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Warum jede Verwaltung ein Ratsinformationssystem nutzen sollte

Horst Baier04. August 2017
Der Zugang zum Ratsinformationssystem:Screenshot der Internetseite der Samtgemeinde Bersenbrück
Ratsinformationssysteme schaffen mehr Transparenz und optimieren Verwaltungsabläufe. Dennoch haben manche Verwaltungen Vorbehalte, oft wird auf die Kosten verwiesen. Dabei müssen die Systeme nicht teuer sein. Von Horst Baier, Bürgermeister der Samtgemeinde Bersenbrück.
Horst Baier

Die ehrenamtliche Kommunalpolitik muss sich in den Ausschüssen und im Rat mit einer Fülle von Papier auseinandersetzen. Der Umfang von Tagesordnungen und die Komplexität der Entscheidungen wird in großen und auch zunehmend in kleinen Kommunen immer umfangreicher. Gleichzeitig nimmt das Interesse der Bürger an der Teilnahme an öffentlichen Sitzungen ab, sofern keine persönlichen Betroffenheiten vorliegen. In den Verwaltungen wird ein hoher Aufwand für die Sitzungsbetreuung und die rechtssichere Vorlagenerstellung betrieben. Aufgrund des Aufwandes gibt es nicht wenige kleinere Gemeinden, die lediglich eine Tagesordnung aufstellen und keine begründeten Entscheidungsvorlagen erstellen. Ratsmitglieder haben in diesen Fällen nur wenig Möglichkeiten, sich auf eine Sitzung vorzubereiten.

Manche bleiben skeptisch

Eine Lösung für bessere Transparenz und optimierte Abläufe bieten Ratsinformationssysteme (RIS), die in der höchsten Ausbaustufe eine vollständig digitale Ratsarbeit über Tablets ermöglichen. Es gibt immer noch Verwaltungen, die einer Einführung skeptisch gegenüberstehen und mit hohen Kosten und aufwändigen Umstellungen der Verwaltungsabläufe argumentieren. Auch in der Politik gibt es oft Bedenken insbesondere von nicht so technikaffinen Ratsmitgliedern, die sich eine Arbeit ohne Papier nicht vorstellen können.

Vor diesem Hintergrund sollen der Nutzen und die Kosten eines Ratsinformationssystem beleuchtet werden. Die im Markt verfügbaren Systeme haben meist folgende Funktionen:

  • Vorlagenerstellung
  • Sitzungsmanagement mit Vor- und Nachbereitung
  • Beschlussdokumentation und Protokoll
  • Beschlusscontrolling
  • Wissensverteilung durch einen Zugriff der Öffentlichkeit
  • Recherchefunktion
  • Schnittstellen zum Internet, Intranet, digitalem Sitzungsdienst
  • Abrechnung Sitzungsgelder und Raumvergabe.

Informationen sind immer verfügbar

Der Nutzen für die Ratsmitglieder und die Öffentlichkeit liegt in der ständigen Zugriffsmöglichkeit auf Informationen. Über die Recherchefunktion liegt auch eine Wissendatenbank für die Vergangenheit vor. Im RIS können auch umfangreiche Anlagen hinterlegt werden, wie z.B. Gutachten oder Haushaltspläne. Zudem können sich Ratsmitglieder besser auf die Sitzungen vorbereiten.

Ein RIS zwingt die Verwaltung zur Formulierung eines Beschlussvorschlages und zu einer Sachverhaltsdarstellung. Nur dadurch können sich die Fraktionen im Vorfeld einer Sitzung eine Meinung über ihr Stimmverhalten bilden oder offene Fragen identifizieren. Bei einer digitalen Ratsarbeit über Tablets fällt kein Papier mehr an und die Unterlagen sind immer im Zugriff. Die Bürger können sich durch einen Blick in das RIS umfangreich über ihre Kommunalpolitik informieren und entscheiden, ob sie an Sitzungen teilnehmen.

Kostenneutralität ist möglich

Dagegen stehen Kosten für die Lizenzgebühren, die Hardware, die Netzverbindungen, die technische Betreuung der Geräte und möglicherweise Persnalkosten für die Systembetreuung. Entlastungen gibt es bei Papierkosten, Porto und dem manuellen Handling im Sitzungsdienst. Praxiserfahrungen zeigen, dass sich ein RIS kostenneutral umsetzen lässt. Ein Mehraufwand entsteht meistens durch die Einführung von Tablets. Zur Kostendämpfung verzichten viele Kommunen deshalb auf die Ausstattung mit einer SIM-Karte. Die Ratsmitglieder müssen die Sitzungsdaten dann über ein WLAN laden oder auf eigene Kosten eine SIM-Karte einbauen.

Die Entwicklung der internen Verwaltungskosten durch eine RIS-Einführung hängt von der Art der Umsetzung ab. Es empfiehlt sich eine dezentrale Systembedienung in der Fachorganisation. Dort mussten bislang auch schon die Vorlagen erstellt werden. Die oft aufwändige Freigabe von Vorlagen durch die Hierarchieebenen kann komplett elektronisch erfolgen. Der Bürgermeister oder die Amtsleiter können im System ihre „Haken“ setzen und Änderungswünsche am besten sofort selbst vornehmen. Die Abrechnung der Sitzungsgelder fällt als Nebenprodukt ab und muss nicht gesondert bearbeitet werden. Da viele manuelle Arbeiten wegfallen, können  durch eine Neuorganisation die zeitlichen Ressourcen geschaffen werden, um eine zentrale Stelle für die Systembetreuung zu schaffen. Sonstige Gremien, wie z.B. Aufsichtsräte, können auch in ein RIS integriert werden.

Alle Verwaltungen sollten ein RIS einführen

Nach ersten Einführungsschwierigkeiten haben sich die Ratsmitglieder sehr schnell an die digitale Ratsarbeit gewöhnt. Verhindern kann ein derartiges System aber nicht, dass manche Ratsmitglieder die Unterlagen erst in der Sitzung laden.

Die Ziele Transparenz und optimierte Verwaltungsabläufe sollten jede Verwaltung dazu bewegen, ein RIS einzuführen. Bei geschickter Organisation fallen nur geringe Mehrkosten an. Die mit einem RIS verbundene Öffnung der Kommunalpolitik nach außen sollte uns dies allemal wert sein. Den bestehenden Nachholbedarf im Bereich eGovernment können wir damit auch ein Stück weit abbauen.