Rechtsextremismus

Kommunen: Warum die AfD die Wähler in die Irre führt

Carl-Friedrich Höck15. Juni 2023
Demonstration gegen die AfD in Berlin (Archivbild)
Bei Landrats- und OB-Wahlen schaffen es immer wieder AfD-Kandidaten in die Stichwahl. Dabei nimmt die Partei die Wählerinnen und Wähler nicht ernst und hat keine Konzepte für Städte und Landkreise anzubieten. Ein Kommentar

Dieser Kommentar könnte sehr kurz ausfallen. Eigentlich muss man sich nicht in die Wahlprogramme der AfD einarbeiten, um zu begründen, warum niemand die Partei wählen sollte. In Thüringen zum Beispiel wird der AfD-Landesverband vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. Rechtsextremist*innen wählt man nicht. Punkt. Noch Fragen?

AfD will die Kommunen erobern

Trotzdem stimmten bei der Landratswahl im thüringischen Sonneberg am vergangenen Wochenende 46,7 Prozent der Wähler*innen für den AfD-Kandidaten Robert Sesselmann. Damit ist er in die Stichwahl eingezogen, genauso wie der AfD-Politiker Leif-Erik Holm bei der Oberbürgermeisterwahl in Schwerin. Im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree scheiterte sein Parteifreund Rainer Galla mit rund 48 Prozent nur knapp in der Stichwahl um das Landratsamt. Und bei der Oberbürgermeisterwahl in Cottbus setzte sich der Sozialdemokrat Tobias Schick zwar in der Stichwahl mit großer Mehrheit durch, doch auch hier musste er sich im zweiten Wahlgang gegen einen AfD-Kandidaten behaupten.

Die AfD hat sich im Bundestag und in den Landesparlamenten festgesetzt, nun will sie die Kommunen erobern. Mit Blick auf Sonneberg sagte Thüringens AfD-Chef Björn Höcke kürzlich auf dem Landesparteitag: „Stellt euch vor, die AfD gewinnt ihren ersten Landkreis, was wäre das für eine Schlagzeile. Die Bundesrepublik Deutschland würde beben, und das muss unser Ziel sein.”

Unseriöse Versprechungen

Daher lohnt doch ein Blick darauf, welche politischen Konzepte die AfD für die Kommunen anbietet. Hat sie überhaupt welche? Zweifel daran sind angebracht.

Schwerins Oberbürgermeister Rico Badenschier wunderte sich im Gespräch mit der DEMO über die Versprechungen, die sein Herausforderer Holm den Bürgerinnen und Bürger macht. „Er hat kaum etwas im Programm, das kommunal gestaltbar ist“, sagte Badenschier. Was Holm fordere, entscheide die Kommune gar nicht.

Ein Blick auf die Website des AfD-Kandidaten bestätigt das. In seinem Wahlprogramm für Schwerin kündigt Holm an, einen Aufnahmestopp für Migrant*innen auszurufen. Städtische Folgekosten der Migration will er einfach „dem Bund in Rechnung stellen“. Unklar bleibt, ob er nicht weiß, was ein Oberbürgermeister entscheiden kann, oder ob er sich über Zuständigkeiten, Gesetze und Verfassung einfach hinwegsetzen will. Man weiß nicht, was schlimmer ist.

Laut seiner Website will sich Holm auch für „Sicherheit und Ordnung“ einsetzen. Unter anderem plant er den Einsatz von mehr Polizei in den Stadtteilen. Das Sagen in Polizeifragen hat aber nicht in erster Linie die Kommune, sondern das jeweilige Bundesland. Aus Schwerin berichtet OB Badenschier: „Da, wo wir in der Kommune Sicherheitspolitik gestalten, nämlich mit Präventionsarbeit, da torpediert die AfD unsere Bemühungen.“

Bundespolitische Parolen statt Kommunalpolitik

Ähnlich sieht es im Kreis Sonneberg aus. Auch hier denkt der AfD-Kandidat Robert Sesselmann gar nicht daran, sich groß mit kommunalpolitischen Fragen aufzuhalten. Wer ihn wähle, stimme für „ein Ende der Sanktionspolitik“ (gegen Russland), behauptet er auf einem Flyer. Ausführlich arbeitet er sich auch am geplanten Gebäudeenergiegesetz ab und fordert „ein Ende der Energie- und Wärmewende“. Die Botschaft ist klar: Man soll ihm die Stimme geben, um ein Zeichen gegen die Bundesregierung zu setzen. So werden Wählerinnen und Wähler in die Irre geführt. Eine Landratswahl ist keine Showveranstaltung. In den Städten und Kreisen werden wichtige Entscheidungen getroffen. Nur erfährt man wenig darüber, was die AfD hier wirklich vorhat.

Die Beispiele zeigen: Die AfD hat für die Kommunen keine Lösungen anzubieten. Um davon abzulenken, poltert und schimpft sie über die Regierungen in Bund und den Ländern. Wer so agiert, nimmt kommunalpolitisches Engagement nicht ernst. Und die Wählerinnen und Wähler erst recht nicht.