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Für mehr Wasserstoff im kommunalen Einsatz!

Timm Fuchs12. Mai 2021
Wasserstoffzeichen an einer Tankstelle
Wasserstoff-Technologie kann helfen, CO2 einzusparen. Welche kommunalen Anwendungsfelder es gibt und worauf es in der Politik jetzt ankommt – ein Gastbeitrag von Timm Fuchs, Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund.

Seit dem Start der Nationalen Wasserstoffstrategie im Sommer des letzten Jahres ist grüner Wasserstoff besonders im politischen Fokus. Dieser kann als Alternative zu fossilen Energieträgern einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die nationalen CO2-Minderungsziele zu erreichen. Sein Einsatz bietet im kommunalen Kontext zahlreiche Anwendungsfelder: beim Betrieb von Wasserstoffbussen im ÖPNV, der kommunalen Wärmeversorgung oder zur Stabilisierung des Stromnetzes im Zuge vermehrter Einspeisung aus erneuerbaren Energien. Viele Städte haben deshalb in Zusammenarbeit mit ihren Unternehmen bereits Wasserstoffstrategiepläne entwickelt.

Fokus Energiewirtschaft

Besonders in der kommunalen Energiewirtschaft hat der Einsatz des grünen Wasserstoffs ein Potenzial, das sich anhand von erfolgsversprechenden Projekten kommunaler Unternehmen zeigt. Dies geschieht beispielsweise über Wasserstoff-Elektrolyseanlagen. Überschüssige erneuerbare Energie aus Windkraft oder Fotovoltaik kann so durch Zerlegung in Wasserstoff und Sauerstoff gespeichert und bei Bedarf verwendet werden – etwa durch den Betrieb von Brennstoffzellen in Wasserstofffahrzeugen oder dem Einsatz in der kommunalen Wärmeversorgung. Damit kann zugleich ein Beitrag zur Systemstabilität und Versorgungssicherheit des deutschen Stromnetzes geleistet werden.

Ein weiteres Potenzialfeld ist die schrittweise Integration von grünem Wasserstoff in die Gasversorgungsnetze. Um höhere Mengen Wasserstoff beizumischen, müssen die Netze allerdings technisch weiterentwickelt werden. Dieser Weg dürfte kosteneffizienter und mit Blick auf die kommunalen Straßen, Wege und Plätze auch schonender sein als der Aufbau einer parallelen Netzstruktur für Wasserstoff.

Timm Fuchs

Darüber hinaus sind bereits heute die meisten Kraft-Wärme-Koppelungs-Anlagen für den Einsatz mit Wasserstoff geeignet. Auch kann die Abwärme aus Elektrolyseuren bei der Wasserstoffherstellung einen wichtigen Beitrag zur Wärmeversorgung in Städten und Gemeinden im Umfeld dieser Anlagen liefern.

Dabei ist vor allem der Bund gefordert, den Einsatz von Wasserstoff im Interesse einer CO2-freien Gas- und Wärmeversorgung durch entsprechende Förderprogramme abzusichern – auch um Kostensteigerungen bei den Verbrauchern abzufedern.

Fokus Verkehr

Mit Blick auf den kommunalen Verkehrsbereich bedeutet die Wasserstoffstrategie unter anderem eine Förderung zur Beschaffung von Wasserstoff- bzw. Brennstoffzellenfahrzeugen. Diese sind derzeit noch sehr kostspielig, aber bereits in der Abfallentsorgung im Einsatz. Weitere Anwendungsbereich sind etwa LKW, Bahnen und Rangierlokomotiven in kommunalen Gewerbegebieten sowie Busse im Bereich des ÖPNV.

Gerade im Bereich der Stadtbusse kann Wasserstoff einen Beitrag zur Reduzierung von CO2 und NOX in den Kommunen leisten. Zugleich wird damit die Umsetzung der sogenannten Clean Vehicles Directive (CVD) abgesichert, welche für Deutschland wie für die anderen Mitgliedstaaten der EU Quoten zur Beschaffung von Null-Emissions-Fahrzeugen im kommunalen Verkehr vorgibt.

Zum Einsatz der Fahrzeuge ist der Aufbau einer bedarfsgerechten Speicher- und Tankinfrastruktur erforderlich, die mittel- bis langfristig auch den Markthochlauf im Bereich der privaten Pkw unterstützen kann. Mit den „HyLand-Wasserstoffregionen in Deutschland“ werden bereits erste integrierte regionale Konzepte gefördert. Ein aktueller Förderaufruf des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) richtet sich explizit an die Kommunen.

Worauf es jetzt ankommt

Die Nationale Wasserstoffstrategie des Bundes war und ist ein wichtiger Impuls für Klimaschutz, die Entwicklung von Schlüsselindustrien und damit für Arbeitsplätze am Industriestandort Deutschland. Insofern ist es richtig, dass die Bundesländer ebenfalls eigene Wasserstoffstrategien entwickeln, um die einzelnen Regionen zu stärken.

Bei der Ausrichtung dieser Strategien wird darauf zu achten sein, dass nicht allein die Sektoren Industrie und Verkehr fokussiert werden. Auch wenn diese die vermeintlich die größten und am schnellsten zu erreichenden CO2-Einsparpotenziale versprechen, gingen durch eine zu einseitige Förderlandschaft von Bund und Ländern wichtige Potenziale für die kommunale Energiewirtschaft und die Wertschöpfung in den Regionen verloren.

Die Kommunen und ihre Partner haben einen hohen Anspruch zur CO2-Reduktion und verfügen über ausreichend vorhandene Infrastrukturen im Bereich der Gas- und Wärmeversorgung, um CO2-Einsparungen bei vertretbaren CO2-Vermeidungkosten zu realisieren.

Nicht zuletzt wird mehr als bisher darauf zu achten sein, dass im Interesse gleichwertiger Lebensverhältnisse alle Regionen von den Potenzialen der Wasserstoffwirtschaft profitieren. Besonders oder gerade weil grüner Wasserstoff ein großes Potenzial für die Erreichung der Klimaschutzziele und zugleich für die Wertschöpfung in den Kommunen hat, sollte die Förderpolitik künftig durch ein gemeinsames Monitoring von Bund, Ländern und Kommunen fortlaufend überprüft werden.