Kongress Städtebaulicher Denkmalschutz

Denkmalschutz als Konjunkturprogramm

Carl-Friedrich Höck30. August 2016
In Neuruppin findet in diesem Jahr der Bundeskongress Städtebaulicher Denkmalschutz statt.
Mehr als 300 Experten diskutieren in Berlin und Brandenburg über die neuen Herausforderungen des städtebaulichen Denkmalschutzes. Auf dem Kongress wird aber nicht nur über die Zukunft gesprochen – sondern auch eine außerordentliche Erfolgsgeschichte gewürdigt.

Am 28. Mai 1991 unterschrieben die Mitglieder einer interdisziplinär zusammengesetzten Expertengruppe in Neuruppin eine Erklärung. Sie forderten: Das Kulturgut der neuen Bundesländer muss gerettet, die verfallenden historischen Stadtkerne müssen erhalten werden! Aus der Forderung wurde Realität: Kurz darauf wurde das Bund-Länderprogramm „Städtebaulicher Denkmalschutz“ ins Leben gerufen. Es zielte nicht nur darauf ab, die Gebäude zu erhalten, sondern sollte die teils trostlosen Innenstädte wiederbeleben.

Die Altstädte waren verfallen

25 Jahre später sind wieder Experten und Politiker in Neuruppin zusammengekommen: Zum 24. Kongress Städtebaulicher Denkmalschutz, der am 30. August hier eröffnet wurde. Genauer: In der mehr als 200 Jahre alten Kulturkirche Sankt Marien. Für Neuruppins Bürgermeister ist sie das passende Symbol für den Wandel der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte. „Vor 25 Jahren hätten wir jetzt unter Gerüsten gesessen“, rief er in Erinnerung. Und auch Brandenburgs Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung Kathrin Schneider bezeichnete die Neuruppiner Erklärung als Beginn einer „Erfolgsgeschichte sondergleichen, auch im Land Brandenburg.“ Die Altstädte seien nach 40 Jahren DDR verfallen und nahezu hinüber gewesen. Mit dem Programm städtebaulicher Denkmalschutz „waren dann die Ressourcen da, um diese Schätze wieder zu heben.“

Die Investitionen haben sich gelohnt, wie Harald Hermann, Direktor des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, später erläuterte: Denn das Denkmalschutzprogramm habe in den Altstädten weitere Bauvorhaben ausgelöst, deren Volumen mehr als das Achtfache der über das Programm investierten Mittel betrage. Der städtebauliche Denkmalschutz sei also auch ein Konjunkturprogramm.

Das Jubiläum prägte die diesjährige Denkmalschutz-Konferenz – mehr noch aber standen die aktuellen Herausforderungen im Mittelpunkt. Staatssekretär Gunther Adler aus dem Bundesbauministerium (BMUB) verwies auf die sich wandelnden Ortschaften: In den vergangenen zehn Jahren sei die Bevölkerung in den 72 größten Städten um 1,1 Millionen Menschen gestiegen. Im gleichen Zeitraum sei die Bevölkerung aber auch in zwei Dritteln der deutschen Kommunen geschrumpft – insbesondere junge Frauen wanderten ab.

Milliarden für den Denkmalschutz

Ein Grundsatz beim Umbau der Städte müsse der Erhalt der historischen Struktur sein, forderte Adler. „Historische Bausubstanz ist ein unersetzliches Potenzial“. Auch aus umweltpolitischer Sicht sei der Erhalt dem Neubau vorzuziehen, denn das reduziere den CO2-Ausstoß.

Mehr als zwei Milliarden Euro hat der Bund mittlerweile in das Denkmalschutz-Programm investiert, über 500 Städte profitierten. (Seit 2009 ist es auch für die alten Bundesländer anwendbar.) Im laufenden Jahr stellt die Bundesregierung weitere 650 Millionen Euro zur Verfügung. Und Adler versprach: „Die Bundesregierung wird die schrumpfenden und die wachsenden Städte weiterhin im Programm städtebaulicher Denkmalschutz unterstützen!“

Altstädte prägen die Stadt-DNA

Die Stadtplanerin Christa Reiche von der TU Dortmund stellte in einem Vortrag fest, dass Altstädte zunehmend zum Gegenstand von Debatten würden, weil die Menschen sie als Wohn- und Aufenthaltsorte zunehmend liebgewonnen hätten. Historische Bausubstanz mache Städte einmalig, trage zu ihrer Identität und Markenbildung bei. Die Identität einer Stadt habe aber auch eine soziale Ebene – diese dürfe in der Debatte nicht vernachlässigt werden. Darüber hinaus zählte Reiche eine Reihe von neuen Herausforderungen auf: Darunter die „Revolution“ des Einzelhandels durch die Digitalisierung oder die Aufgabe, historische Gestalt mit neuen Anforderungen wie Energieeffizienz in Einklang zu bringen.

Am Dienstagabend wird das 25. Jubiläum der Neuruppiner Erklärung mit einem Festakt gefeiert, an dem auch Bundesbauministerium Barbara Hendricks teilnehmen will. Am Mittwoch folgen verschiedene Themenwerkstätten in Berlin, Rheinsberg und Potsdam.

24. Kongress Städtebaulicher Denkmalschutz

Der jährliche Bundeskongress Städtebaulicher Denkmalschutz begleitet das 1991 eingeführte gleichnamige Städtebauförderprogramm. Im Jahr 2016 findet er mit mehr als 300 Teilnehmern in Neuruppin, Rheinsberg, Potsdam und Berlin statt. Weitere Informationen zum Kongress und dem Programm finden Sie unter www.kongress-denkmalschutz.de.

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