Fachkonferenz der Bundes-SGK

Wie Arbeitsminister Heil die Fachkräfte-Lücke schließen will

Carl-Friedrich Höck23. Februar 2024
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (Archivbild aus dem Bundestag)
Bis zum Jahr 2035 müssen sieben Millionen Fach- und Arbeitskräfte ersetzt werden, sagt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Vor sozialdemokratischen Kommunalpolitiker*innen erklärte er am Freitag, wie das zu schaffen sein könnte.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil warnt vor einer massiven Lücke auf dem Arbeitsmarkt. Grund sei die demografische Entwicklung, erklärte der SPD-Politiker auf einer kommunalpolitischen Fachkonferenz in Potsdam. Hintergrund ist, dass im kommenden Jahrzehnt viele geburtenstarke Jahrgänge in den Ruhestand gehen.

Bis 2035 müssten sieben Millionen Arbeits- und Fachkräfte ersetzt werden, sagte Heil. „Da müssen wir als Staat alle Register ziehen, um diese Lücke zu füllen“. Für den Minister ist der Fach- und Arbeitskräftemangel eine der größten Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft. Als weitere Faktoren nannte er die Bürokratie und die internationale Wettbewerbsfähigkeit, unter anderem mit Blick auf die Energiekosten.

Nicht nur Studium als Karriereoption

Wie Heil mehr Menschen in Arbeit bringen will, erläuterte er in seiner Rede vor den SPD-Kommunalen – und schlug dabei einen weiten Bogen. Ein wichtiger Faktor sei die Qualifizierung: Zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen hätten keine abgeschlossene Berufsausbildung. In diesem Kontext unterstrich Heil auch die Rolle der Jugendberufsagenturen. Er wünscht sich mehr Berufsberatung und Praktika an Schulen, auch an Gymnasien. „Es beginnen viele ein Studium, es brechen aber auch viele wieder ab“, sagte Heil. Und: „Wir brauchen Bachelor und Master, wir brauchen aber auch Gesellinnen und Meister in diesem Land.“

Weitere Punkte, die der Arbeitsminister hervorhob: Bei der Frauenerwerbsarbeit müsse man vorankommen, noch immer sei das Arbeitszeitvolumen von Männern deutlich größer als das der Frauen. Nachholbedarf sieht Heil auch bei der Inklusion am Arbeitsmarkt. Menschen mit Behinderung hätten es am Arbeitsmarkt doppelt so schwer, obwohl sie oft sogar qualifizierter seien als andere Bewerber*innen.

Das Renteneintrittsalter anzuheben, lehnte Heil dagegen ab: „Eine starre Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters ist für viele Menschen nichts anderes als eine Rentenkürzung, deshalb werden wir das auch nicht machen.“ Wer länger arbeiten wolle, solle das aber tun können.

Turbo für die Integration in den Arbeitsmarkt

Eindringlich warb Heil für den sogenannten Jobturbo – ein Programm, mit dem das Bundesarbeitsministerium Geflüchtete schneller in Arbeit bringen will. An die Kommunalpolitiker*innen appellierte der Minister: „Macht in den Städten, Gemeinden und Landkreisen das Thema Jobturbo auch zu eurem.“

Arbeit sei die beste Form der Integration, zeigte sich Heil überzeugt. Von 1,1 Millionen Menschen, die Deutschland aus der Ukraine aufgenommen hat, hätten 160.000 einen Job. Das sei nicht ganz schlecht, aber auch nicht genug. Eine Eintrittsschwelle in den Arbeitsmarkt ist aus Heils Sicht die Sprache: Englisch werde als Sprache im Beruf hierzulande weniger akzeptiert als in anderen Ländern. Heil forderte die Unternehmen auf, ukrainische Menschen trotzdem einzustellen. Denn die deutsche Sprache lerne man nicht nur in Kursen, „sondern vor allem während der Arbeit“.

In die Pflicht nahm Heil zudem die Behörden, auch auf kommunaler Ebene. Für die Berufsanerkennung gebe es mehr als 700 Dienststellen in Deutschland. Der Arbeitsminister warnte sie vor Hochnäsigkeit: „Wir haben eine tolle Ausbildung, aber in anderen Ländern gibt es auch tolle Ausbildungen.“ Den Ausländerbehörden attestierte der Bundesminister ebenfalls, sie seien teilweise auf Abwehr eingestellt. Das sei insofern verständlich, als sie es auch mit irregulärer Migration zu tun hätten. Doch das sei „nicht die Haltung, die wir brauchen“. Zudem müssten die Behörden digitalisiert werden. Zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den Landkreisen „wird noch viel gefaxt“, berichtete der Minister.

Warnung vor Fremdenfeindlichkeit

Im Wettbewerb um Fachkräfte ist aus Sicht des SPD-Politikers auch die politische Grundstimmung in Deutschland ein entscheidender Faktor: „Was wir uns nicht leisten können, ist jede Form von Xenophobie und Menschenverachtung“.

Heils Rede war Teil einer Fachkonferenz der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (Bundes-SGK). Unter dem Motto „Kommunen im Wandel – Sicherheit in der Transformation“ werden Themen wie Wärmewende, Mobilitätswende und Klimaanpassung diskutiert.

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