Schwimmbadmangel: Was Container-Lösungen leisten können
Im Landkreis Göttingen müssen zwei Bäder saniert werden. Als Übergangslösung will der Kreis einen Schwimmcontainer anschaffen – nach dem Vorbild anderer Bundesländer. Die DLRG hält solche Container nur unter bestimmten Bedingungen für sinnvoll.
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Schwimmcontainer in Nordrhein-Westfalen (November 2024): Ein ähnliches Modell soll bald auch im Kreis Göttingen zum Einsatz kommen.
Schwimmen üben sollen die Kinder im Landkreis Göttingen künftig in einer Box. Der Kreistag hat am 19. März beschlossen, einen neu gefertigten Schwimmcontainer im Wert von rund 700.000 Euro anzuschaffen. Das Becken soll etwa 13 Meter lang, knapp drei Meter breit und bis zu 1,30 Meter tief sein.
Sanierung soll überbrückt werden
Damit will der Kreis eine Behelfslösung schaffen, weil demnächst zwei Schwimmhallen saniert werden müssen. Die Schwimmhalle Adelebsen wird ab 2026 etwa eineinhalb Jahre geschlossen sein. Anschließend soll der Container nach Hannoversch Münden umziehen, wo ebenfalls eine Sanierung ansteht.
Vorbild für die Aktion ist das Land Nordrhein-Westfalen. Dort wurde 2023 das Projekt „Narwali“ ins Leben gerufen und von der Landesregierung mit drei Millionen Euro gefördert. Fünf umgebaute Überseecontainer stehen zum Planschen bereit, um Kinder im Vor- und Grundschulalter ans Wasser zu gewöhnen. Anders als im Kreis Göttingen wechseln sie ihren Standort alle paar Wochen. Mobile Schwimmbecken gibt es auch in Baden-Württemberg. Hier betreibt die Josef-Wund-Stiftung nach eigenen Angaben vier Schwimmmobile.
DLRG: Container können negative Folgen abmildern
Einen vollwertigen Ersatz für echte Schwimmbäder stellen die mobilen Lösungen nach Ansicht der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) jedoch nicht da. Wegen der geringen Beckengröße könnten in den Containern nur Kleingruppen trainieren, antwortet die Pressestelle auf DEMO-Anfrage. „Das Ziel der flächendeckenden Ausbildung von sicheren Schwimmern (Deutsches Schwimmabzeichen Bronze) kann nicht erreicht werden.“
Solche Notlösungen könnten aber sinnvoll sein, um die negativen Folgen abzumildern, wenn ein Bad für eine Sanierung monatelang geschlossen werden müsse und keine Ausweichlösung zur Verfügung stehe. Denn schon das habe zur Folge, dass mehrere Jahrgänge das Schwimmen nicht erlernen. Mit dem Einsatz der Container „ist es möglich, insbesondere Kita- und Grundschulkindern spielerisch die Angst vor dem Element Wasser zu nehmen“ und sie wichtige Erfahrungen sammeln zu lassen, so die DLRG.
Sie schlägt vor, den Einsatz von mobilen Pools in ein Gesamtkonzept einzubinden, das anschließend die Ausbildung über das Seepferdchen bis zum Freischwimmer-Abzeichen sicherstellt. Während der Herbst- und Winterzeit könnten Kinder an die Bewegung im Wasser gewöhnt werden. Die anschließende Badesaison könne dann genutzt werden, um Kindern im See oder Freibad das Schwimmen beizubringen.
Viele Kinder sind im Wasser unsicher
Der Anteil der Kinder, die gut schwimmen können, sinkt seit Jahren kontinuierlich. In einer DLRG-Umfrage aus dem Jahr 2022 gaben nur 57 Prozent der Eltern an, dass ihre Kinder sichere Schwimmer seien. Der Verein hält diese Einschätzung sogar noch für zu optimistisch. Laut DLRG können 20 Prozent der Schulen keinen Schwimmunterricht mehr erteilen, weil die nötige Infrastruktur fehlt.
Das liegt auch daran, dass viele Kommunen aus Geldnot bei den Schwimmbädern gespart haben. Die DLRG schätzt, dass in den vergangenen 25 Jahren mehrere hundert Schwimmbäder verlorengegangen sind. Und die verbliebenen sind vielfach sanierungsbedürftig. Als das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) im Oktober 2024 die Kämmereien befragte, gaben 62 Prozent der Kommunen an, dass der Investitionsrückstand bei den Hallenbädern nennenswert oder sogar gravierend sei.
Um den Schwimmbetrieb trotz Finanznöten und Sanierungsstau aufrechtzuerhalten, sind ungewöhnliche Lösungen gefragt. In Berlin-Kreuzberg wurde ein Schwimmbad temporär überdacht. Auch die Stadt Hameln hat ein Freibad mit einer Traglufthalle ausgestattet, um während einer mehrjährigen Sanierung des städtischen Hallenbades die Wintersaison zu überbrücken. Die DLRG rät Kommunen dazu, noch stärker zusammenzuarbeiten, um Bedarfe gemeinsam zu erfassen und zu decken. Ein gelungenes Beispiel sei das Hallenbad in der Gemeinde Geretsried im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Es werde von sieben Kommunen gemeinsam genutzt.
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.