Stadt im Wandel: Luckenwalde steht im Zentrum des Schinkel-Wettbewerbs 2026
Seit über 160 Jahren fördert der Schinkel-Wettbewerb junge Talente in Architektur, Stadtplanung und Ingenieurwesen. 2026 richtet sich der Blick nach Luckenwalde – eine Stadt, die ihren Strukturwandel aktiv gestaltet und nun zur Plattform für kreative Ideen wird.
Karin Billanitsch
Leiter des Stadtplanungsamtes, Peter Mann und Bürgermeisterin Elisabeth Herzog von der Heide in Luckenwalde.
Der Schinkel-Wettbewerb des Architekten- und Ingenieurvereins zu Berlin-Brandenburg e.V. (AIV) hat eine lange Tradition. Seit mehr als 160 Jahren organisiert der Verein „den wichtigsten internationalen Nachwuchswettbewerb“ Deutschlands. Dabei werden Städte und Orte in Berlin und Brandenburg ausgewählt.
Nicole Zahner vom Schinkel-Ausschuss des AIV betont: „Das Besondere ist, dass der Wettbewerb interdisziplinär ist. Er richtet sich nicht nur an Architektinnen, sondern auch an Stadtplanerinnen, Ingenieurinnen und Künstlerinnen.“ Insgesamt werden Preisgelder von bis zu 30.000 Euro vergeben.
Schinkel-Wettbewerb 2026: Fokus auf Luckenwalde
Im Jahr 2026 steht die Stadt Luckenwalde im Zentrum. Das Motto lautet „Stadt im Wandel“. Zahner erklärt die Entscheidung: „Luckenwalde steht beispielhaft für viele Mittelstädte rund um Berlin. Die Stadt hat sich eigenständig entwickelt und ist zugleich sehr gut an Berlin angebunden.“
Luckenwalde, rund 50 Kilometer südlich von Berlin gelegen, entwickelte sich von einer florierenden mittelalterlichen Handelsstadt zu einer Industriestadt, die ihre Blütezeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte. Zwei Weltkriege, die DDR-Zeit und die Wende hinterließen ebenfalls Spuren.
Vom Industriestandort zur modernen Kommune
Bürgermeisterin Elisabeth Herzog von der Heide, seit 2002 im Amt, blickt zurück: „Luckenwalde wurde die Stadt der Schornsteine genannt. Sie gehört zu den ältesten industriellen Kernen Brandenburgs.“ Als die Stadt 1841 an die Eisenbahnverbindung zwischen Berlin, Halle und Leipzig angebunden wurde, begann die Industrialisierung „Innerhalb von 50 Jahren verdreifachte sich die Bevölkerung auf 25.000 – und hielt diese Zahl bis zur Wende.“ Die SPD war und ist in der ehemaligen industriellen Hochburg der Region stark verwurzelt.
Doch nach der Wende begann 1910 ein massiver Strukturwandel. „Viele Betriebe schlossen, wir hatten rund 80 Industrie-Brachen. Die Einwohnerzahl sank auf knapp 20.000. Damals hatten wir die Erkenntnis: Wir sind fern von blühenden Landschaften. Wir sind eine schrumpfende Stadt – und dieser Prozess muss organisiert werden.“ Die Stadt reagierte mit aktivem Stadtumbau: Abriss leerstehender Wohnungen, Schließung oder Sanierung von Kitas und Schulen und die Sanierung von 120 Gründerzeitwohnungen.
Einige Projekte gelten heute als vorbildlich: Der alte Bahnhof wurde zur modernen Medienbibliothek umgebaut, das ehemalige Gaswerksgelände saniert und mit Parkplätzen und Feuerwehrneubau versehen. Entlang der Nuthe entstand ein Grünzug mit Spazierwegen, die Fußgängerzone wurde erneuert, historische Gebäude wie Post und Hutfabrik zu Wohnungen umgebaut. „Wir sind heute wieder eine wachsende Stadt. Das macht uns attraktiv für Neubürger“, so die Bürgermeisterin.
Das „Karree“ – neues Herzstück der Stadtentwicklung
Heute leben 21.300 Menschen in Luckenwalde – Tendenz steigend. Als nächstes großes Projekt nimmt die Stadt das nächste große Sanierungsprojekt, das „Karree“ in Angriff, ein Areal zwischen Bahnhof und Innenstadt. „Wir haben das Gebiet als Sanierungsgebiet ausgewiesen, in dem eine städtebauliche Erneuerung notwendig ist“, erklärt Peter Mann, Leiter des Stadtplanungsamts. „Aufgrund der Baugeschichte der Stadt befinden sich hier einige alte gewerbliche Kerne, die mittlerweile zum Teil Ruinen sind“, so Mann. Große Bereiche müssten neu geordnet werden, die aus unterschiedlichsten Gründen noch keine Zukunft hätten. „Dass der AIV uns ausgewählt hat, ist kein Zufall – so etwas muss man sich erarbeiten.“
Auswahlverfahren und Wettbewerb
Der AIV sucht die Kandidaten aktiv aus und geht auf sie zu. „Nach mehreren Gesprächen sind wir die Glücklichen gewesen, die ausgewählt wurden“, berichtet Mann. AIV-Vertreterin Zahner ergänzt: „Luckenwalde hat großes Interesse gezeigt und uns offen empfangen.“
Für die Kommune ist das Gewinn: Denn junge Planerinnen und Planer aus verschiedenen Disziplinen entwickeln fachlich fundierte Visionen für eine „Stadt im Wandel“. Zu den Aufgaben der Teilnehmenden gehören unter anderem die Planung einer Kultur- und Veranstaltungshalle, die Nachnutzung eines leerstehenden SB-Marktes aus DDR-Zeiten, Konzepte zur Verkehrs- und Radverkehrsstrategie sowie Überlegungen zur Weiterentwicklung der Grünräume
„Wenn dabei Ideen entstehen, die zu unseren Vorhaben passen, können wir sie übernehmen“, sagt Mann. Die Chancen dafür stehen gut, denn ist ausdrücklich erwünscht, dass die Teilnehmenden sich mit den Planwerken der Stadt auseinandersetzen – „durchaus auch kritisch“, so Mann. Es könnten auch neue Leitbilder entwickelt werden.
Für Elisabeth Herzog von der Heide ist die Nominierung eine Bestätigung: „Der Wettbewerb ist für uns ein Geschenk.“ Sie ist nach vielen Jahren im Amt bei der Bürgermeisterwahl im September nicht mehr angetreten. Der Sozialdemokrat Matthias Grunert hat es in die Stichwahl am 19. Oktober geschafft.
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.