Umfrage unter 104 Städten

Nicht alle Rathäuser in Sachsen-Anhalt sind barrierefrei

Karin Billanitsch22. April 2024
Ein gutes Beispiel für Barrierefreiheit: Das Rathaus in Haldenssleben wurde im Jahr 200 erweitert barrierefrei umgebaut.
Rollstuhlfahrer, Menschen mit Seh- oder Hörbehinderung oder anderen Beeinträchtigungen haben oft gar keinen oder nur teilweisen Zugang.

Ein Rathaus oder Verwaltungsgebäude ohne Hilfestellung besuchen zu können, etwa um sich zu informieren oder eine öffentliche Sitzung zu verfolgen – für viele Menschen mit Behinderung ist das keine Selbstverständlichkeit. Das zeigt eine Umfrage von Correctiv gemeinsam mit dem mdr Sachsen-Anhalt. Wie die Recherchen zeigten, sind die Rathäuser und Stadtratssitzungen „weitgehend nicht barrierefrei“.

Damit können tausende Menschen nicht umfassend ohne Hilfe am kommunalpolitischen Leben teilhaben, obwohl in Deutschland seit 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft ist.

Die Umfrage fand unter 104 Kommunen in Sachsen-Anhalt statt, 69 antworteten auf die Fragen. Sie ist damit zwar nicht repräsentativ und lässt keine allgemeinen Schlüsse zu, legt aber dennoch offen, wo Probleme liegen.

Rollstuhlfahrende öfter mitbedacht

Immerhin 38 von 69 Städten haben angegeben, dass ihre Rathäuser über Aufzüge und Rampen verfügen und überall zugänglich seien. Weitere 17 Städte erklärten, dass für Menschen mit eingeschränkter Mobilität nur bestimmte Räume oder das Erdgeschoss zugänglich ist. Ein Fünftel der Befragten teilten demnach mit, dass ihr Rathaus für Rollstuhlfahrende nicht barrierefrei sei. Bei den Stadtratssitzungen zeichnet die Umfrage ein ähnliches Bild.

Die Rechercheure von Correctiv wollten aber darüber hinaus wissen, wie es um die Situation von Menschen mit Sehbehinderungen und Hörbehinderungen sowie mit psychischen und kognitiven Einschränkungen sind. Die Antworten legten offen, dass  die Kommunen hier die Behindertenrechtskonvention nur schleppend umsetzen: Überwiegend gibt es weder taktile Leitsysteme, akustische Ansagen oder Beschriftungen in Braille-Schrift für Blinde und Sehbehinderte. Auch einfach verständliche Beschilderungen oder Dokumente und Webseiten in einfacher Sprache sucht man meist vergebens.

Nur fünf Kommunen gaben an, dass Gebärdendolmetscher vor Ort seien, und eine, dass man Dolmetschen bei Bedarf anbiete. Auch bei Stadtratssitzungen gaben nur drei Städte an, dass es Gebärdendolmetscher gebe. In weiteren sieben bestehe zumindest grundsätzlich die Möglichkeit dafür oder es gebe eine Live-Aufzeichnung. Weitere Details zur Umfrage finden sich hier.

Die Rechercheure weisen aber auch auf positive Beispiele hin. So habe etwa die Stadt Haldensleben, wo seit 2022 der SPD-Mann Bernhard Hieber amtiert, das Rathaus umgebaut und Zugänge für Rollstuhlfahrende geschaffen, es gebe taktile Hilfen für Sehbehinderte und akustische Hinweise im Aufzug.

 

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