Neue Studie zur Verkehrswende

Wie Kommunen Krisenerfahrung als „Chance für die Verkehrswende“ nutzen können

Karin Billanitsch16. September 2020
Ein Fahrradfahrer im Stdtverkehr, im Hintergrund fährt ein Bus.
Eine neue Studie von Agora Verkehrswende analysiert die Corona-Folgen im Stadtverkehr und den politischen Handlungsbedarf. Kommunale Spitzenverbände, Verkehrsunternehmen und Wissenschaftler empfehlen eine „Investitionsoffensive für urbane Mobilität.“

 „Die Krisenerfahrung ist eine Chance, mit der Verkehrswende richtig durchzustarten“, sagt Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. Für Bund, Länder und Kommunen bietet sich die Gelegenheit, den Wandel hin zu einer krisenfesten und klimagerechten Mobilität zu beschleunigen. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die der Thinktank Agora Verkehrswende gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Urbanistik (Difu), dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) und dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) erarbeitet hat.

„Das Erlebte als Ansporn nehmen“

„Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und die drohende Zunahme des Autoverkehrs sind eine Gefahr für die Stadt als Lebens- und Wirtschaftsraum“, ist Hochfeld überzeugt. Es gelte, jetzt gegenzusteuern und dabei die Gesundheit oder auch das Klima im Blick zu haben.

Die Studie zeigt, dass der Individualverkehr in den Städten zugenommen hat, sei es zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto. Die Verkehrsaktivitäten hätten sich vorübergehend auf den Nachmittag und auf das nähere Wohnumfeld verlagert. Die Autoren der Studie nehmen an, dass Homeoffice und flexiblere Arbeitszeitmodelle langfristig zu neuen Pendelroutinen führen könnten.

Durchgeführt hat die Studie das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) in Berlin.Tilman Bracher, Leiter des Forschungsbereichs Mobilität sagte, die in der Krise sichtbare Zunahme des Rad- und Fußverkehrs, Homeoffice und der Einsatz digitaler Medien seien gut für Umwelt, Gesundheit und Zeitbudgets gewesen. „Wir sollten das Erlebte als Ansporn begreifen, die Verkehrswende voranzubringen.“

Lob für kommunales Handeln

Um den Raum anders aufzuteilen, umweltfreundliche Angebote gefördert, aber auch Autos eingeschränkt werden. Das Handeln der Kommunalverwaltungen in der Krise bekam Lob:  Sie hätten an vielen Stellen schnell und entschlossen reagiert und Experimente gewagt, etwa bei der Einrichtung temporärer Radwege und Freischankflächen, hieß es.

Um darauf aufzubauen und die Verkehrswende langfristig schneller voranzubringen, müssen die Verwaltungen personell und finanziell besser ausgestattet werden, forderten die Beteiligten.

„Neben zusätzlichen Mitteln aus Bund und Ländern müssen dafür auch Qualifizierungs- und Quereinsteigerprogramme aufgelegt werden“, hieß es. Timm Fuchs, Beigeordneter des DStGB, sagte: „Bund und Länder müssen ihre Investitionsoffensive fortsetzen, auch über die bislang schon beschlossenen Zeiträume und Maßnahmen hinaus.“ Er verlangte einen „Systemwechsel hin zu einem auskömmlichen und vor allem verlässlichen Finanzierungsmodell geben, das die umweltfreundlichen Verkehrsträger wie den ÖPNV und das Fahrrad weiter stärkt und Mobilität für alle erschwinglich macht.“

Forderung: „Dienstwagenprivileg abbauen“

Schließlich müssten Bund und Länder klimaschädliche Anreize wie das Dienstwagenprivileg abbauen und die Finanzierungsmöglichkeiten erweitern, etwa bei der probeweisen Erhebung von Straßennutzungsgebühren oder von Abgaben für den ÖPNV.

Gefragt sind darüber hinaus auch Alternativen für die vielen Pendlerinnen und Pendler, die bislang auf ihr Auto angewiesen sind.“

Die Studie mit dem Titel „Ein anderer Stadtverkehr ist möglich. Neue Chance für eine krisenfeste und klimagerechte Mobilität“ (52 Seiten) steht hier kostenlos zum Download zur Verfügung.