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Marburg: Prämie für abgemeldetes Auto

Für den Umstieg auf umweltfreundliche Mobilität hat die hessische Stadt Marburg sich etwas Innovatives ausgedacht: Wer das eigene private Fahrzeug abmeldet oder abschafft, dem winkt eine Prämie bis zu 1250 Euro. 

von Karin Billanitsch · 20. Juni 2024
Historische Innenstadt von Marburg. Die Stadt möchte einen zukunftsfähigen Mobilitätsmix erreichen.

Historische Innenstadt von Marburg. Die Stadt möchte einen zukunftsfähigen Mobilitätsmix erreichen. 

Um einen Anreiz dafür zu schaffen, dass Marburgs Bürger*innen vom Auto auf ein umweltfreundliches Verkehrsmittel umsteigen, gibt es eine Förderung: Damit können die Menschen in Marburg ein Jahr lang einen Carsharing-Anbieter nutzen, in Bus und Bahn einsteigen und auch noch per Marburg-Gutschein in Geschäften und Gastronomie bezahlen.

Anreiz zum Verzicht

„Ein Drittel der Autobesitzenden in Städten mit einem guten Mobilitätsangebot sagen, dass sie ihr eigenes Auto eigentlich so gut wie gar nicht brauchen“, sagt Stadtrat Dr. Michael Kopatz, der das „Marburger Modell“ entwickelt hat. Das ist das Ergebnis einer Befragung. Besonders in der Marburger Kernstadt gebe es viele Menschen, die über ihr Auto sagen „eigentlich brauche ich es nicht“.

Deshalb wirbt Oberbürgermeister Thomas Spies (SPD)  für das Modell: „Das Ziel der städtischen Mobilitätspolitik ist es, Menschen durch Angebote für eine zukunftsfähige Mobilität zu gewinnen.“ Immer mehr Menschen würden darüber nachdenken, ob sie wirklich ein eigenen Auto benötigen, so der OB.  „Denn tatsächlich steht ein Privatauto in Deutschland im Schnitt 23 Stunden am Tag – zu Hause, bei der Arbeit, an der Schule oder anderswo, statt bewegt zu werden“, erklärt OB Spies. Manche Fahrzeuge würden in der Innenstadt, wo der Platz knapp ist, Tage, Wochen, manchmal Monate nicht bewegt.

Wertvolle Flächen blockiert

„Das blockiert wertvolle Innenstadtflächen und bedeutet für denjenigen, die auf ihr Auto angewiesen sind, eine unnötige Erschwernis und blockiere knappen Raum.“  Der Platz könnte besser genutzt werden. Für Maßnahmen zur Klimaanpassung – wie Grünanlagen, Baumpflanzungen und größere Baumscheiben – , Stellplätze für Fahrräder und CarSharing-Fahrzeuge oder auch Radwege. Das sind Beispiele, die in der Vorlage für den Stadtrat aufgelistet sind. Wichtig ist Kopatz: Ziel der Prämie im Marburger Modell sei nicht der völlige Verzicht auf einen Pkw, sondern eine abgewogene Nutzung.

Das Anreizsystem funktioniert so: Maximal 1.250 Euro gibt es als Guthaben. Das teilt sich laut Pressemitteilung der Stadt so auf:

 

  • Klimaboni: 50 Euro
  • Scouter oder Bürger*innen-Carsharing: bis zu 800 Euro
  • Marburg-Gutscheine: bis zu 400 Euro für regionale Lokale und Geschäfte
  • Mobilitätsangebote der Stadtwerke Marburg: bis zu 600 Euro (entspricht einem Jahresabo Deutschland-Ticket).

 

Im Haushalt hat die Stadt dafür laut Stadtratsvorlage 150.000 Euro bereitgestellt. „Den Antrag für die Prämie können alle Marburger Halter*innen stellen, die mindestens noch ein Jahr in Marburg wohnen und in der Zeit ihr in Marburg zugelassenes Privatauto abmelden“, informiert die Stadt. Die Pilotphase mit einer Prämie für die ersten 50 abgemeldeten Pkw soll direkt nach dem Beschluss der Stadtverordneten Mitte Juni starten. Die ersten Anfragen dazu liegen bei der Stadt bereits vor. Kopatz verweist bei der Vorstellung des Konzepts außerdem auf Berechnungen, wonach bei jährlicher Fahrleistung unter 10.000 – 14.000 km das Carsharing meist günstiger als ein eigenes Auto.

Stadtmarketing-Geschäftsführer Jan Röllmann sieht mehrere Vorteile: „Wir finden den Mix der Förderung sehr schön und freuen uns, dass neben dem ÖPNV und dem Carsharing auch die lokale Wirtschaft gestärkt wird. Das sichert Arbeitsplätze und Umsätze.“

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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