Direktwahlen in Leipzig

Burkhard Jung: „Jetzt erst recht!“

Karin Billanitsch03. Februar 2020
Oberbürgermeisterkandidat Jung mit seinem Wahlkampfteam.
14 Jahre als Leipziger Oberbürgermeister sind für Burkhard Jung noch nicht genug. Er will weitermachen und plant für die nächsten sieben Jahre unter anderem 10.000 Sozialwohnungen, 40 neue Schulen und ein 365-Euro-Ticket. Die erste Runde der OB-Wahl ging jedoch an den CDU-Rivalen. Nun wird es einen zweiten Wahlgang geben.

„Jetzt erst recht! Ein großes Dankeschön allen meinen Wählerinnen und Wählern.“ Mit diesen Worten wendet sich der Oberbürgermeisterkandidat für Leipzig Burkhard Jung auf Facebook an die Öffentlichkeit. Da keiner der Kandidat/innen im ersten Wahlgang in Leipzig am Wochenende die absolute Mehrheit der Stimmen erreichen konnte, findet am am ersten März 2020 ein zweiter Wahlgang statt. In diesem zweiten Wahlgang entscheidet die einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen.

Seit 14 Jahren Leipzigs Stadtchef

Eine Spezialität in Sachsen ist, dass es keine Stichwahlen gibt. Sondern beim zweiten Wahlgang können alle Kandidat/innen aus dem ersten Wahlgang wieder antreten. Amtsinhaber Burkhard Jung (SPD) erhielt 29,8 Prozent der Stimmen hinter Sebastian Gemkow (CDU), der 31,6 Prozent der Stimmen bekam.

Der 61-Jährige ist seit 14 Jahren Leipziger Oberbürgermeister. Und er hat Lust auf sieben weitere Jahre. Das wurde am vergangenen Freitag nachmittag kurz vor dem Wahlgang deutlich, als er im Staddteil Lindenau, einem alten Arbeiterviertel im Westen Leipzigs, unterwegs war. Viele Bürger*innen wünschten ihrem Oberbürgermeister Glück, kündigen an, ihn wählen zu wollen. „Haben Sie ein konkretes Anliegen?“, fragt Jung einen Lindenauer Ende 40. „Nein, ich wollte nur mal die Gelegenheit nutzen, Sie persönlich kennenzulernen“, antwortet dieser. Umfragen sahen den OB-Kandidaten bei 35 Prozent im ersten Wahlgang – nun sind es etwas weniger, mit fast 30 Prozent.

Nun setzt er auf den ersten März, trotz mäßigen Ergebnissen bei Kommunal-, Landtags- und Europawahlen im vergangenen Jahr. Doch Jung weiß auch: „Die Menschen können sehr gut differenzieren.“ Bei Personenwahlen trete die Partei in den Hintergrund. Der Oberbürgermeister fügt an: „Man kennt mich. Man weiß, wo ich herkomme.“

Großstadt mit Wachstumsschmerzen 

 Seit Jungs Amtsantritt sind knapp 100.000 Einwohner*innen dazu gekommen. Jung spricht von Wachstumsschmerzen. Um die zu lindern, plant er in den nächsten Jahren 10.000 neue Sozialwohnungen, ein 365-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr und „10+5*6 neue Schulen“, wie der frühere Deutsch- und Religionslehrer mit einem Augenzwinkern sagt.
 
Jung stammt ursprünglich aus dem Siegerland. 1991 wurde er als Schulleiter an das Evangelische Schulzentrum in Leipzig abgeordnet, um Aufbauhilfe zu leisten. Er blieb bis heute. „Ich habe inzwischen eine weitgehend ostdeutsche Perspektive, kenne aber auch die andere“, sagt er.

Präsident des Städtetags

Der Oberbürgermeister, der seit Juni vergangenen Jahres auch Präsident des Deutschen Städtetages ist, sieht Leipzig als Musterbeispiel für andere Städte, was das Zusammenwachsen zwischen Ost und West angeht. „Vielleicht sind wir die erste gesamtdeutsche Stadt“, sagt Jung. Das liege auch daran, dass 60 Prozent der Einwohner*innen 1989 noch nicht in Leipzig gelebt hätten.

Jung möchte Leipzig auch zum Vorreiter in Sachen Klimaschutz machen. Raus aus der Kohle, mehr Kühlung für die Stadt und möglichst bald CO2-neutral werden – in vielen Punkten ist er sich mit seinen Herausforderinnen von Grünen und Linken einig. Auch mit seinem ärgsten Konkurrenten, Sebastian Gemkow von der CDU, gibt es am Abend bei der Podiumsdiskussion von „Parents for future“ in der Alten Handelsbörse am Naschmarkt keine Streitpunkte beim Thema Klimaschutz. Denn Gemkow hat kurz vor Beginn der Veranstaltung abgesagt. Das sorgt für enttäuschtes Raunen bei den 200 Gästen im Saal.