Gesetzespaket

So will die Ampel-Koalition die Genehmigung von Windrädern erleichtern

Carl-Friedrich Höck16. Juni 2022
Windkraft an Land soll die Energiewende voranbringen, doch dazu werden deutlich mehr Flächen benötigt.
Die Bundesregierung erhöht beim Windkraft-Ausbau den Druck auf die Länder: Sie will Mindestabstände unter einen Vorbehalt stellen und das Bauplanungsrecht anpassen. Energieverbände hoffen, dass das Gesetzespaket noch nachgebessert wird – vor allem beim Thema Artenschutz.

Das Bundeskabinett hat ein neues Gesetzespaket auf den Weg gebracht, um den Ausbau der Windenergie an Land zu beschleunigen. Es besteht aus einem „Wind-an-Land-Gesetz“ und einer Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes. Wirtschaftsminister Robert Habeck, Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) präsentierten die Gesetzentwürfe am Mittwoch gemeinsam.

Bundesländer sollen auf Flächenziel verpflichtet werden

Die Ampel-Koalition will erreichen, dass mittel- bis langfristig etwa zwei Prozent der Bundesfläche für Windenergie zur Verfügung stehen. Davon ist Deutschland noch weit entfernt: Aktuell sind nur 0,8 Prozent für Windräder ausgewiesen und nur 0,5 Prozent tatsächlich verfügbar. Nun sollen die Bundesländer verpflichtet werden, dass sie bis Ende des Jahres 2032 einen Anteil von 1,8 bis 2,2 Prozent ihrer Flächen für den Windkraft-Ausbau nutzbar machen. Welches Ziel genau für jedes Bundesland festgelegt wird, will das Bundeskabinett von den jeweiligen Voraussetzungen der Bundesländer abhängig machen, also zum Beispiel von Windbedingungen und Naturschutzfragen. „Wir teilen das regional fair auf“, verspricht Wirtschaftsminister Habeck. Für die dicht bebauten Stadtstaaten soll die Flächenvorgabe sogar nur bei 0,5 Prozent liegen.

Als Ausbau-Bremse gelten bisher die pauschalen Mindestabstände zu Wohngebäuden, welche die Bundesländer selbst festlegen dürfen. So sieht es eine Öffnungsklausel im Baugesetzbuch vor. Diese Klausel soll in Zukunft unter einen Vorbehalt gestellt werden: Die Länder müssen sicherstellen, dass sie trotz der Abstandsregeln ihr Flächenziel erreichen. Tun sie das bis zu einem bestimmten Stichtag nicht, entfallen die vorgegebenen Mindestabstände.

Positivplanung soll Windrad-Zulassung erleichtern

Um die Zulassung von Windkraftanlagen zu vereinfachen und zu beschleunigen, wird diese im Baugesetzbuch auf eine Positivplanung umgestellt. Das heißt: Die örtlichen Behörden können Gebiete ausweisen, in denen Windkraftanlagen privilegiert zulässig sind. Auch hier gilt: Verfehlt das jeweilige Bundesland zum Stichtag sein Flächenziel, „lebt die Privilegierung im gesamten Außenbereich wieder auf, bis die Flächenziele erreicht sind“, teilt die Bundesregierung mit.

Bauministerin Klara Geywitz erklärt dazu: „Voraussetzung für die Zulassung von Windenergieanlagen ist eine vorhergehende Planung, entweder im Regional- oder im Flächennutzungsplan.“ Dabei würden alle öffentlichen und privaten Belange, die für oder gegen die Anlagen sprechen, berücksichtigt.

Kritik an geplanter Artenschutz-Regelung

Auch in Landschaftsschutzgebieten will die Koalition Windräder ermöglichen. Das soll im Bundesnaturschutzgesetz rechtlich sichergestellt werden. Gleichzeitig sollen Schutzzonen für bedrohte Arten definiert werden. Und es sollen bundeseinheitliche Standards für die artenschutzrechtliche Prüfung gesetzt werden. Dazu wird eine Liste von kollisionsgefährdeten Brutvogelarten erstellt. „Hinzu kommen gestaffelte, artspezifische und brutplatzbezogene Abstandsvorgaben mit einem Tabubereich und Prüfbereichen“, kündigt die Bundesregierung an.

Mehrere Energieverbände drängen darauf, an dieser Stelle noch einmal nachzubessern. Die Artenschutz-Novelle enthalte schwammige Regelungen, die niemandem nützen, kritisiert Kerstin Andreae vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Um den Ausbau wirklich zu beschleunigen, müssten die Gesetze „bei den Projektierern, aber auch bei den Behörden vor Ort Klarheit schaffen, wo eine Windenergieanlage ohne Auswirkungen auf Vögel errichtet werden kann und wo nicht“. Dazu brauche es einen klaren Bewertungsmaßstab. Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE), befürchtet sogar, dass neue Rechtsunsicherheiten die Genehmigungsprozesse verlängern könnten. Und Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), betont: „In der Gesetzeslogik und -methodik sollte die Population einer Art und nicht das einzelne Exemplar im Mittelpunkt stehen. Dies entspricht auch aktuellen Empfehlungen der EU-Kommission.“

Beim Flächenziel gehe das Gesetzespaket aber in die richtige Richtung, meint Liebing. „Wir brauchen beim Windenergieausbau Tempo, Tempo und nochmals Tempo.“

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