In Höxter steht Deutschlands erstes Spielplatzklo für Kinder
Schnell mal aufs Klo gehen ist an vielen Spielplätzen nicht möglich. Und ein Toilettenhäuschen zu errichten ist für Kommunen teuer. Nun hat eine Frankfurterin eine simple Lösung entwickelt.
Oilette GmbH
Höxters Bürgermeister Daniel Hartmann, Jasmin Erdmann (Kinderschutzbund), Vanessa Senses und Kathrin Valencia (Entwicklerinnen der „Oilette”) und Sina Schreiber (Kinderschutzbund)
Wenn Kinder beim Spielen ein dringendes Bedürfnis überkommt, stehen sie oft vor einem Problem. Denn an vielen Spielplätzen fehlt eine öffentliche Toilette in der Nähe. Manche Eltern behelfen sich damit, dass sie ihren Nachwuchs über die Büsche halten. Für die Beteiligten ist das nicht besonders angenehm.
Seit wenigen Tagen steht in der Stadt Höxter (Nordrhein-Westfalen) eine kleine Innovation, die Abhilfe verschaffen soll. Hier wurde Deutschlands vermutlich erstes Spielplatz-Klo aufgestellt. Einfach und unspektakulär sieht es aus: An einer Metallstange ist eine kleine Klobrille befestigt. Darüber kann eine Tüte angebracht werden, in die dann das große oder kleine Geschäft verrichtet wird. Zum Kinderklo gehören außerdem ein Tütenspender sowie ein Mülleimer für die benutzten Tüten.
Öffentliche Klos sind großer Kostenfaktor
Entwickelt wurde die Idee in Frankfurt am Main. Kathrin Valencia ist selbst Mutter von zwei Jungs. Sobald diese windelfrei waren, sei es herausfordernd geworden, mit ihnen rauszugehen, erzählt sie am Telefon. Sie nahm deswegen mit ihrer Stadtverwaltung Kontakt auf, doch die konnte nicht weiterhelfen. Die klassischen öffentlichen Klos kosten viel Geld. Die Stadt Berlin zum Beispiel beziffert die Anschaffungskosten für eine einzige öffentliche Toilette auf 135.000 Euro. Dazu kommen Unterhaltungskosten, die sich pro Jahr schnell auf mehrere zehntausend Euro summieren können. Ein Aufwand, der insbesondere für kleine Spielplätze kaum zu leisten ist, schon gar nicht von finanzschwachen Kommunen.
Valencia dagegen meinte: „Es braucht eigentlich nicht viel, nur etwas zum Draufsetzen.“ Eines Abends habe sie die zündende Idee gehabt, das aufgemalt und von einem befreundeten Metallbauer umsetzen lassen. Gemeinsam mit der Buchhalterin Vanessa Senses, ebenfalls zweifache Mutter, gründete sie vor einem Jahr die „Oilette GmbH“.
Kinderschutzbund Höxter hält die Toilette für sicher
Dass die erste „Oilette“ nun im knapp 200 Kilometer entfernten Höxter aufgestellt wurde, geht auf eine Initiative des örtlichen Kinderschutzbundes zurück. Er überredete den Bürgermeister und übernahm sogar die Kosten. Ein Spielplatzklo ist mit 2.890 Euro deutlich günstiger als klassische Toilettenhäuschen. Am 19. März wurde die Konstruktion auf dem Spielplatz „Lehmbreite“ aufgestellt. „Die Eltern sind bislang sehr begeistert“, berichtet der Ortsverband Höxter des Kinderschutzbundes.
Dem Verein geht es auch um die Sicherheit der Kinder. Wenn sie ihr Geschäft in den Büschen oder hinter Hecken verrichten müssten, sei das weder sicher noch hygienisch. Die neuen Toiletten seien so konzipiert, dass sie zwar Privatsphäre böten, weil sie sichtgeschützt platziert seien – in Höxter hinter Büschen. Es entstünden aber keine versteckten und abgeschlossenen Räume, in denen Missbrauch stattfinden könne.
Die Nachfrage steigt
Die neuen Spielplatzklos werden demnächst wohl auch in vielen anderen Städten und Gemeinden zu sehen sein. Dafür sorgen auch die Medienberichte der vergangenen Tage. „Unser Postfach explodiert mit Anfragen“, berichtet Kathrin Valencia. Kommunen hätten allerdings lange Abstimmungsprozesse.
Valencia ist zuversichtlich, dass ihr junges Unternehmen die Nachfrage bedienen kann. Die Klos würden in einer Metallwerkstatt in Chemnitz produziert, Lagerkapazitäten seien dort ausreichend vorhanden. Wenn eine Kommune gleich größere Mengen bestellt, gibt es Rabatt: Ab 41 „Oiletten“ sinkt der Preis auf 2.570 Euro. Aktuell arbeitet die Firma an einer Variante, die mit Sichtschutz angeboten wird. Viele Städte hätten danach gefragt, berichtet Valencia.
Die Unterhaltungskosten hält sie für überschaubar. Die Edelstahlkonstruktionen seien leicht zu reinigen und wartungsarm. Und als Tüten fürs Klo könnten auch handelsübliche Müllbeutel verwendet werden, wie sie jeder Haushalt zuhause habe.
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.