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Was tun mit alten Gewerbe- und Industriegebieten?

Frank John25. Februar 2019
Frank John, Bürgermeister der Gemeinde Kirkel
Alte Gewerbegebiete können sich zu Industriebrachen entwickeln. Welche Möglichkeiten haben Kommunen, um gegenzusteuern? Frank John, Bürgermeister von Kirkel, beschreibt Probleme und Lösungsansätze am Beispiel seiner Gemeinde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in vielen Gemeinden Gewerbe- und Industriegebiete neu ausgewiesen. Vor allem in den 1950er bis 1970er Jahren waren an den Ortsrändern viele solcher Gebiete entstanden. Dazu kommen noch alte Industrie- und Gewerbeansiedlungen in den Ortskernen, die nach Inkrafttreten des Baugesetzbuches im Jahr 1961 Bestandsschutz genossen.

Lärm und Leerstand als Probleme

Diese bestehenden Betriebe mit ihren Gebäuden, den zugeschnittenen Grundstücken und allem, was dazu gehört, werden jetzt landauf und landab zu einem nicht geringen Problem. Und das aus mehreren Gründen.

  1. Von Industriebetrieben in den Ortslagen kann natürlich eine nicht geringe Emissions- und Lärmbelästigung ausgehen. Es besteht zwar ein gewisser Bestandsschutz, aber in der heutigen Zeit sind Klagen dagegen relativ schnell möglich und werden auch durchgezogen werden, vor allem wenn die Firmen in ihrem Bestand bauliche Veränderungen durchführen wollen und dementsprechende Genehmigungen benötigen.
  2. Viel wichtiger ist aber der zweite Grund: In älteren bestehenden Gewerbe- und Industriegebieten erfolgt jetzt eine Übergabe der Betriebe an einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin. Aber nur in den wenigsten Firmen ist solch ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin vorhanden. Das bedeutet, dass die Räumlichkeiten dann verkauft werden müssen. Sie stehen dann im ungünstigsten Fall über längere Zeit leer.

Gründe für den Leerstand

Warum ist dieser Leerstand oftmals nicht zu vermeiden? Der alte Geschäftsinhaber beschließt zu verkaufen, er verlangt dann einen viele höheren Preis, als für neuentwickelte Gewerbe- und Industrieflächen verlangt wird. Wir reden zum Beispiel in der Gemeinde Kirkel über einen Unterschied von teilweise über sechzig Euro pro Quadratmeter.

Aber nicht nur diese Kosten für den Grundstückserwerb kommen dann auf den Interessenten zu. Im Regelfall sind die Gebäude nicht unbedingt auf die künftig geplanten Nutzungen zugeschnitten, sodass Umbauten, wenn nicht sogar ein Abriss mit Neubau erfolgen muss, was den Abstand noch weiter vergrößert. Es ist also für den Firmen­umsiedler oder Neugründer viel attraktiver, in neue Gewerbeflächen zu gehen. Dort bekommt er eine auf ihn zugeschnittene Grundstücksgröße angeboten, auf der er sich dann im Rahmen der Festlegungen des Bebauungsplanes entwickeln kann.

Auf der Suche nach Lösungen

Fazit ist, dass sich im schlimmsten Falle alte Gewerbegebiete zu „Industriebrachen“ entwickeln. Welche Lösungsmöglichkeiten ergeben sich für die betroffenen Kommunen? Da ist man auch, was die Forschungstätigkeit betrifft, noch am Anfang. Ziel sollte es sein, dass die Kommune in den Besitz der Grundstücke gelangt, damit sie diese entwickeln kann. Das scheitert aber vor allem bei kleineren Gemeinden wie Kirkel an den finanziellen Möglichkeiten. In Zeiten der Schuldenbremse dürfen diese Investitionen, die ja vor allem mit Krediten vorfinanziert werden müssen, nicht getätigt werden. Ein Ausweg wäre die Gründung einer Grundstücksentwicklungsgesellschaft. Dazu müssen aber entweder Aktiva vorhanden sein, die in diese Gesellschaft eingebracht werden können. Mit diesen Aktiva muss Ertrag erwirtschaftet werden können, um die Aktivitäten der Gesellschaft finanzieren zu können. Alternativ kann man sich natürlich eines starken Partners bedienen, mit dem zusammen man diese Gesellschaft betreibt.

Im Saarland besteht natürlich auch die Möglichkeit mit der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) zusammenzuarbeiten. Deren finanzieller Hintergrund ist um ein Vielfaches größer als der einer kleinen Gemeinde. Damit ergeben sich andere Möglichkeiten der Entwicklung älterer Gewerbegebiete. Außerdem besteht zwischen der Gemeinde und der LEG eine gute Zusammenarbeit bei der Entwicklung neuer Gewerbe- und Industriegebiete. Diese Lösung hätte den Charme, dass auch die Entwicklung und die Vermarktung von Profis übernommen würde.

Es bleibt festzuhalten, dass in den nächsten Jahren diese Probleme auf eine Vielzahl von Kommunen in ganz Deutschland zukommen werden. Gerade für die kleineren Kommunen ist es dann wichtig, nicht allein gelassen zu werden, um auch weiterhin als attraktiver Gewerbe­standort wahrgenommen werden zu können und Entwicklungsmöglichkeiten nicht zu beschneiden.