Blog Das Letzte

Roter Rauch

Karin Billanitsch15. Dezember 2021
Rot, Gelb, Grün – diese Farben sind derzeit hoch im Kurs.
Warum China die Ampelfarben ändern wollte und was das mit der neuen Regierung in Berlin zu tun hat.

Ampeln sind zur Zeit hoch im Kurs. Rot, Gelb, Grün, das sind die Phasen, die sich abwechseln. Wobei nach der klassischen Farbenlehre der Straße Rot ja bekanntlich für Stillstand, Gelb für Bereitschaft und Grün für das Gasgeben steht. Und nicht nur der Straßenverkehr, auch die politische Welt erschließt sich über Farben. Das wissen wir nicht erst, seit sich in Berlin die möglichen Ampel-Koalitionäre an einen Tisch gesetzt haben. Seit 1863 war Rot die Farbe des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins und später die Traditionsfarbe der SPD. Gelb oder Gold hat sich für den Liberalismus etabliert. Jemand wird aber auch „gelb vor Neid“ sagt der Volksmund. Und Grün ist die Farbe der Hoffnung und des Umweltglück verheißenden Chlorophylls.

Die erste elektrische Lichtsignalanlage der Welt, die 1914 in Cleveland aufgestellt wurde, hatte nur zwei Farben – Rot und Grün. Der Gelb-Puffer fehlte komplett, was wahrscheinlich zu unfallträchtigen Vollbremsungen, gepaart mit geräuschvollen Kavalierstarts führte. Auf jeden Fall kam schon wenige Jahre später die dreifarbige Ampelanlage auf. Vorreiter in Deutschland war Berlin 1924 mit dem Verkehrsturm am Potsdamer Platz, der zunächst in Rot – Weiß – Grün leuchtete. Heute hat Berlin rund 2.100 Ampeln. Das Land will die zuletzt privat gemanagten Anlagen künftig wieder selbst betreiben. Rot – Grün – Rot leuchten werden sie aber nicht, wie man hört.                                                                          

Peking: Rot kann nicht für Stillstand stehen

Rot steht auf der ganzen Welt für das Verbot im Straßenverkehr, die Kreuzung zu überqueren. Das war in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts der Roten Garde in Peking ein Dorn im Auge. Rot, die Farbe der Revolution, der Arbeiterbewegung: Das kann nicht für Stillstand stehen. Deshalb befahlen die Parteifunktionäre der KP, den Verkehr bei Grün anzuhalten. Die folgenden Monate zeigten, dass das zu Unfällen und Verkehrschaos führte, lautet die Legende, obwohl es damals viel mehr Fahrradfahrer als Autos gegeben haben dürfte. Danach galt Stopp bei Rot nicht mehr als antikommunistisch.

Nicht weit vom Potsdamer Platz, im Berliner Regierungsviertel, leuchteten zuletzt bis tief in die Nacht die Lampen in den Verhandlungsräumen in klassischem Warm-Weiß, darunter rauchten in den Delegationen der Ampel-Parteien die Köpfe. Und als eines Morgens über den Dächern der Hauptstadt roter, gelber und grüner Rauch aufstieg, dürften sicherlich einige Sektkorken geknallt haben. Ach ja, Ampel kommt übrigens aus dem Lateinischen: von „ampulla“ (kleine Flasche).