Breitbandausbau: Warum Glasfaser die Zukunft ist
Beim Breitbandgipfel in Niedersachsen-Bremen stand der Glasfaser-Ausbau im Fokus. Noch immer stellt er Städte und Gemeinden vor Herausforderungen. Dabei geht ohne schnelle Datenleitungen nichts mehr – weder für die Wirtschaft noch für die Energiewende.
Ulf Buschmann
Waren beim Breitbandgipfel dabei (v.l.): Bernd Lütjen, Landrat des Kreises Osterholz, Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies, Marco Trips, Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebunds und Breitbandgipfel-Projektleiter Bastian Hiller.
„Gibt es einen Glasfaseranschluss?“ Diese Frage stellten die Interessenten, die Marco Trips’ Elternhaus kaufen wollten. Der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes war zunächst überrascht. Doch ihm ist klar: Der Glasfaseranschluss wird mittel- bis langfristig immer wichtiger – vor allem für die Wirtschaft. Ein Beispiel sind die smarten Systeme in der Energieversorgung. Ohne schnelle Datenleitungen funktioniert künftig nichts mehr. Das betonten neben Trips auch andere Fachleute am Montag auf dem Breitbandgipfel Niedersachsen-Bremen in der Stadthalle Osterholz-Scharmbeck.
Der diesjährige Gipfel sollte sich um den Ausbau von Glasfaser und 5G-Mobilfunk drehen. Doch die mobile Netzverfügbarkeit rückte schnell in den Hintergrund. Die 225 Teilnehmenden in der Stadthalle Osterholz-Scharmbeck konzentrierten sich auf Strategien für den Glasfaserausbau. Dabei zeigte sich: Bund, Länder und die „kommunale Familie“ (Trips) wollen den Ausbau. Doch Städte und Gemeinden haben wegen der schlechten Finanzlage keinen Spielraum für Investitionen.
Bund fördert weniger
Trips machte dies vor Medienvertretern und in seinem Vortrag deutlich. Was die Kommunen zusätzlich belastet: Der Bund zieht sich aus der Breitbandförderung zurück, weil auch seine Kassenlage prekär ist. Im vergangenen Jahr kamen aus Berlin noch drei Milliarden Euro, in diesem Jahr sind es zwei und 2025 wohl nur noch eine Milliarde. Dabei brauchen die Kommunen angesichts der großen Aufgaben Planungs- und Fördersicherheit.
Der Städte- und Gemeindebund-Präsident sah hier zusammen mit Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) vor allem den Bund in der Pflicht. Das Land Niedersachsen will seinen Teil beitragen. Der Minister stellte die Digitalstrategie seines Hauses vor, die auf drei Säulen fußt: sichere Investitionsbedingungen, schnellere Genehmigungsverfahren und die Frage, wie gebaut wird. Dazu gehört die Vermeidung von Doppelplanungen: Zunächst verlegt Anbieter A seine Leitungen, einige Wochen später reißt Anbieter B die Straße erneut auf. Lies zeigte sich erstaunt, dass Anbieter und Kommunen immer wieder Kampagnen für den Glasfaserausbau durchführen müssen – für eine „Infrastruktur, die gar nicht als Infrastruktur gesehen wird“.
Auch die Klimawende braucht Glasfaser
Glasfaser ist nicht nur für Endverbraucher wichtig. Auch für eine sichere, krisenfeste und langfristig klimaneutrale Energieversorgung sind schnelle Leitungen unerlässlich. Das erklärten unter anderem Jürgen Kraft, Experte für Netzplanung von Avacon Connect, und Rainer Stock, Bereichsleiter für Netzwirtschaft beim Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Kraft verdeutlichte, dass umfangreiche Maßnahmen notwendig sind, um Niedersachsens Klimaneutralität bis 2030 zu erreichen: Bau neuer Hochspannungsleitungen, Einführung intelligenter Stromnetze, flexible Lösungen wie Batteriespeicher und Lastmanagement sowie die Verbesserung der Energieeffizienz. Leistungsfähige Datennetze sind zur Überwachung, Datenerhebung und Optimierung notwendig.
Die meisten Verantwortlichen haben sich auf den Weg gemacht. Eine Umfrage des VKU ergab, dass 69 Prozent dem Netzausbau positiv gegenüberstehen. Für sie ist die Transformation eine Chance. Was sie umtreibt, sind der riesige Investitionsbedarf von 721 Milliarden Euro, fehlende Tiefbaukapazitäten und Fachkräfte sowie der drohende staatliche Überbau.
Geteilte Kosten
Deshalb setzen Kommunen und Unternehmen immer mehr auf Open Access. Der Vorteil: Mehrere Akteure teilen sich das Netz und die Kosten. VKU-Mann Stock nannte als positive Beispiele den Eigenbetrieb „Breitband Landkreis Diepholz“, Glasfaser Nordwest und die SWO Netz GmbH, eine Tochter des Stadtwerks Osnabrück.
Ein Beispiel für den Glasfaserausbau ohne Fördermittel ist die Stadt Buchholz südlich von Hamburg. Jens Moje und Jan Bauer von Buchholz Digital GmbH, einer Tochter des Stadtwerks, erläuterten, wie das kommunale Unternehmen vorhandene Synergien nutzt. Bereits 2012 begann in der 40.000-Einwohner-Kommune die Glasfaser-Zukunft. Zusammen mit den benachbarten Stadtwerken Norderstedt haben die Buchholzer 15.000 Anschlüsse um- und aufgerüstet – mit Erfolg. Laut Moje liegt die Akquisequote im Stadtgebiet bei 58 Prozent, außerhalb bei 32 Prozent. Er sprach von der „Leidenschaft für den Infrastrukturwechsel.“
Torsten Kropp
Ulf Buschmann ist freier Journalist in Bremen. Für die DEMOKRATISCHE GEMEINDE ist er seit 1998 als Autor tätig.