Kita-Studie: Große Unterschiede beim Einsatz von Fachkräften
Eine neue Bertelsmann-Studie zeigt: Die Qualität von Kitas in Deutschland hängt stark vom Wohnort ab. Während in einigen Regionen fast alle Fachkräfte qualifiziert sind, betreuen andernorts oft unzureichend ausgebildete Kräfte die Kinder.
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Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung macht auf große Ungleichheiten in Deutschland beim Einsatz von hoch qualifiziertem Personal aufmerksam.
Gute Bildung für alle Kinder in Kindertagesstätten – daran mangelt es laut einer neuen Studie in Deutschland. Im Gegenteil: Das Angebot und die Qualität der Kindertagesbetreuung hängen stark vom Wohnort des Kindes und seiner Familie ab. „In einigen Bundesländern sind Fachkräfte in Kitas für doppelt so viele Kinder verantwortlich wie in anderen. Aber auch innerhalb der Bundesländer erfahren Kinder je nach Region sehr unterschiedliche Kita-Qualität“, heißt es in der Untersuchung. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Bertelsmann Stiftung.
Kita-Personal: Große regionale Unterschiede
In dem Papier mit dem Titel „Prekäre Professionalität? – Regionale Disparitäten in der Fachkraftquote von Kita-Teams“ werden die personellen Engpässe thematisiert, die vielerorts durch den Fachkräftemangel entstehen. Die Autorinnen haben untersucht, wie Träger und Kitas darauf reagieren. Ein Befund: Auch Personal „mit geringer pädagogischer oder gar fachfremder Qualifikation“ wird eingesetzt. Möglich sei das durch veränderte landesrechtliche Regelungen geworden, so die Studie.
Dabei zeigen sich erhebliche regionale Unterschiede. Die Autorinnen haben ermittelt, wie viele Fachkräfte mit einschlägigem Abschluss pro Kita arbeiten. Zum Stichtag 1. März 2024 lag dieser Anteil in Bayern lediglich bei 54,5 Prozent. Thüringen erreichte mit 94,3 Prozent den Spitzenwert, gefolgt von Sachsen mit 92,4 Prozent. Insgesamt schneiden die ostdeutschen Bundesländer (einschließlich Berlin) deutlich besser ab, mit einem Durchschnitt von knapp 97 Prozent. Der Westen kommt nur auf 68,6 Prozent.
Auf Ebene von Städten und Landkreisen vertiefen sich die Unterschiede noch. Ein Beispiel aus Baden-Württemberg zeigt: In der Kommune mit dem niedrigsten Anteil liegt die Quote hochqualifizierten Personals bei nur 3,7 Prozent, während die Kommune mit dem höchsten Anteil rund 44 Prozent erreicht. „Bildungsgerechtigkeit sieht anders aus“, lautet das Fazit der Autorinnen. Die Studie kann im Internet heruntergeladen werden: Regionale Fachkraftquote 2025 (PDF).
Qualifizierung des Personals sinkt
Das sind jedoch nicht die einzigen wichtigen Befunde. Denn die Expertinnen haben die Entwicklung auch über mehrere Jahre hinweg betrachtet. „Unsere Analyse zeigt, dass der Anteil hochqualifizierter Fachkräfte in Kitas sinkt“, sagte Anette Stein von der Bertelsmann Stiftung. Dieser Trend sei in den meisten Bundesländern erkennbar – und das trotz der hohen Erwartungen, die an Kitas und ihre Bildungsarbeit gestellt würden.
Das wirkt sich allmählich auf das gesamte Berufsfeld aus: „Es zeigt sich eine Tendenz zur De-Professionalisierung durch eine strukturelle Absenkung des Qualifikationsniveaus“, heißt es. Hintergrund: Mit professioneller pädagogischer Arbeit ist in der Regel Niveau 6 des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) gemeint – erreichbar entweder durch ein Bachelorstudium oder durch die Ausbildung beziehungsweise Weiterbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin oder zum staatlich anerkannten Erzieher.
Verdi-Gewerkschafterin Behle fordert Lösungen
Die Gewerkschaft ver.di sieht sich durch die Ergebnisse bestätigt: „Die heute veröffentlichte Kita-Studie der Bertelsmann Stiftung belegt die von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) seit Jahren kritisierte Entwicklung in Kindertagesstätten hin zu einer De-Professionalisierung – also dem Einsatz von immer mehr nicht ausreichend qualifiziertem Personal, mit dramatischen Folgen für die Qualität der pädagogischen Arbeit.“
Christine Behle, stellvertretende ver.di-Vorsitzende, betonte: „Gerade die unterschiedliche regionale Verteilung zeigt, wie stark der Einsatz qualifizierter Fachkräfte von der jeweiligen Kassenlage der Kommunen abhängt.“ Es dürfe jedoch nicht sein, dass Strukturprobleme zu Lasten der Kinder und der Beschäftigten gingen. Sie forderte „endlich Lösungen, statt weiter den Ressourcenmangel zu verwalten“. Es muss aufhören, dass sich Bund, Länder und Kommunen gegenseitig die Verantwortung zuschieben.“
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.