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Der Saarlandpakt – was bringt er für Kommunen?

Frank John18. März 2020
Frank John, Bürgermeister der Gemeinde Kirkel
Der Saarlandpakt kann ohne flankierende Maßnahmen nicht funktionieren, ansonsten werden die Kassenkredite gerade wieder neu aufgebaut. Das meint Frank John, Bürgermeister der Gemeinde Kirkel.

Im November 2019 wurde der Saarlandpakt im saarländischen Landtag beschlossen. Von vielen Landtagsabgeordneten und der saarländischen Landesregierung wurde der Pakt als das „Non-plus-ultra“ für die saarländischen Kommunen gesehen.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion im saarländischen Landtag Alexander Funk erwartete in einem Debattenbeitrag sogar, dass 52 saarländische Bürgermeister jetzt eigentlich auf der Tribüne des Landtags singen und tanzen müssten. Diese Aussage zeugt von völliger Unkenntnis von dem, was beschlossen wurde, mindestens aber von Unwissen über die Folgen des Beschlusses.

Elemente des Saarlandpaktes

Der Saarlandpakt umfasst drei Teile:
1. die Übernahme der Hälfte der Liquiditätskredite der Kommunen,
2. die Ausdehnung des Investitionsvolumens für die Kommunen,
3. die Senkung der Elternbeiträge in den Kindertagesstätten.

Der gesamte Saarlandpakt hat ein Volumen von etwa 50 Millionen Euro, davon entfallen etwa 20 Millionen Euro auf die Erhöhung des Investitionsvolumens. In der Debatte um den Saarlandpakt wurde immer wieder betont, dass man die Kommunen gegen ein zukünftiges Zinsänderungsrisiko absichern möchte und deshalb das Land die Hälfte der Liquiditätskredite der Städte und Gemeinden übernimmt.

Kein spürbarer Effekt

Schauen wir auf die direkte Folge dieser Übernahme, so ist dieser Effekt gleich Null, weil die Kommunen nur ganz geringe Zinsen für diese Kredite zahlen. Manche Gemeinden zahlen gar keine Zinsen, ja mit manchen Krediten wird sogar noch Geld verdient. Schaut man in die Zukunft, dann merkt man, dass in absehbarer Zeit kein Zinsänderungsrisiko besteht, der Sparkassenverband spricht im Moment von den nächsten zehn Jahren.

Warum ist das so? Auf der Welt gibt es ein viel zu hohes Geldangebot, dass seine Anlagemöglichkeiten sucht, aber die Geldnachfrage ist zu gering. Und wenn das Angebot größer als die Nachfrage ist, sinkt der Preis in diesem Markt. Der Zins ist nun mal der Preis für Geld. Die Nachfrage nach Geld kann wiederum nur steigen, wenn reale Güter (respektive Investitionen) hergestellt werden, es also auch eine Nachfrage nach Krediten gibt. Aber diese Nachfrage wird beim deutschen Staat durch die Schuldenbremse eingeschränkt. Der Gesamtstaat darf nur noch in Notsituationen Kredite neu aufnehmen. Das wird zum weiteren Verfall der Infrastruktur beitragen.

Schulden sind nicht per se schlecht

Erlauben Sie mir einen kleinen Exkurs in die philosophische Welt der Ökonomie. Wir haben in Europa und hier vor allem in Deutschland die grundsätzliche Denke, dass Schulden etwas Schlechtes sind, nur wer gut wirtschaftet, ist erfolgreich. Aber die Theorie der Saldenmechanik zeigt uns, dass ohne die Bereitschaft zur Schuldenaufnahme es auf der anderen Seite keine Verdienstmöglichkeiten gibt. Die Summe aller Geldvermögen auf dieser Welt ist zu jedem Zeitpunkt gleich Null. Wenn jeder so denkt auf dieser Welt wie die gern zitierte schwäbische Hausfrau, dann wird es keine Investitionen und damit auch keine Innovationen geben.

Aber kommen wir zurück zum Saarlandpakt. Damit das Land die Liquiditätskredite der Kommunen übernimmt, müssen ein paar Bedingungen erfüllt werden. Vor allem, damit man in den Genuss des höheren Investitionsrahmens kommt. Dazu setzt man die Bestimmungen über den Haushaltsausgleich im KSVG außer Kraft bis 2064 (§§82, 82a KSVG). Dafür werden verschärfte KELF-Kriterien angewendet. Damit wird der Haushaltsausgleich schwieriger, da auch zusätzlich im Rahmen eines Tilgungsplanes die bei den Kommunen verbleibenden Kassenkredite abgebaut werden müssen. Das macht bei der Gemeinde Kirkel pro Jahr durchschnittlich 100.000 Euro aus.

Tropfen auf den heißen Stein

Der zweite Teilbeschluss bewirkt für jede Kommune eine Erhöhung des genehmigten Investitionsvolumens. Das macht bei der Gemeinde Kirkel rund 150.000 Euro pro Jahr aus. Damit erhöht sich unser Rahmen auf 700.000 Euro pro Jahr. Hört sich zunächst einmal viel an, ist aber nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.

Machen wir eine Beispielrechnung auf. Die Gemeinde Kirkel hat ein Straßennetz von insgesamt 52 km Gemeindestraßen zu betreuen, bei einer Lebensdauer der Straßen von etwa 50 Jahren macht das eine Erneuerungsrate von etwa einem Kilometer pro Jahr. 100 m Straße grundhaft zu erneuern, kostet etwa 100.000 Euro, macht pro Jahr etwa 1.000.000 Euro notwendige Investitionen in Straßen, nur um die Substanz zu erhalten. Aber dann sind noch keine Investitionen in Schulen, Hallen, Friedhöfe usw. gemacht, von Investitionen in die Umwelt ganz zu schweigen.

Nun werden Sie sagen, dass die Kommunen doch vom Land die Kassenkredite übernommen bekommen haben. Das hilft uns aber leider nicht bei den Investitionen. Kassenkredite betreffen das tägliche Geschäft und die Investitionen sind davon strikt getrennt. Zurzeit besteht keine Möglichkeit Investitionen außer mit Krediten zu finanzieren. Zuschüsse wären nur von Vorteil, wenn wir keinen Eigenanteil leisten müssten, die Investitionen also zu 100 Prozent mit Zuschüssen finanziert werden könnten.

Der dritte Teil betrifft die Kommunen nur indirekt, die Kita-Beiträge werden durch Land und Kreise ­finanziert. Ein Problem könnte hier in der Zukunft auftreten, wenn ­diese Finanzierung auslaufen ­sollte.

Umdenken nötig

Als Fazit lässt sich festhalten: Geld ist eigentlich genug im System, um alle mit allem notwendigen ausstatten zu können. Es ist leider nur nicht gleich verteilt. Der Saarlandpakt kann ohne flankierende Maßnahmen nicht funktionieren, ansonsten werden die Kassenkredite gerade wieder neu aufgebaut.

Und ganz wichtig: Die Übernahme der Liquiditätskredite schafft per se keinen Raum für Investitionen, wie immer gebetsmühlenartig behauptet wird. Das muss endlich in die Köpfe von Bundes- und Landespolitikern.

 

Im Blog „Meine Sicht” schreiben wechselnde Autor*innen aus persönlicher Perspektive über unterschiedliche kommunale Themen. Dieser Text stammt aus dem Landes-SGK EXTRA Saarland der DEMO und erscheint hier mit freundlicher Genehmigung der Saar-SGK.