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Daldrup: SPD ist Union bei Grundsteuer weit entgegengekommen

Die Berechnung der Grundsteuer soll etwas einfacher werden als zunächst von Finanzminister Scholz geplant. Damit werde sie auch weniger gerecht, merkt der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Bernhard Daldrup an. Im Interview erklärt er, weshalb die Reform trotzdem nicht zu hohen Mietsteigerungen führen wird.
von Carl-Friedrich Höck · 4. Februar 2019
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DEMO: Bund und Länder haben sich auf Eckpunkte für eine Grundsteuerreform geeinigt. Danach wird die Berechnung auch weiterhin vom Wert der Grundstücke abhängig bleiben. Jedoch sollen dafür keine individuellen Mieten mehr herangezogen werden, sondern Durchschnittsmieten für das jeweilige Wohngebiet. Welche Vor- und Nachteile hat der gefundene Kompromiss?

Daldrup: Jede Form von Durchschnittsbetrachtung führt einerseits zur Vereinfachung - das ist ja ein Ziel dieses Vorschlages –, andererseits aber auch zu Unschärfen, zugespitzt gesagt: zu weniger Gerechtigkeit. Ein Beispiel: Mieter zahlen für zwei gleich große Wohnungen in benachbarten Häusern unterschiedliche Mieten. Der seit vielen Jahren dort wohnende Mieter in einer Wohnung mit einfachem Standard weniger und der Neumieter in einer Wohnung mit gehobenem Standard mehr. Die Durchschnittsbetrachtung nivelliert diese Unterschiede, obwohl der Ertragswert bei Wohnungen differiert. Es besteht die Gefahr, dass in Gebieten, in denen es eine Gentrifizierung gibt, weil einkommensstärkere Mieter kommen, dies zu Lasten der Alteingesessenen, die geringere Mieten zahlen, geht. Es ist deshalb wichtig, dass im Falle unter der Durchschnittsmiete liegenden Nettokaltmieten diese der Ertragswertermittlung zugrunde gelegt werden.  Der Kompromiss der Finanzminister von Bund und Länder bedeutet einerseits ein großes Entgegenkommen gegenüber der CDU/CSU. Die SPD-Seite ist andererseits weiterhin bestrebt, Belastungen für einkommensschwache Mieter zu verhindern.

Der Mieterbund fürchtet, dass die Grundsteuer steigen werde und Wohnen dadurch teurer wird. Und zwar vor allem dort, wo die das Mietniveau ohnehin schon hoch ist, also in den Ballungsräumen. Ist die Befürchtung berechtigt?

Die Grundsteuer hatte auf die Mietentwicklung, vor allem auf die exorbitanten Mietsteigerungen der Vergangenheit keinen Einfluss. Die Grundsteuerbelastung ist mit bundesdurchschnittlich 18 Cent pro Quadratmeter und Monat, also 18 Euro bei einer 100qm-Wohnung, zwar auch eine Belastung, aber sie liegt auf der Höhe der Kosten für Abfall oder Hausversicherungen. Würde die Grundsteuer nach dem geltenden, verfassungswidrigen Modell fortgeschrieben, kämen die Wertsteigerungen der Grundstücke und Gebäude seit dem letzten Feststellungszeitpunkt auch zum Ausdruck. Im Vergleich dazu steigen beim wertorientierten Modell, das der Bundesfinanzminister vorgelegt hat, die Belastungen für Mieter insgesamt betrachtet nicht. Aber das ist natürlich eine Durchschnittsbetrachtung. Im Einzelfall kann und wird das anders aussehen, auch weil es Faktoren gibt, auf die der Bund keinen Einfluss hat. Die Kommunen entscheiden nämlich vor Ort über die Höhe des Hebesatzes. Das muss so sein und ist auch gut so. Seitens des Bundes ist ein Modell vorgelegt worden, das die Höhe der Grundsteuer sicherstellen will, nämlich bei etwa 14 Milliarden Euro. Dieses Geld ist für die Kommunen unverzichtbar und von keiner staatlichen Ebene ersetzbar.

Der Bund kann zwar den Rahmen vorgeben, aber sie sagen ja selbst: Letztlich entscheiden die Kommunen mit dem Hebesatz über die Höhe der gezahlten Steuer. Für diese könnte die Reform eine Versuchung sein. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass ein großer Teil der Kommunen die Gunst der Stunde nutzt, um die Steuern anzuheben?

Wir reden jetzt über das Jahr 2025. Dann erst wird die neue Grundsteuer abschließend umgesetzt sein. Die Kommunen sind einerseits sehr verantwortungsbewusst und haben andererseits auch in ihren Gemeindeordnungen eine Rangfolge der Einnahmebeschaffung, bei der Steuererhöhungen an letzter Stelle stehen. Dennoch kann es sein, dass einzelne Kommunen den Hebesatz der Grundsteuer nicht anpassen, entweder weil sie dazu auf Grund der Haushaltslage gezwungen sind oder weil sie bestimmte Investitionen tätigen wollen. Das liegt dann aber nicht an der Grundsteuerreform, sondern ist eine Frage der Kommunalpolitik – und das ist gut so.

Vereinbart wurde auch, dass eine „Grundsteuer C“ eingeführt wird: Also eine Art Sondersteuer, die Kommunen auf unbebaute, baureife Grundstücke erheben. Was erhoffen Sie sich von der neuen Steuerart?

In nahezu allen Städten gibt es Baulücken, die aus unterschiedlichen Gründen nicht genutzt werden. In einer Zeit von Flächenknappheit, Wohnungsnot und galoppierenden Bodenpreisen ist dieser Zustand nicht akzeptabel. Das Horten von Grundstücken entspricht auch nicht der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, das unser Grundgesetz neben dem Schutz des Eigentums verlangt.  Wir verfolgen drei Ziele: Bessere Mobilisierung von Grundstücken, Erschwernis der Bodenspekulation, Ermöglichung für die Kommunen, diese Steuer einzuführen. Gemeinsam mit leichteren Möglichkeiten für das Bau- und Modernisierungsgebot, das im Rahmen der Novelle des Baugesetzbuches erfolgen muss, entstehen Instrumente, die eine sinnvolle Stadtentwicklung fördern und zum Beispiel mehr Flächen für den Wohnungsbau in zentralen Lagen erschließen.

Ganz einig scheinen sich Bund und Länder noch nicht zu sein: CSU-Chef Markus Söder sagt zu dem Kompromissmodell: „Bayern und die CSU sehen es noch nicht als zustimmungsfähig an.“ An welchem Punkt hakt es noch – und welche Folgen hat es, wenn sich Bayern weiter quer stellt?

Leider spielt Bayern auch nach dem Wechsel von Seehofer zu Söder an der CSU-Spitze keine gute Rolle. Der Bund und die Länder sind mit gutem Willen aufeinander zugegangen. Wenn sich die bayrische Landesregierung querstellt, handelt sie verantwortungslos gegenüber den Ländern und den Kommunen in ganz Deutschland. Die CSU hat als Teil der Koalition eine staatspolitische Verantwortung, die nicht dem Kalkül der CSU unterliegt. Wenn die Grundsteuerreform scheitert, fehlen den Kommunen 14 Milliarden jährlich. Das öffentliche Finanzgefüge geriete insgesamt in einer Schieflage. Nicht zuletzt im Wissen um diese Verantwortung unterstützen auch all drei kommunalen Spitzenverbände den Kompromiss, der auf dem wertabhängigen Modell beruht.

 

Bernhard Daldrup ist kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen.
Die Eckpunkte, auf die sich Bund und Länder geeinigt haben, können Sie auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums nachlesen.

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