Blog Meine Sicht

Das Land Hessen nimmt gerne – kommunales Geld

Torsten Warnecke17. Juli 2020
Torsten Warnecke
Die hessische Landesregierung lobt sich für Maßnahmen, die eigentlich die Kommunen bezahlen. Ein Kommentar von Torsten Warnecke, SPD-Fraktionsvize im Hessischen Landtag.

In Zeiten wie diesen hat Hessen im Landeshaushalt noch vor kurzem 1,5 Milliarden Euro als Überschuss ausgewiesen (2019). Es sind Rücklagen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro und ein Kreditvolumen von zwei Milliarden Euro in einem breitgetragenen Nachtragshaushalt beschlossen worden (2020). Damit sollen Maßnahmen gegen die sozialen und wirtschaftlichen Folgen finanziert werden.

Darüber darf nicht vergessen werden, dass in vielgeübter schlechter CDU-Regierungspraxis noch vor kurzem den Kommunen Geld genommen wurde. Nicht gegeben, sondern genommen. Das ward dann „Heimatumlage“ geheißen und reiht sich in die CDU-Tradition ein. Worum geht es?

Darum geht es!

Die gewerbesteuereinnehmenden Kommunen der westlichen Bundesländer haben sich am Aufbau der neuen Bundesländer seit 1995 mit einer Umlage direkt beteiligt. Mehr als 400 Millionen Euro oder 29 Prozentpunkte waren es in 2019 in Hessen. In allen westdeutschen Bundesländern wurden diese Mittel den Kommunen für die Zukunft ab 2020 zurückgegeben. In Hessen sieht das wieder einmal anders aus. Nur ein Viertel bleibt den gewerbesteuereinnehmenden Kommunen selbst; gut 100 Millionen Euro.

Der übergroße Mittelanteil wird von den Kommunen in den Landeshaushalt verfrachtet. Die gewerbesteuereinnehmenden Kommunen müssen über 300 Millionen Euro an das Land Hessen abführen. Im Landeshaushalt werden daraus einerseits gut 120 Millionen Euro für den Kommunalen Finanzausgleich (KFA). Und dann müssen andererseits Versprechen der schwarz-grünen Koalition eingehalten werden. Erinnert sei an die „Stärkung der Kinderbetreuung“ (120 Millionen Euro), die „Erhöhung der Krankenhausinvestitionen“ (35 Millionen Euro), „ÖPNV/Nahmobilität“ (20 Millionen Euro), die „Digitalisierung der Kommunen“ (20 Millionen Euro) und „Verwaltungspersonal für die Schulen“ (fünf Millionen Euro). Das alles, worüber dann landesseitig Bewilligungsbescheide ausgestellt, mindestens die Landesregierung lobende Pressemitteilungen verfasst werden, wird mit kommunalem Geld bezahlt! Und bei dem einen oder anderen Programm dürfen die Kommunen sich wieder bewerben, um ihr Geld in Form von Programmmitteln zurück­zubekommen.

Mit dieser Vorgabe wird übrigens den gewerbesteuereinnehmenden Kommunen auch eine eventuell geplante Senkung der Gewerbesteuerhebe­sätze verwehrt. Denn die dafür eingeplanten Mittel sind durch die Aktion der schwarz-grünen Landesregierung bereits maßgeblich im Landeshaushalt verplant. Schließlich bedeutet dies für Kommunen, deren Gewerbesteuer entscheidend aus dem produzierenden Gewerbe stammen, erneut einen Entzug der zur Unterhaltung und zum Ausbau der Infrastruktur notwendigen Mittel.

Nichts Neues von der PR-Front!

Das Beschriebene allerdings ist nichts Neues in Hessen. Zwar werden immer wieder die Programme von CDU-geführten Landesregierungen selbst­gelobt. Bei einem klaren Blick allerdings muss festgestellt werden, dass die Kommunen den „Schutzschirm“ (56,6 Prozent), die „Hessenkasse“ (63,5 Prozent), die „Heimatumlage“ (100 Prozent) maßgeblich oder vollständig selber bezahlen. Vergessen scheinen auch die gut 2,4 Milliarden Euro, die CDU-geführte Regierungen den Kommunen von 2010 bis 2016 ersatzlos aus dem KFA entzogen hatten.

Und als jetzt Bundesfinanzminister Olaf Scholz forderte, dass zur Entschuldung der Kommunen Alt­schulden von Bund und Land je hälftig übernommen werden sollen, kündigte sich wütender Widerspruch der Hessen-CDU an. Die Kommunen seien doch entschuldet worden, heißt es. Nicht tatsächlich, denn Kassenkredite teilweise in langfristige Zahlungsverpflichtungen umzuschulden, ist keine Entschuldung. Eine 100-prozentige Übernahme von Bund und Land sind eben etwas anderes als die rund 40 Prozent des Landes Hessen bei „Schutzschirm“ und „Hessen­kasse“. Das macht deutlich, dass die SPD den Kommunen mehr Hilfe zukommen lassen will, als die PR-gestützten Maßnahmen einer CDU-geführten Landesregierung bieten.

Die Zahlen sind klar. Gerade in Zeiten wie diesen schlägt die Realität alles.

 

Dieser Text ist zuerst im Landes-SGK EXTRA Hessen der DEMO erschienen und wird hier mit freundlicher Genehmigung der SGK Hessen veröffentlicht.
Im Blog „Meine Sicht” schreiben wechselnde Autor*innen aus persönlicher Perspektive über kommunale Themen.