Integration von Flüchtlingen

Stadt Celle startet mit eigener Zuwanderungsagentur

Dirk-Ulrich Mende 25. Juli 2016
Kaserne im Umbau für Celler Zuwanderungsagentur
Wie die zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge in der Stadt erfolgreich funktioniert. Ein wichtiger Schlüssel für nachhaltige Integration ist dabei die Bildung.

Wie viele andere Kommunen auch war Celle im vergangenen Jahr durch die deutlich steigenden Flüchtlingszahlen betroffen. Im September 2015 wurde eine Notaufnahme für Flüchtlinge für zunächst 500 Flüchtlinge in Celle eingerichtet und später bis auf eine Kapazität von 1.000 erweitert. Innerhalb weniger Wochen wurden weitere Flüchtlingsnotaufnahmen in der Stadt durch die Landesregierung organisiert. So befanden sich zu Höchstzeiten rund 2.000 Flüchtlinge in der Stadt Celle. Seither hat die Stadt sich intensiv damit befasst, die Flüchtlingssituation als Chance für progressive Flüchtlingspolitik zu begreifen.

Eigenbetrieb „Celler Zuwanderungsagentur gegründet“

Aktuell ist das wichtigste und umfangreichste Projekt in diesem Bereich die Gründung der "Celler Zuwanderungsagentur" als Eigenbetrieb der Stadt. Mit einem einstimmigen Votum im Rat der Stadt – bei immerhin 7 Fraktionen aller politischer Couleur – konnten wir zum 1. Mai mit der Celler Zuwanderungsagentur an den Start gehen. Schon mit dem Namen des Eigenbetriebs wird deutlich unterstrichen, dass es sich nach unserer Auffassung nicht um die Bewältigung eines einmaligen „Flüchtlingsproblems“ handelt, sondern um eine dauerhafte zukunftsgewandte erfolgreiche Organisation der Zuwanderung nach Celle.

Die Celler Zuwanderungsagentur steht auf drei Säulen: Zum einen übernimmt sie die Aufgabe der zentralen Anlaufstelle für die der Stadt zugewiesenen geflüchteten Personen mit all dem, was an Aufgaben daran hängt. Zweitens wird sie im Auftrage des Landes eine Notunterkunft für geflüchtete Personen einrichten und unterhalten. Als dritten Punkt wird sie Bildungs- und Qualifizierungsangebote koordinieren, organisieren und gegebenenfalls eigenständig anbieten. Ziel ist dabei, die Bildung und Qualifizierung von Anfang an anzubieten, das heißt auch in der Phase des noch ungeklärten Status der Flüchtlinge in der Notaufnahme. Oberstes Ziel der Celler Zuwanderungsagentur ist es dabei, eine deutliche Verkürzung der Zeit für Integration auf dem Arbeitsmarkt zu erzielen.

Vielfältige Bildungsangebote

Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Baustein für den Bereich Bildung: Hier hat die Stadt Celle den „Integrativen Bildungscampus Celle“ konzipiert und einen entsprechenden EU-Antrag (Urban Innovative Actions)  gestellt. Dieser wird zurzeit in Brüssel bearbeitet und im Herbst entschieden. Bildungsangebote von der bilingualen frühkindlichen Erziehung wie Sprachförderung, bis zur Ausbildung und Qualifizierung von Flüchtlingen und Asylbewerbern jeden Alters sollen gebündelt und koordiniert werden. Akteure aus Bildung, Sozialem und Wirtschaft werden dabei miteinbezogen.

Dieses Angebot will die Stadt durch ein Familienzentrum flankieren. Hier soll ein integrativer Ansatz durch gemeinsame Angebote für Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für neu zugewiesene Flüchtlinge und Personen mit anderen Migrationshintergründen verfolgt werden. Viele dieser Migranten wohnen heute schon in einem benachbarten Stadtteil.

Für diesen Antrag hat Celle sich mit einer Vielzahl von Bildungsanbietern als dem Stadtgebiet und dem Landkreis abgestimmt und entsprechende Kooperationsmöglichkeiten ausgelotet. Neben der Volkshochschule und der Deutschen Angestellten-Akademie ist die Stadt selbstverständlich mit den berufsbildenden Schulen und der Bundesagentur für Arbeit sowie der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer und dem Hotel- und Gaststättenfachverband DEHOGA im engen Austausch.

Dezentrale Unterbringung

Celle ist eine mittelgroße Stadt mit rund 70.000 Einwohnern, rund 45 km nordöstlich der Landeshauptstadt Hannover gelegen. Geprägt ist sie durch Erdöl- und Bohrindustrie, sie ist Sitz vieler Verwaltungen und der Bundeswehr. Seit der Wiedervereinigung sind vier große Kasernenanlagen aufgegeben worden, zwei der Bundeswehr sowie zwei der britischen Streitkräfte. Zwei dieser Kasernenanlagen befinden sich derzeit in der Konversion. Bereits im Laufe des Jahres 2014 hat die Stadt Celle eine Anlaufstelle für die der Stadt zugewiesenen Menschen eingerichtet. Nach dem ersten Aufenthalt von 14 Tagen bis sechs Wochen werden die Zuwanderer dezentral untergebracht. So sollen Massierungen in einzelnen Wohnbereichen vermieden werden. Dies schaffen wir bis heute. Dabei profitiert Celle davon, dass seit dem Jahr 2012 die Angehörigen der britischen Streitkräfte die Stadt verlassen haben und sie über entsprechende Wohnraum verfügt. Damit befindet sich Celle, anders als viele andere Kommunen, in einer eher komfortablen Situation.

Insgesamt hat die Stadt Celle damit ein umfassendes Paket geschnürt, das sowohl der bereits vorhandenen Bevölkerung mit ihren Wünschen, Sorgen und Problemen Rechnung trägt und den Dialog anbietet, als auch den Geflüchteten Chancen und Perspektiven bietet. Die Stadt hat von Anfang an auch die Bürger mitgenommen und einen intensiven Dialog organisiert und seit September 2015 einen „Bürgerdialog zur Zuwanderung“ angeboten. Dies alles gelingt vor allem auch im Zusammenwirken mit Ehrenamtlichen. Eine Vielzahl von Sprachkursen und Angeboten zur politischen Bildung, die in den vergangenen Monaten konsequent und kontinuierlich angeboten wurden, waren nur dadurch möglich.