5,8 Prozent mehr Lohn: Ergebnisse des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst 2025
Nach zähen Verhandlungen liegt eine Tarifeinigung für den öffentlichen Dienst auf dem Tisch: 5,8 Prozent mehr Lohn in zwei Stufen. Der Deutsche Städtetag bezeichnete den Abschluss in einer ersten Reaktion als „harten Brocken in schwierigen Zeiten“.
IMAGO / Political-Moments
Die Gewerkschaft dbb Beamtenbund und Tarifunion sitzt mit am Verhandlungstisch zum Auftakt der Einkommensrunde 2025 für Beschäftigte von Bund und Kommunen. Im Bild ein Rednerpult bei der jüngsten Jahrestagung in Köln.
Nach langwierigen Verhandlungen haben sich die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), der Bund und die Gewerkschaften ver.di und dbb beamtenbund und tarifunion am Sonntag auf einen Tarifabschluss geeinigt. Die Entgelte steigen in zwei Schritten um 5,8 Prozent: vom 1. April 2025 an um drei Prozent, mindestens aber um 110 Euro monatlich. Am 1. Mai 2026 gibt es ein Plus von weiteren 2,8 Prozent. Außerdem wird die Jahressonderzahlung auf einheitlich 85 Prozent erhöht.
Karin Welge: „Nachhaltiger Kompromiss“
„Mit dieser Einigung ist es gelungen, einen nachhaltigen Kompromiss zu finden, der sowohl den Interessen der kommunalen Arbeitgeber als auch der Beschäftigten gerecht wird", erklärte Karin Welge, Präsidentin und Verhandlungsführerin der VKA und Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen nach der vierten Verhandlungsrunde, die im Anschluss an die Schlichtung stattfand.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte: „Wir machen die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst flexibler, moderner und attraktiver.“ Der Tarifabschluss sei Ausdruck des Respekts davor, was die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes leisteten. „Viele haben einen harten und fordernden Job“, bekräftigte die Ministerin.
Weitere wichtige Kernpunkte
Darüber hinaus wurden am Sonntag folgende Kernpunkte genannt: Es soll künftig die Möglichkeit geben, Teile der Jahressonderzahlung in freie Tage umzuwandeln. Außerdem kann die wöchentliche Arbeitszeit in beiderseitigem Einvernehmen befristet auf bis zu 42 Stunden erhöht werden.
Es ist außerdem ein zusätzlicher Urlaubstag ab 2027 vorgesehen, sowie erhöhte Zulagen für Wechsel- und Schichtarbeit vom 1. Juli 2025 an. Außerdem seien noch bestehende Ungleichheiten zwischen Ost und West bei Kündigungsschutz und Befristung beseitigt worden, hieß es.
Städtetag: „Schwer zu stemmen“
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags sagte: „Jeder Tarifabschluss ist ein Kompromiss, dieser auch. Aber er ist für viele Städte ein ziemlich harter Brocken in schwierigen Zeiten.“ Denn die kommunalen Haushalte steckten in einem Rekorddefizit.
Er bezifferte die Kosten des Tarifabschlusses für die kommunalen Arbeitgeber auf insgesamt rund zehn Milliarden Euro pro Jahr. „Gerade für finanzschwächere Städte wird das angesichts der gleichzeitig immer weiter steigenden Sozialausgaben schwer zu stemmen sein“, befürchtete Dedy.
Landkreistag: „Schmerzgrenze überschritten“
Landrat Achim Brötel kritisierte die Einigung: „So etwas überschreitet die kommunale Schmerzgrenze.“ Mit Blick auf die desolate kommunale Kassenlage mit einem Rekorddefizit der Kommunen von fast 25 Milliarden Euro sagte Brötel, die kommunale Finanznot wwerde immer weiter befeuert.
Der Landkreistag geht von einer Mehrbelastung von jährlich bis zu 10,6 Milliarden Euro aus „Wenn das anschließend dann auch noch auf die Beamten übertragen wird, reden wir sogar noch einmal über deutlich höhere Summen“, so Brötel.
Gewerkschaft: „Schwieriges Ergebnis in schwierigen Zeiten“
„Es ist ein schwieriges Ergebnis in schwierigen Zeiten“, sagte der ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführer Frank Werneke. Die insgesamt vier Verhandlungsrunden samt Schlichtung seien sehr zäh verlaufen und hätten aufgrund der Verweigerungshaltung auf Arbeitgeberseite bei vielen Themen mehrfach vor dem Scheitern gestanden, erklärte Werneke. Erst nach einer erfolgreichen Warnstreikrunde mit zehntausenden Kolleginnen und Kollegen sei Bewegung in die Verhandlungen gekommen.
Update vom 18.3.2025
Tarifverhandlungen gescheitert
Nach vier intensiven Verhandlungstagen sind die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst gescheitert. Im Anschluss daran wurde ein Schlichtungsverfahren eingeleitet. „Wir haben in drei Verhandlungsrunden hart miteinander gerungen. Wir sind den Gewerkschaften sehr weit entgegengekommen. Wir sind bis an die Grenze dessen gegangen, was wir für die öffentlichen Haushalte verantworten können“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Aber die Gewerkschaften seien nicht zu weiteren Kompromissen bereit gewesen.
Während eines Schlichtungsverfahrens, das voraussichtlich einige Wochen dauern wird, besteht Friedenspflicht. Die Friedenspflicht beginnt am Donnerstag, den 20. März. Am heutigen Dienstag und Mittwoch, den 19. März sind Warnstreiks aber noch möglich.
Keine Annäherung
Die Verhandlungsparteien konnten sich offenbar bis zum Schluss nicht so weit annähern, dass ein Kompromiss in Sichtweite gewesen wäre. Laut der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hatten die Gewerkschaften auch in der dritten Verhandlungsrunde Forderungen gestellt, die für die Kommunen unverändert Mehrkosten von rund elf Prozent pro Jahr bedeutet hätten.
Das lehnte VKA-Verhandlungsführerin und Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen, Karin Welge ab: „Mit der von uns angestrebten Reallohnsicherung hat das in Zeiten von zwei Prozent Inflation nichts zu tun. Hier reden wir von Reallohnsteigerungen, die weder zur prekären finanziellen Haushaltslage der Kommunen noch zur gesamtwirtschaftlichen Situation in Deutschland passen“, so Welge.
ver.di: „Bis an die Schmerzgrenze gegangen“
Die Gewerkschaft ver.di zeigte sich nach dem „viertägigen, kräfte- und nervenzehrenden Verhandlungsmarathon“ enttäuscht: „Wir haben uns bis an die Schmerzgrenze bewegt. Die Arbeitgeber haben unsere Einigungsvorschläge abgelehnt“, kritisierte der ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführer Frank Werneke in Potsdam.
Die Arbeitgeber hätten sich bis zum Schluss gesperrt, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle „Bei der Vergütung wurde nicht mehr als Inflationsausgleich angeboten, lieber sogar ein bisschen weniger – das hat uns nicht gereicht.“
Faeser spricht von vielen Zugeständnissen
Bundesinnenministerin Faeser legte dar, zu welchen Zugeständnissen die Arbeitgeber indes bereit gewesen seien: „Wir haben Entgelterhöhungen vorgeschlagen, die zum Teil über den jüngsten Tarifabschlüssen von ver.di in anderen Branchen liegen. Die Jahressonderzahlung wollten wir für viele Beschäftigtengruppen erheblich erhöhen und so zu einem echten 13. Monatsgehalt machen.“ Auch bei den Zulagen für Schichtdienste wäre die Arbeitgeberseite zu einer starken Erhöhung bereit gewesen. Außerdem sei ein Zeit-statt-Geld-Modell angeboten worden, wonach Teile der Jahressonderzahlung in freie Tage umgewandelt werden können.
Die von den Gewerkschaften geforderte Ost-West-Angleichung beim Kündigungsschutz haben die Kommunen jedoch abgelehnt. Werneke kritisierte auch: „Egal, ob bei einer ausreichenden linearen Erhöhung oder einem Mindestbetrag als soziale Komponente, Altersteilzeit oder einem zeitgemäßen Arbeitszeitkonto – die Arbeitgeber haben sich vielen für die Beschäftigten wichtigen Forderungen weitgehend verweigert.“
Offizielles Schlichtungsverfahren eingeleitet
Nun kann im offiziellen Schlichtungsverfahren versucht werden, in Verhandlungen doch noch eine Lösung für die mehr als 2,6 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst zu finden. Als Schlichter für die Seite der Arbeitgeber wird Roland Koch, ehemaliger Ministerpräsident des Landes Hessen, verhandeln.
Seitens der Gewerkschaften ver.di und dbb beamtenbund und tarifunion wurde Henning Lühr, ehemaliger Staatsrat bei der Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen, benannt.
Update vom 17. März 2025
Dritte Tarifrunde: Verhandlungen am Sonntag unterbrochen
Am 14. März hat die neue und entscheidende dritte Tarifrunde begonnen. Die Verhandlungen wurden am Sonntag unterbrochen und werden am Montag, den 17. März fortgeführt. Kommt es nicht zu einer Einigung, droht die Arbeitnehmerseite mit einer Eskalation des Tarifkonflikts. Eine Einigung war am Morgen noch nicht abzusehen. Laut dem Radiosender rbb hatte sich am Sonntag aber etwas Bewegung abgezeichnet. Die Arbeitnehmerseite habe neue Vorschläge gemacht, die „in die richtige Richtung“ gingen. "Der Spalt ist deutlich geringer geworden", sagte die Verhandlungsführerin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Karin Welge, laut rbb am Montag in Potsdam.
Zweite Tarifrunde gescheitert
Nach dem ergebnislosen Ende der 2. Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst in Bund und Kommunen drohen nun Warnstreiks. „Die Arbeitgeber haben kein Angebot vorgelegt. Sie blockieren alle wesentlichen Verhandlungspunkte und weisen die Forderungen der Gewerkschaften als unfinanzierbar zurück. Das werden wir nicht hinnehmen und unsere Warnstreiks ausweiten“, sagte GEW-Vorsitzende Maike Finnern am Dienstag laut einer Mitteilung der GEW.
Vor Beginn der Gespräche in Potsdam hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser betont: „Wir werden sehr ernsthaft verhandeln, damit wir angemessene und gute Lösungen für den Bund und die Kommunen ebenso wie für die Beschäftigten finden.“ Das sei für sie eine Frage des Respekts vor den Menschen, die Deutschland Tag für Tag am Laufen hielten – gerade in schwierigen Zeiten. Sie erinnerte darüber hinaus an den furchtbaren Anschlags auf die ver.di-Kundgebung am vergangenen Donnerstag in München: „Wir stehen zusammen in tiefer Solidarität mit den Opfern“, versicherte die Ministerin
Die Arbeitgeberseite hatte erneut kein Angebot vorgelegt. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) zeigte sich dennoch zuversichtlich für die dritte Runde im März: „Die intensiven Gespräche der vergangenen zwei Tage haben wichtige Grundlagen für die weiteren Verhandlungen geschaffen“, erklärte Karin Welge, Präsidentin und Verhandlungsführerin der VKA, nach dem Ende der Gespräche laut Mitteilung. Es sei ermutigend zu sehen, dass offenbar auch die Gewerkschaften zunehmend erkennen würden, dass mehr als 20 unterschiedliche Forderungen „gründlicher Erörterungen“ bedürfen.
Aus Arbeitgebersicht waren die Gespräche noch nicht so weit gediehen, dass ein konkretes Angebot hätten vorgelegt werden können – „zumal die Höhe der einzelnen Forderungen noch nicht beziffert werden kann und es am Ende der Verhandlung auch immer um Gesamtkosten für die kommunalen Arbeitgeber geht“, betonte Welge. Sie wies in diesem Zusammenhang besonders auf die „historische Verschuldung von 158,8 Milliarden Euro und die chronische Unterfinanzierung“ der Kommunen hin. Die dritte Verhandlungsrunde findet vom 14. bis 16. März 2025 statt.
Erste Verhandlungsrunde endet erfolglos
„Das Forderungspaket der Gewerkschaften ist nicht tragbar“: Gleich am ersten Verhandlungstag fand Karin Welge, Präsidentin und Verhandlungsführerin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, deutliche Worte. Nicht finanzierbar, lautete verkürzt die Argumentation der Arbeitgeberseite. Diese hat zunächst kein Angebote vorgelegt. Für den Bund führte Bundesinnenministerin Nancy Faeser das Wort.
Die Gewerkschaften Verdi und dbb (Deutscher Beamtenbund und Tarifunion) fordern für 2025 ein Plus von acht Prozent, mindestens aber 350 Euro mehr monatlich für Entgelterhöhungen und höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen nach den Vorstellungen der Gewerkschaften um 200 Euro monatlich angehoben werden.
Außerdem soll es drei zusätzliche freie Tage geben, um der „hohen Verdichtung der Arbeit etwas entgegenzusetzen“, wie es in einer Verdi-Mitteilung heißt. Über ein neues Arbeitszeit-Konto sollen die Arbeitnehmer*innen außerdem selbst verfügen können.
Welge verweist auf „schwierige Finanzlage“
Die Entgeltforderungen der Gewerkschaften und drei zusätzlichen freien Tage würden nach VKA-Angaben zu Mehrkosten in Höhe von 15 Milliarden Euro führen. Wie sich das Arbeitszeit-Konto finanziell auswirken würde, dazu gibt es laut VKA keine belastbaren Schätzungen. Welge sagte am vergangenen Freitag: „Wir haben den Gewerkschaften gegenüber deutlich gemacht, dass schon die kommunalen Regelstrukturen wie Kindergärten oder Bibliotheken seit Jahren unterfinanziert sind; hinzu kommt eine dramatische Verschärfung ihrer schwierigen Finanzlage durch zusätzliche Aufgaben und Ertragsminderungen.“
Die Gesamtverschuldung der Kommunen liege mittlerweile bei rund 160 Milliarden Euro. Für das vergangene Jahr werde ein Rekorddefizit von fast 15 Milliarden Euro prognostiziert, so Welge.
Kein Angebot – Gewerkschaften enttäuscht
Dass die Arbeitgeberseite ihrerseits kein Angebot vorgelegt hat, enttäuschte die Gewerkschaften. „Wo bleiben die konkreten Angebote von Bund und Kommunen? Wenn Frau Faeser und Frau Welge uns in den Verhandlungen nur immer wieder die Finanzkrise der Kommunen vorhalten, kommen wir hier keinen Schritt weiter“, kritisierte der dbb-Verhandlungsführer Volker Geyer nach den Verhandlungen am vergangenen Freitag.
Er führte weiter aus, die Attraktivität des Arbeitgebers Staat werde dadurch beschädigt, obwohl der Wettbewerb mit der Privatwirtschaft um die besten Köpfe „gerade jetzt immer schärfer wird“.
Verdi-Vorsitzender Frank Werneke forderte für die anstehende zweite Runde deutliche Fortschritte. „Das wird nur möglich sein, wenn die Arbeitgeber ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen.“ Vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sind über 2,6 Millionen Beschäftigte direkt oder indirekt betroffen, davon allein mehr als 1,5 Millionen in den Kommunen. Der nächste Verhandlungstermin ist für 17. und 18. Februar 2025 angesetzt.
dbb-Verhandlungsführer Volker Geyer sagte, er gehe davon aus, dass es zu Warnstreiks und Protestaktionen kommen werde. Er bat die Bevölkerung „um Verständnis“ und betonte: „Bund und Kommunen lassen uns keine andere Wahl.“
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.