Was mir als Bürgermeisterin der Frauentag bedeutet

Ines Hübner 08. März 2017
Was bedeutet der Internationale Frauentag heute, ein zu Beginn des 20. Jahrhunderts erkämpfter Tag? Veltens Bürgermeisterin Ines Hübner nimmt den Tag zum Anlass, über Frauen – und Männer – in der Kommunalpolitik nachzudenken.

Wir begehen heute, am 8. März, den Internationalen Frauentag, im Land Brandenburg umrahmt von der Frauenwoche, in einigen Kommunen Deutschlands sogar von mehreren Frauenwochen. Auch in meiner Heimatstadt Velten werden wir diese Woche mit Vorträgen, Workshops, einem Konzert, Lesungen und einem Filmabend feiern. Immer wieder erlebe ich in Diskussionen, dass mir – nicht nur von Männern – die Frage gestellt wird, ob im 21. Jahrhundert so viel Aufhebens um einen zu Beginn des 20. Jahrhunderts erkämpften Tag gemacht werden muss. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau sei doch „weitgehend“ erreicht. Allein das Wort „weitgehend“ bringt mich in solchen Debatten auf die Palme. Ich muss in solchen Gesprächen gar nicht darauf hinweisen, dass in Deutschland Lohngerechtigkeit zwischen Mann und Frau längst noch nicht erreicht ist, dass noch immer Aufsichtsratsposten in DAX-Konzernen fast ausschließlich von Männern besetzt sind, wir noch weit entfernt sind von einer eigenständigen Existenzsicherung von Frauen über alle Lebensphasen hinweg.

Kommunalpolitik ist exemplarisch für ein gesellschaftliches Dilemma

Es genügt, wenn ich auf unsere Stadtverordnetenversammlung in Velten verweise und frage, wie es in der Vertretung um eine auch nur annähernd paritätische Verteilung der Mandate bestellt ist. Kommunalpolitik ist eben exemplarisch für ein Dilemma, das unsere Gesellschaft nach wie vor durchzieht. Trotz Quotierung der Listen zu allgemeinen Wahlen und der Wahlämter in den meisten Parteien sind es wir Frauen, die zumeist vor den großen Herausforderungen der Vereinbarkeit stehen (von Beruf, politischem (Ehren)Amt mit der Pflege von Angehörigen UND mit der Erziehung von Kindern) und ihnen nicht immer gewachsen sind. Wie viele Frauen sind es, die im Laufe einer Wahlperiode ihr Mandat in einer Kommunalvertretung aufgeben müssen, weil Sitzungszeiten der Fraktion, der Parteigliederungen, der Ausschüsse und der Vertretung selbst einfach nicht mit Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen sind?! Und wie wenige Männer scheitern an der gleichen Herausforderung?

Ich liebe meinen Beruf als Bürgermeisterin und bin davon überzeugt, dass ich gerade als Frau besondere Eigenschaften mitbringe, die mir bei der Amtsausübung helfen. Neben den berühmten Soft Skills ist es auch das Verständnis für die Frauen in Velten und eben diese Vereinbarkeitsprobleme, die zu lösen, wir auch als Kommune beitragen wollen. Das beginnt schon bei der Flexibilität der Öffnungs- und Betreuungszeiten in unseren Kitas. Aber auch als Bürgermeisterin begegnen mir die gleichen Herausforderungen wie anderen Frauen. Ein Blick in den Terminkalender offenbart, dass unsere Gesellschaft wie schon die Honoratiorengesellschaft vor 150 Jahren sich am Lebensrhythmus älterer Herren orientiert: Sitzungen, Vereinstreffen, zu begehende Jubiläen etc. bis in den späten Abend hinein.

„Altherren-Vereinsmeierei“ – auch heute noch anzutreffen

Schon Heide Simonis beklagte die Altherren-Vereinsmeierei in verrauchten Hinterzimmern an Biertischen, die es Frauen fast unmöglich mache, in der Politik mit den „trinkfesteren“ Männern Schritt zu halten. Wenn wir ehrlich sind, trifft das noch immer zu und unterscheidet die Bundes- oder Landespolitik nicht von jener in der Kommune. Auch hier ist der 8. März ein guter Anlass, einmal mehr darüber nachzudenken, was in der Politik selbst, ihren Prozessen und Ritualen alles familiengerechter gestaltet werden könnte. Und der Internationale Frauentag ist ein Anlass, all jenen zu danken, die sich in der Politik immer wieder diesem Dilemma stellen, es ertragen und trotzdem ihre Energie und Zeit aufwenden, sich zu engagieren. Nicht zuletzt ist der Frauentag aber auch ein Anlass, all denen zu danken, die an der Seite jener stehen und den Rücken stärken oder frei halten, die nicht minder Energie aufbringen müssen, Politik, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren – Männern und Frauen!

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