen Regionen. Während es einerseits wirtschaftlich starke, ländliche Regionen gibt, wie zum Beispiel Südwestfalen, sind strukturschwache Landstriche besonders stark vom demografischen Wandel betroffen. So steigt das Durchschnittsalter gerade im ländlichen Raum seit Jahren an. Dadurch wiederum wächst der Bedarf an Personal vor allem in der Nahversorgung und im Pflegebereich. Gleichzeitig ziehen immer mehr junge Menschen aus den ländlichen Gebieten in die Städte. Dies wirkt sich zudem negativ auf die medizinische und schulische Versorgung, Kinderbetreuungsangebote, den Nahverkehr und Infrastruktur des ländlichen Raums aus.

Wo Ärzte, nahe Schulen und schnelle Internet- und gute Mobilfunkverbindungen fehlen, da ziehen auch kaum neue Einwohner hin. Im Gegenteil, es ziehen mehr Menschen in Städte weg, was dort unter anderem zu Mietsteigerungen führt. Zudem werden ohne eine funktionierende, schnelle Internetanbindung Menschen im digitalen Zeitalter ausgegrenzt. Aber auch für kleine Dienstleister, mittelständische Unternehmen und für die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ist der digitale Ausbau lebenswichtig. Viele Unternehmen auf dem Land können ihre Daten nur sehr langsam übermitteln. Das ist ein massiver Standortnachteil für Verwaltung und Wirtschaft gleichermaßen.

Staat muss sich stärker für den ländlichen Raum engagieren

Gerade deswegen müssen Staat und Politik ihr Engagement deutlich steigern, damit vor allem Menschen in strukturschwächeren Regionen sich nicht abgehängt fühlen. Genau bei diesen Punkten wollen wir mit unserem Antrag ansetzen beziehungsweise weiter arbeiten. So fordern wir, dass die Digitalisierungsstrategie endlich umgesetzt wird. Auch sollen die Ergebnisse der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ gemeinsam mit den Ländern und Kommunalen Spitzenverbänden zügig umgesetzt werden. Ein Teil der Lösung ist flächendeckend funktionierendes Mobilnetz. Auch muss die Breitbandförderung auf dem Land dringend ausgebaut werden. Hier darf es keinen weiteren Aufschub geben!

Gleichzeitig stagniert die Mittelinanspruchnahme des zentralen Förderinstrumentes zur Entwicklung des Ländlichen Raums, die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz seit Jahren. Hier wurde lange zu wenig getan und hunderte Millionen Euro wurden nicht für die Menschen im ländlichen Raum investiert. Doch unsere Bevölkerung darf nicht aufgrund von zu unflexiblen Förderstrukturen um ihre Chancen gebracht werden. So fordern wir das Bundeslandwirtschaftsministerium auf, mehr Transparenz in ihre mit den Ländern beschlossene Förderprogramme zu bringen. Es kann schließlich nicht sein, dass wir als Bundestag dem Ministerium und den Ländern 900 Millionen Euro zur Verfügung stellen, aber letztendlich keinen Einfluss darauf haben, für welche sinnvollen Maßnahmen es ausgegeben wird und einige Länder, wie zum Beispiel NRW, diese gar nicht vollumfänglich abrufen.

 

Hintergrund:

Der Antrag „Gesellschaftliche Zusammenarbeit stärken – Gutes Leben und Arbeiten auf dem Land gewährleisten“ wurde in dieser Woche in den Bundestag eingebracht.

Die Koalitionsfraktionen fordern eine Reihe von Maßnahmen, die auf Bundes-, aber auch auf europäischer und Länderebene umgesetzt werden sollen. Gefordert wird etwa eine Neuausrichtung der europäischen Agrarpolitik. Auch soll die Regierung dafür sorgen, dass der Glasfaser-Breitbandausbau in ländlichen Kommunen zügig vorangeht. Weitere Themen: Die öffentliche Nahverkehrsanbindung im ländlichen Raum soll ausgebaut werden; ehrenamtliches Engagement soll gestärkt und entbürokratisiert werden. (Red.)