Studie Umweltbundesamt

Was sich mit der Reform des Kreislaufwirtschaftsgesetzes geändert hat

Karin Billanitsch18. Januar 2017
Altpapiercontainer in Berlin.
Die wichtigsten Erkenntnisse einer neuen Evaluierung im Auftrag der Umweltbundesamtes: Bei der Studie standen die Sammlung von Altpapier, Altmetalle und Alttextilien im Fokus. Die neuen Regeln zur gewerblichen Sammlung haben nicht zu weniger Menge oder Qualität bei der Wertstoffsammlung geführt, lautet ein Ergebnis.

Im Jahr 2012 wurde das Kreislaufwirtschaftsgesetz, kurz KrWG, novelliert.  Unter anderem müssen gewerbliche und karitative Sammlungen von Wertstoffen jetzt bei der zuständigen Behörde angemeldet werden, die eine solche Sammlung u.a. zum Schutz bestehender kommunaler Sammlungen untersagen kann. Als das Gesetz erlassen wurde, stieß es vor allem bei gewerblichen Sammlern von Wertstoffen aus Haushalten auf Widerstand. Außerdem war unklar, welche Konsequenzen die neuen Regelungen in Bezug auf Umweltschutz und Wettbewerb haben. Nach dem ersten Monitoring-Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag beauftragte das Umweltbundesamt in enger Zusammenarbeit mit dem BMUB eine Evaluation der Folgen der Neuregelung für den Umweltschutz und die Wettbewerbssituation. Die Evaluation diente der Bundesregierung als Grundlage für einen zweiten Monitoring-Bericht.

Beteiligte der Evaluierung

Als Gutachter wurden das Ingenieurbüro INTECUS GmbH aus Dresden, die N³ Nachhaltigkeitsberatung Dr. Friege & Partner aus Voerde sowie KDU Krist Deller & Partner Rechtsanwälte aus Koblenz beauftragt. Die Projektleitung lag bei Dipl.-Ing. Jörg Wagner (INTECUS), unterstützt von Prof. Dr. Henning Friege (N³) und Dr. iur. Marcel Séché (KDU). Die Evaluierung betraf vor allem die Bereiche Altpapier, Altmetalle und Alttextilien. Ein von den Gutachtern zusammenfassender Bericht findet sich hier.

Im Frühjahr 2015 wurden die Umweltministerien der Bundesländer, die zuständigen Behörden, die öffentlich-rechtlichen Entsorger (örE) sowie private, gemeinnützige und weitere im Bereich der Verwertung von Altpapier, Alttextilien und Altmetallen betroffene Verbände sowie einige unabhängige Experten befragt. Der Projektleiter, Jörg Wagner, betont: „Alle Verbände hatten nicht nur Gelegenheit, im Rahmen der Umfrage und bei dem Workshop ihre Position darzulegen, sondern konnten im Nachhinein für ihre jeweilige Darstellung Belege beibringen. Verbände, die sich an Umfrage oder Workshop nicht beteiligt hatten, wurden danach noch einmal angerufen und um Stellungnahme gebeten.“

Untersagung von Sammlungen

Die Autoren haben erstens die Untersagung von Sammlungen untersucht: Insgesamt wurden etwa 30.500 Sammlungen im Untersuchungszeitraum angemeldet. Die Zahl der Untersagungen bei gemeinnützigen Sammlungen lag bei lediglich einem Prozent, bei den gewerblichen Sammlungen waren es sechs Prozent. Der Schwerpunkt der Untersagungen lag bei Alttextilsammlungen, wobei hier auch immerhin fünf Prozent der gemeinnützigen Sammlungen untersagt wurden. Als Untersagungsgründe wurden vor allem das entgegenstehende, überwiegende öffentliche Interesse, eine mangelnde Darlegung der Verwertungswege bzw. die Unzuverlässigkeit des gewerblichen Antragstellers angegeben, heißt es in der Studie. Das Kriterium „Unzuverlässigkeit“ wurde vor allem bei der Untersagung von Alttextilsammlungen herangezogen, auch in Fällen von Antragstellern von gemeinnützigen Sammlungen. Auf Nachfrage der Autoren bestätigten Behörden indes, dass die Untersagung aufgrund der Entwicklung der Rechtsprechung zunehmend in den Hintergrund trete und zunehmend mit Befristungen und Auflagen gearbeitet werde, um die gewerblichen Sammlungen zu kontrollieren.

Streit um Untersagungen vor Gericht

In zahlreichen Fällen wandten sich Sammler bei für sie negativen Entscheidungen der Behörden an die Gerichte. Die meisten Entscheidungen (76 Prozent) betrafen demnach Untersagungen, die übrigen Auflagen und Befristungen. Der Schwerpunkt der gerichtlichen Auseinandersetzungen lag eindeutig bei Alttextilien (81 Prozent), während nur 8 Prozent Altpapier und elf Prozent die Sammlung von Altmetallen betrafen. Bei den zweitinstanzlichen Verfahren lagen die Verhältnisse ähnlich. In der Hälfte der Fälle waren die eingelegten Rechtsbehelfe in erster Instanz erfolgreich.

„Nicht weniger Qualität oder Menge“

Die neu aufgenommenen Regelungen zur gewerblichen Sammlung haben nicht zu weniger Menge oder Qualität bei der Wertstoffsammlung geführt. Die gesammelte Menge bei Alttextilien habe sich sogar spürbar erhöht, wie es hieß. Die Autoren führen dies auf die zwischenzeitlich gestiegenen Preise zurück. Die Tendenz der Sammelmenge bei „kommunalem“ Altpapier war in den letzten Jahren leicht rückläufig, während die in den Papierfabriken eingesetzte Altpapiermenge weiter anstieg. Bei Altmetallen ist die aus Haushalten gesammelte Menge in den letzten Jahren ebenfalls eindeutig rückläufig. Fazit der Studie: „Insgesamt folgt daraus, dass die Änderungen des KrWG auf die Menge der getrennt gesammelten Wertstoffe keinen spürbaren Einfluss hatten.“

Wettbewerb verlagert sich zugunsten der öffentlich-rechtlichen Sammler

Ausgewertet wurden auch die öffentlichen Ausschreibungen zwischen 2012 und 2015. Herauskristallisiert haben sich zusätzliche Sammlungsaktivitäten der örE – wodurch sich der Wettbewerb verlagert, da der Markt kleiner wird.

In der öffentlichen Diskussion spielte die Frage der „Behördenneutralität“ eine große Rolle. Zwar kann nach einhelliger Auffassung der Gerichte die Neutralität der zuständigen Behörde, die zugleich örE ist, durch eine innerbehördliche organisatorische und personelle Trennung der Zuständigkeiten gewahrt werden. Ein Blick in die Statistik zeigt aber insgesamt einen höheren Anteil an Untersagungen gewerblicher Sammlungen in Bundesländern, bei denen örE auf der gleichen Ebene wie die zuständigen Behörden angesiedelt sind als in Ländern, bei denen die zuständigen Behörden auf der Ebene der Regierungsbezirke oder der Landesregierung liegen. Es spricht daher einiges dafür, dass die für den Vollzug der §§ 17, 18 KrWG zuständige Behörde nicht die Gebietskörperschaften sein sollten, die auch örE oder am örE als Gesellschafter oder Zweckverbandsmitglieder beteiligt sind.

Der Wettbewerb im Markt kann nunmehr durch stringentes Vorgehen gegen illegale Sammler bei entsprechendem Vollzug fairer gestaltet werden.

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