Finanzen

Zum ersten Mal seit 2011: Kommunen wieder im Defizit

Carl-Friedrich Höck03. April 2024
Mehr Geld nötig: Die Inflation treibt die Kosten der Kommunen nach oben.
Die Städte und Gemeinden schreiben rote Zahlen. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, wiesen die Kommunen im vergangenen Jahr ein Defizit von fast sieben Milliarden Euro auf. Welche Gründe das hat.

Die Ausgaben der Städte und Gemeinden sind im vergangenen Jahr stärker gestiegen als die Einnahmen. Als Folge verzeichnen die Kommunen in Deutschland zum ersten Mal seit 2011 wieder ein Defizit. Für das Jahr 2023 beträgt es 6,8 Milliarden Euro. Das teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Mittwochmorgen mit.

Betrachtet wurden die Gemeinden und Gemeindeverbände ohne Stadtstaaten. In ihren Kernhaushalten belief sich das Defizit auf 6,2 Milliarden Euro. Hinzu kommen 0,7 Milliarden Miese aus den Extrahaushalten – darin berücksichtigt wurden unter anderem die Zahlen der kommunalen Nahverkehrsunternehmen. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 hatten die Kommunen noch einen Überschuss von 2,6 Milliarden Euro verzeichnet.

Mehr Sozialausgaben

Die Ausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände 2023 sind um zwölf Prozent gestiegen: auf insgesamt 364,9 Milliarden Euro. Die bereinigten Einnahmen stiegen ebenfalls, aber nur um neun Prozent auf 358,1 Milliarden Euro.

Ein wesentlicher Grund für die finanzielle Schieflage sind höhere Sozialausgaben: Sie stiegen um 11,7 Prozent auf 76 Milliarden Euro. Hauptgrund waren laut Destatis die erhöhten Regelsätze für das Bürgergeld (nach SGB II) und für die Sozialhilfe (nach SGB XII). Außerdem treiben die gestiegenen Energiepreise auch die Kosten nach oben, die Kommunen im Rahmen von Sozialleistungen für Unterkunft und Heizung übernehmen. Dass viele Schutzsuchende aus der Ukraine Bürgergeld beziehen, lässt die Sozialausgaben ebenfalls wachsen. Allerdings mussten die Kommunen im Gegenzug weniger Geld für Asylbewerberleistungen ausgeben.

Als Folge des Tarifabschlusses 2023 im öffentlichen Dienst sind auch die Personalausgaben gestiegen: um 7,4 Prozent auf 80,9 Milliarden Euro. Die Inflation machte sich bei den weiteren Ausgaben ebenfalls bemerkbar: Sachaufwendungen stiegen um 8,2 Prozent, Sachinvestitionen um 12,3 Prozent. Die Zinsausgaben der Kernhaushalte sind sogar sprunghaft gestiegen: um 37,4 Prozent.

Mehr Geld aus Steuern und Zuweisungen – aber nicht genug

Das Netto-Steueraufkommen der Kommunen ist gegenüber dem Vorjahr um 7,3 Prozent gewachsen. Kommunen finanzieren sich zu großen Teilen aus Zuweisungen durch die jeweiligen Bundesländer. Diese sind nicht im gleichen Umfang gestiegen wie die Ausgaben. Die Schlüsselzuweisungen zur allgemeinen Finanzierung der kommunalen Haushalte wurden um 6,1 Prozent erhöht, die Zuweisungen für laufende Zwecke und Kostenerstattungen um 6,2 Prozent. Lediglich die Zuweisungen für Investitionen stiegen in einem ähnlichen Maß (+ 15,6 Prozent) wie die tatsächlichen Ausgaben (+ 15,7 Prozent).

Der Deutsche Städtetag befürchtet eine dauerhafte Trendwende bei den Kommunalfinanzen. „Die Zeiten ausgeglichener Haushalte sind für die Kommunen vorbei“, sagte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin Verena Göppert. Einen vergleichbaren Einbruch habe es zuletzt im Zuge der Finanzmarktkrise ab dem Jahr 2008 gegeben.

„Wenn Bund und Länder die Finanzausstattung der Kommunen nicht nachhaltig verbessern, werden hohe Defizite auch in den kommenden Jahren unvermeidbar sein“, meint Göppert. Die Kommunen würden dann nicht ausreichend investieren können. Sie fordert, die Finanzausstattung der Kommunen grundsätzlich anzugehen: „Wir müssen weg vom Förderwirrwarr, insbesondere für die zentralen Transformationsaufgaben“. Klüger sei es, grundsätzlich den Steueranteil der Städte und Gemeinden zu erhöhen, etwa an der Umsatzsteuer.

Mehr Informationen:
destatis.de

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