Kommunale Energieunternehmen

VKU: Gesetzentwurf zum Kohleausstieg nachbessern

Karin Billanitsch24. Januar 2020
Der Ausstiegsfahrplan zum Kohleausstieg stößt auf Kritik beim Verband kommunaler Unternehmen. Im Bild das Kohlekraftwerk Boxberg.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) kritisiert den Entwurf zum Kohleausstiegsgesetz. Ein Hauptpunkt der Kritik: Die Stadtwerke sehen sich gegenüber den privaten Braunkohlebetreibern benachteiligt.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat den Entwurf zum Kohleausstiegsgesetz kritisiert und höhere Entschädigungen für Steinkohlebetreiber gefordert. Der stellvertretende VKU-Hauptgeschäftsführer Michael Wübbels kritisierte, der Entwurf sei für die Stadtwerke eine sehr herbe Enttäuschung und bliebe weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

„Steinkohle als Lückenbüßer“

Der Fahrplan sieht vor, dass moderne Steinkohlekraftwerke deutlich vor alten Braunkohlekraftwerken vom Netz sollen. Davon wären die kommunalen Unternehmen besonders betroffen. Denn von den modernen Steinkohlekraftwerken gehören viele den kommunalen Versorgern. Sie vertreten rund vier Gigawatt Leistung aus Kohle; davon drei Gigawatt aus Steinkohle, erläutert Wübbels.

Im Detail sind die Braunkohlekraftwerke endgültig bis 2038 stillzulegen. Der Ausstieg aus der Steinkohle soll laut VKU aber deutlich schneller vonstatten gehen, schon 2033 ist das Aus für das letzte Steinkohle-Kraftwerk vorgesehen. „Die Steinkohle soll als Lückenbüßer für den verzögerten Braunkohleausstieg herhalten“, so Wübbels. Allerdings ist in dem Gesetz für 2026 eine Überprüfung eingebaut, wie es nach 2030 mit der Braunkohle weitergeht.

Wirtschaftliche Schieflage droht

Bis Ende 2026 soll es für das Auslaufen von Steinkohle-Kraftwerken eine Entschädigung geben. Die Betreiber sollen sich auf Ausschreibungen bewerben. Der VKU fordert hier eine Verlängerung bis 2030 und einen festgelegten „auskömmlichen Höchstpreis“. Ab 2024 sollen Kraftwerke zwangsenteignet werden können, wenn die Ausschreibung erfolglos bleibt. Ab 2027 sollen die Abschaltungen sogar ohne Entschädigung erfolgen. „Das entbehrt jeder energiewirtschaftlichen und klimapolitischen Logik“, empört sich Wübbels. Laut VKU sind davon mehr als sieben Gigawatt in neueren Anlagen betroffen.

Die kommunalen Versorger müssten hohe Sonderabschreibungen in der Bilanz vornehmen, wenn Kraftwerke bei der Abschaltung noch nicht vollständig abgeschrieben sind. Das schwächt sie Eigentümer – die Kommunen – wirtschaftlich. Außerdem macht der VKU geltend: „Ohne angemessene Entschädigung besteht die Gefahr, dass das Geld bei den betroffenen Stadtwerken für den dringend notwendigen Umbau der Energieversorgung vor Ort fehlt.“

Fehlende Anreize für den Umbau der Kraft-Wärme-Kopplung

Außerdem vermisst der VKU stärkere Anreize für Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Der sogenannte „Kohleersatzbonus“, der beim Wechsel etwa auf Gas fällig wird, soll unverändert bei 180 Euro je Kilowattstunde bleiben. Der VKU fordert aber eine Erhöhung um den Faktor 2,5 auf 450 Euro, um die Kosten für den Umbau zu decken. „Das reicht nicht, um den Wechsel von Kohle auf weniger emissionsintensive Brennstoffe effektiv anzureizen“, lautet das Fazit des VKU. Bislang hätten die Mitgliedsunternehmen nur 170 Megawatt umgerüstet.

Als weiteren „grundlegenden Schwachpunkt“ bezeichnete Wübbels, dass der Referentenentwurf „keine substanziellen Maßnahmen enthält, wie der Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter vorangebracht werden soll“. Eigentlich sollte der Deckel von 52 Gigawatt für die Photovoltaik im Erneuerbare-Energien-Gesetz gestrichen werden. Schon im Frühjahr droht ein Stopp für die Solarförderung, weil die Grenze erreicht wird.

Scholz und Schulze: Erneuerbaren Energien ausbauen

Nach der Einigung hatte sich indes Bundesfinanzminister Olaf Scholz zum Ausbau der Erneuerbaren Energien bekannt, wie der vorwärts berichtete. Das gehöre zum Ausstieg dazu, betonte der SPD-Finanzminister. „Wenn wir so viel Gigawatt Leistung Schritt für Schritt abbauen, müssen wir im Bereich der Erneuerbaren Energien entsprechende Kapazitäten aufbauen.“ Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze forderte laut dem Bericht des vorwärts: „Wir brauchen jetzt einen massiven Ausbau der Energien aus Wind und Sonne, damit dieser Ausstieg auch verbindlich gelingt.“ Federführend war bei dem Gesetzesentwurf das CDU-geführte Wirtschaftsministerium.

Vorgestern Abend hatte das Bundeswirtschaftsministerium den Referentenentwurf des Gesetzes, das den Ausstiegspfad für Stein- und Braunkohle festlegt, in die Länder- und Verbändeanhörung gegeben. In nur 23 Stunden sollen die Stellungnahmen abgegeben werden. Die 23-Stunden-Frist stieß beim VKU auf Unverständnis. Zwar seien grundlegende Bestimmungen schon bekannt gewesen, aber einige Details seien neu gewesen.