Energiewende

Windkraft: Das steckt hinter den Forderungen nach einem Runden Tisch

Carl-Friedrich Höck06. Januar 2022
Windkraftanlage in der Nähe von Rostock (Archivbild)
Verbände und Kommunen fordern einen Runden Tisch zur Energiewende. Insbesondere bei der Windenergie sollten Städte und Landkreise besser einbezogen werden.

Die Ampel-Koalition im Bund will den Ausbau der Erneuerbaren Energien drastisch beschleunigen. Der Bundesverband Windenergie (BWE) regt an, begleitend einen Runden Tisch ins Leben zu rufen, der auch die Kommunen einbezieht.

„Wir brauchen einen Neustart in der Kommunikation zu den Herausforderungen der Energiewende“, forderte BEW-Präsident Herrmann Albers am Dienstag in einer Pressemitteilung. „Dabei müssen die Kommunen stärker und viel intensiver einbezogen sein.“

Klagen über lange Verfahrensdauer

Die Koalitionspartner hätten angekündigt, noch im ersten Halbjahr 2022 gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen alle notwendigen Maßnahmen anstoßen zu wollen, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu beschleunigen, erklärt Albers. Die Energiewende müsse vor Ort organisiert werden. Albers verweist darauf, dass für den Ausbau der Windenergie an Land Flächen zur Verfügung gestellt werden müssten. Die Komplexität der verschiedenen Abwägungsinteressen ziehe die Verfahren zur Flächenausweisung massiv in die Länge. Hier sei es erforderlich, für gesetzgeberische Klarheit zu sorgen.

Bei den Kommunen stößt die Forderung des Lobbyverbandes auf Zustimmung. „Die Städte teilen und unterstützen seit langem Forderungen nach einem Runden Tisch zum Ausbau der erneuerbaren Energien“, stellt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Helmut Dedy klar. Insbesondere bei der Windenergie verlangsame sich der Ausbau. Grund dafür seien fehlende Flächen, lokale Proteste gegen die Anlagen und aufwendige Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Dedy erklärt: „Der Deutsche Städtetag hat sich deshalb bei der Bundesregierung für die Einrichtung einer Kommission ‚Ausbau erneuerbare Energien‘ eingesetzt. Dort sollten Bund, Länder und Kommunen mit Akteuren der Energiewirtschaft, Umwelt- und Naturschutzverbänden sowie weiteren Betroffenen zusammenkommen und mögliche Zielkonflikte zwischen Regional- und kommunaler Bauleitplanung, Immissions- und Artenschutz gemeinsam lösen.“

VKU will Windenergie-Ausbau bei Abwägung stärker gewichten

Die Stadtwerke unterstützen die Idee eines Runden Tisches ebenfalls. Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing, äußerte sich dazu in einer Pressemitteilung: Wichtig sei die gesetzliche Festschreibung, dass die Errichtung von Windkraft- und PV-Anlagen im öffentlichen Interesse des Klimaschutzes liege. „Dies verleiht dem Ausbau der Erneuerbaren Energien in Abwägungsverfahren ein stärkeres Gewicht. Damit forcieren wir den Ausbau, ohne die notwendigen Belange von Naturschutz und Biodiversität aus dem Blick zu verlieren.“

Benötigt werde ein neuer Konsens im Hinblick auf Flächenverfügbarkeit und einen fairen Interessenausgleich zwischen Klima- und Naturschutz, kommentierte Liebing. Auch dieser solle in einer Kommission oder an einem Runden Tisch erörtert werden.

Windkraft-Ausbau: Hohe Ziele scheinen noch weit entfernt

Im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ist das Ziel festgelegt, zwei Prozent der Landesflächen für Windenergie auszuweisen. Näheres soll im Baugesetzbuch geregelt werden. Zum Vergleich: Das Umweltbundesamt (UBA) ermittelte im Jahr 2019 für eine Analyse, dass gerade einmal 0,9 Prozent der Landesfläche für Windkraft ausgewiesen sei. In Bayern waren es sogar nur 0,1 Prozent.

Der Ausbau der Windenergie an Land ist in den vergangenen Jahren zudem ins Stocken geraten. Laut einem aktuellen UBA-Bericht zeichnet sich zwar für 2021 ein positiver Trend gegenüber dem sehr schwachen Vorjahr ab. Doch während 2017 noch ein Rekordzubau von 4.891 Megawatt erreicht worden sei, werde die neu installierte Leistung im Jahr 2021 voraussichtlich nur bei etwa einem Drittel dieses Wertes liegen.

Insgesamt ist die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr sogar zurückgegangen – um fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Umweltbundesamt führt das auf eine witterungsbedingt stark gesunkene Stromerzeugung aus Windkraftanlagen zurück. Diese brach um minus elf Prozent ein. Trotzdem steuerte die Windkraft fast die Hälfte des gesamten erneuerbaren Stroms bei. Mit 93 Milliarden Kilowattstunden erbrachten die Anlagen an Land im Jahr 2021 deutlich mehr Energie als die Windkraftanlagen auf See (25 Milliarden Kilowattstunden).

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