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Was der Geburtenrückgang für den Kita-Ausbau bedeutet

Jahrelang hieß es, in Deutschland fehlen Kita-Plätze. Besonders in Westdeutschland war die Not groß. Doch nun sinkt die Nachfrage in den Betreuungseinrichtungen. Wie gehen Kommunen damit um?

von Carl-Friedrich Höck · 30. Oktober 2025
Blick in die Garderobe einer Kita

Blick in die Garderobe einer Kita: Der Geburtenrückgang macht sich in den Kindertagesstätten und Krippen bemerkbar.

Es ist gerade einmal zwei Jahre her, dass die Bertelsmann-Stiftung Alarm schlug: „Berechnungen zufolge fehlen in Deutschland, vor allem im Westen, rund 430.000 Kita-Plätze“. Zu diesem Ergebnis war das „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ der Stiftung gekommen. Zwar gebe es erkennbare Fortschritte beim Ausbau von Kita-Angeboten, hieß es darin, doch auch der Betreuungsbedarf der Eltern sei gestiegen.

Mittlerweile hat sich die Lage verändert. Denn die Deutschen bekommen weniger Kinder. Laut dem Statistischen Bundesamt wurden im Jahr 2024 insgesamt 677.117 Kinder geboren, zwei Prozent weniger als im Vorjahr. Das war zugleich der niedrigste Wert seit 2013. Zum Vergleich: Im Jahr 2021, also mitten in der Corona-Pandemie, sind 795.492 Kinder lebend zur Welt gekommen. Die Geburtenrate lag damals bei 1,58 Kindern je Frau, im Jahr 2024 war sie auf 1,35 gesunken.

Das hat Folgen für die Kommunen. Wo Eltern vor wenigen Jahren noch Schwierigkeiten hatten, überhaupt einen Kita-Platz für ihr Kind zu finden, gibt es mittlerweile freie Plätze. Die Stadt Köln bestätigt auf DEMO-Anfrage, „dass es teilweise in den Stadtteilen zu auskömmlichen Versorgungssituationen bis hin zu tendenziellen Überangeboten kommt.“ Noch immer gebe es in Köln aber auch Stadtteile mit hohem Ausbau-Bedarf. Die Stadt reagiert auf die neue Situation: Aktuell würden die Planungen für eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung überarbeitet. Dazu werden in den verschiedenen Stadtteilen Regionalkonferenzen durchgeführt.

Köln und Frankfurt passen Kita-Planungen an

Die Kölner Stadtverwaltung schließt nicht aus, dass einzelne Kita-Gebäude geschlossen oder geplante Standorte gar nicht in Betrieb genommen werden. Wörtlich schreibt die Pressestelle: „In Stadtteilen mit tendenziellen Überangeboten sind zum Beispiel Standortoptimierungen bei Aufgabe von Kitagebäuden mit teils hohen Sanierungs- und Investitionsbedarfen denkbar oder die Überprüfung von neuen Kitas, die in der Vergangenheit in Neubaugebieten projektiert wurden.“

Auch Frankfurt am Main bestätigt, dass die Inanspruchnahme der Plätze zurückgegangen ist, wenn auch nur in geringem Umfang. Die Stadt tauscht sich mit den Kita-Trägern aus, wie die bestehenden Kindertageseinrichtungen trotzdem ausgelastet werden können. In der hessischen Metropole beträgt die Versorgungsquote für Unter-Dreijährige 58,1 Prozent. Für die älteren Kinder gibt es dagegen ausreichend Plätze, mit einer Quote von 100,5 Prozent ist das Ziel der Stadt sogar übererfüllt.

Dauerhafte Kita-Schließungen will Frankfurt vermeiden

An manchen Standorten würden nun bestehende Plätze in Angebote für andere Altersgruppen umgewandelt, teilt das Bildungsdezernat mit. Vereinzelt würden auch Gruppen zusammengelegt. Weiter heißt es: „Auch vorübergehende Gruppenschließungen sowie die Entwicklung neuer Konzepte in Kindertageseinrichtungen können standortbezogene Lösungen für eine veränderte Nachfrage nach Betreuungsplätzen sein. Dauerhafte Schließungen von Einrichtungen erfolgen mit Rücksicht auf die Sicherung des Kindeswohls ausschließlich an Standorten, an denen bauliche Gegebenheiten einem weiteren Betrieb entgegenstehen.“

Sowohl Köln als auch Frankfurt berichten, dass der Fachkräftemangel im Kita-Bereich weiterhin besteht. „Es gibt nach wie vor unbesetzte Stellen“, schreibt das Kölner Presseamt.

Im Osten ist Betreuungsangebot zu groß

Viele westdeutsche Kommunen haben die Zahl der Kita-Plätze erst in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut. Die demografische Entwicklung schwächt den Mangel an Kita-Plätzen ab, beseitigt ihn aber in der Gesamtbetrachtung nicht. In den ostdeutschen Bundesländern ist die Situation eine andere, weil es hier traditionell viele Kitas gibt und die Vollversorgung teilweise bereits erreicht war. Die sinkende Geburtenzahl führt nun dazu, dass Kitas dicht gemacht werden müssen. In Thüringen zum Beispiel stellen laut einem Medienbericht vom Sommer drei Kitas im Altenburger Land ihren Betrieb ein. In Dornburg wird das Gebäude einer Kindertagesstätte zu einer Tagespflege umgewidmet.

Dresdens Bildungsbürgermeister Jan Donhauser (CDU) teilt auf DEMO-Anfrage mit: In Sachsens Landeshauptstadt würden „die im Zuge der Ausweitung des Kita-Rechtsanspruches im Jahr 2013 temporär geschaffenen Mobilen Raumeinheiten nunmehr sukzessive geschlossen und damit Kapazitäten reduziert.”

In Berlin ist laut einem aktuellen RBB-Bericht fast jeder zehnte Kita-Platz nicht belegt. Die landeseigenen Kita-Betreiber hätten finanzielle Probleme, heißt es da. Der Berliner Eigenbetrieb Kindergärten-City könne seine Auszubildenden teilweise nicht mehr übernehmen. Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) will nun den Betreuungsschlüssel verbessern und so Erzieher*innen im System der Kitas halten.

Vor diesem Hintergrund dürften viele Kommunen mit Spannung erwarten, in welchem Umfang der Bund sich künftig daran beteiligt, Kita-Plätze zu schaffen oder die Betreuungsqualität zu verbessern. Aktuell tut er dies im Rahmen des KiTa-Qualitätsgesetzes. Damit unterstützt der Bund die Länder in den Jahren 2023 bis 2026 mit insgesamt acht Milliarden Euro. Es soll von einem „Qualitätsentwicklungsgesetz“ abgelöst werden, das – so der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD – unter anderem eine zusätzliche Förderung für Sprach-Kitas und Startchancen-Kitas vorsieht. 

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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