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Welche Möglichkeiten bietet eine digitale Verwaltung?

Birgit Fischer14. Juli 2021
Die Digitalisierung der Verwaltung muss als Gesamtprozess gedacht werden.
Die tiefgreifenden Veränderungen der Digitalisierung sind in den Verwaltungen angekommen. Doch die staatlichen Strukturen erscheinen überfordert. Woran liegt das und wie können wir die Strukturen anpassen? Ein Diskussionsbeitrag von Birgit Fischer, Verwaltungsmitarbeiterin und SPD-Mitglied in Plauen.

Es ist derzeit viel in Bewegung gekommen – sowohl durch die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) als auch durch die SmartCity-Projekte des Bundes. Schlagworte wie Smart Region, EfA-Prinzip ­(Einer für Alle) oder ­Registermodernisierung stehen dafür, dass die tiefgreifenden Veränderungen der Digitalisierung in den Verwaltungen angekommen sind.

Im Vergleich zu vielen anderen Ländern gehört es aber auch zur Wahrheit, dass die staatlichen Strukturen mit den Aufgaben der Digitalisierung überfordert sind. In den meisten Verwaltungen ist die Anzahl der OZG-Prozesse im einstelligen Bereich. Durch die besonderen Anforderungen der Pandemie, ob durch den Bedarf an digitalen Bildungsangeboten, an einem schnellen Aufbau eines Datennetzes für das Management des Infektionsgeschehens oder an einem Pendant für direkten Behördenkontakt, wurden die Defizite der Verwaltung über ­alle Ebenen hinweg sichtbar.

Defizite sind systemimmanent

Dieses Scheitern kann jedoch nicht ausschließlich einzelnen Verwaltungsbereichen oder politisch Verantwortlichen zugewiesen werden, auch wenn die Verantwortung im Prinzip hier liegt. Die Defizite sind systemimmanent. Die geschaffenen, sich überlagernde Strukturen, die verteilten Zuständigkeiten und die daraus erforderlichen Abstimmungsverfahren kommen wegen juristischer, politischer und selbst gegebener bürokratischer Hemmnisse nicht voran. Digitalisierung ist kein technisches Thema, sondern ein strategisches. Digitalisierung ist disruptiv. Das gilt auch für den Staat.

Digitalisierung ermöglicht für die öffentliche Verwaltung neue Formen der Leistungserbringung – nutzer- und leistungsorientiert. Eine konzentrierte Leistungserstellung und ein dezentraler Leistungsbezug sind in verschiedenen Varianten denkbar: von mobiler Verwaltung bis hin zur Selbstabholung aus Schließfächern für nicht digitalisierbare Leistungen wie Ausweise. Benötigt wird hierfür jedoch die entsprechende technische Infrastruktur, deren sicherer Betrieb und eine neue Form der Leistungserstellung. Vernetzung, Automatisierung, Kollaboration funktionieren nur aufeinander abgestimmt. Der Staat in der Cloud, als Plattform und als Plattformanbieter sind als Entwicklungstendenz vorgezeichnet. Wie sollen darin die verschiedenen staatlichen Leistungen erbracht werden? Welche Institution hat zukünftig welche Aufgabe oder Verantwortung? Welche Struktur oder Institution ist erforderlich, welche entbehrlich?

Langfristiger Plan notwendig

Die kommunale Ebene wird und muss auch weiterhin der direkte Ansprechpartner für die Belange der Bürger*innen sein. Um eine Beteiligung an der Diskussion und an der Ausgestaltung dieser zukünftigen Strukturen zu ermöglichen, ist ein Vorgehenskonzept zu entwickeln, wie dieser Zukunftsprozess gestaltet werden kann. Es ist eine offene Diskussion unter Einbeziehung der Wissenschaft erforderlich, wie öffentliche Dienstleistungen in Zukunft (2025 und danach) mit den Möglichkeiten der Digitalisierung erbracht und wie die Verwaltungsebenen dafür neu aufgestellt werden sollten.

Eine Beteiligung der Gesellschaft an diesen Zukunftsprozess sollte sichergestellt und nicht über die Köpfe hinweg entschieden oder die Ausgestaltung dem politisch Stärkerem überlassen werden, um Akzeptanz und Tragfähigkeit zu sichern. Wir als Städte und ­Regionen sollten aufpassen, an diese Entwicklung nicht den Anschluss zu verpassen und letztlich dann nur Konsument zu sein. Die Aufgabe des Staates muss sein, sich permanent weiterzuentwickeln. Wie sich der Staat entwickeln soll, ist eine Gemeinschaftaufgabe. Gestalten wir sie!

 

Dieser Text ist zuerst im Landes-SGK EXTRA Mitteldeutschland der DEMO erschienen. Er wird hier mit freundlicher Genehmigung der SGK Sachsen veröffentlicht.