Wie Städte zwischen Deutschland und der Türkei Brücken bauen
Deutsche und türkische Kommunalpolitiker*innen treffen sich heute in Istanbul auf einer Städtepartnerschaftskonferenz. Das ist ein wichtiges Signal für den demokratischen Dialog zwischen den beiden Ländern.
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Proteste am 20. März 2025 gegen die Inhaftierung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem Imamoğlu im Istanbuler Stadtteil Fatih. Eine Demonstrantin hält eine Fahne mit dem Portrait des Kommunalpolitikers in den Händen.
Er sollte eigentlich der Gastgeber sein: Istanbuls Oberbürgermeister Ekrem Imamoğlu. Eine Demonstrantin hält eine Fahne mit einem Portrait in den Händen. Er hätte am heutigen Dienstag die Spitzenvertreter deutscher Kommunen auf der deutsch-türkischen Städtepartnerschaftskonferenz begrüßt. Nach seiner Verhaftung findet der vom türkischen Gemeindebund TBB organisierte geplante Kongress dennoch statt, mit dem Deutschem Städtetag als Kooperationspartner.
Mehr als 100 Partnerschaften
„Städte sind Orte, an denen gesellschaftlicher Zusammenhalt und Austausch konkret wird: durch Mitbestimmung, Vielfalt und das tägliche Ringen um gemeinsame Lösungen. Das wissen kommunalpolitisch Aktive in der Türkei wie auch in Deutschland“, erklärte der hannoveraner Oberbürgermeister und Stellvertreter des Präsidenten des Deutschen Städtetags, Belit Onay, im Vorfeld der Konferenz. Wo Menschen sich einbringen könnten, wachse Vertrauen, fügte Onay hinzu.
Der Deutsche Städtetag sieht in dem Treffen ein wichtiges Signal: „Deutsche Städte stehen an der Seite der türkischen Städte. In mehr als 100 kommunalen deutsch-türkischen Partnerschaften arbeiten sie eng zusammen“, hieß es in einer Mitteilung. Gemeinsam setzten sich deutsche und türkische Städte etwa für globale Themen wie den Klimaschutz oder die Agenda 2030 ein und arbeiteten bei Themen wie Digitalisierung oder Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung zusammen.
Bürgermeister Andreas Bovenschulte reist an den Bosporus
Einen intensiven Austausch unterhält zum Beispiel Bremen mit der Partnerstadt Izmir seit 1956. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) ist in die Stadt am Bosporus gereist: „Gerade in schwierigen Zeiten ist es notwendig, ein deutliches Signal für die kommunale Demokratie zu setzen und für die Solidarität mit bedrängten Bürgermeistern einzutreten. Dies gilt insbesondere für meinen Kollegen Ekrem Imamoğlu aus Istanbul“, betonte Bovenschulte laut einer Pressemitteilung des Senats. Er trifft am heutigen Dienstag auch seinen Amtskollegen Cemil Tugay aus Izmir.
An den Zielen der Konferenz – grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit befördern, gemeinsame demokratische Werte stärken und die Beteiligung der Zivilgesellschaft sichern – sei festzuhalten. Die Bremer möchten mit der Teilnahme an Konferenz ein deutliches Zeichen setzen, „dass den demokratischen Kräften in der Türkei unsere uneingeschränkte Solidarität gilt“.
Neben dem Bremer Bürgermeister nehmen Stadtspitzen aus Köln, Dortmund und zahlreichen weiteren Städten teil, um ihre Pendants aus den jeweiligen Partnerstädten zu treffen. Bovenschulte betonte auch, wie wichtig ihm dieser persönliche Austausch sei: „Nur die persönlichen Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen, die heute in der Türkei für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eintreten, verschaffen den Erkenntnisgewinn, auf dessen Basis wir uns ein Urteil erlauben dürfen.“
Onay: „Brückenbauen für gemeinsame Werte“
Die Konferenz ist bereits die dritte deutsch-türkische Städtepartnerschaftskonferenz seit 2019, teilte der Deutsche Städtetag außerdem mit. Sie sei ein starkes Beispiel für Städtediplomatie und Städtepartnerschaft. „Diese Partnerschaften können Brücken bauen, für unsere gemeinsamen Werte, für Demokratie vor Ort“, sagte Belit Onay.
Das Präsidium des Deutschen Städtetages hatte sich bereits Ende März in einer Resolution mit İmamoğlu solidarisch erklärt sowie zur aktuellen Situation in der Türkei positioniert. Auch die sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (BundesSGK) hatte im März nach der Inhaftierung Imamoğlus und weiterer Bürgermeister*innen und Kommunalpolitiker*innen in einer Resolution ihre Solidarität erklärt und die Verhaftung als „Angriff auf die Demokratie“ verurteilt.
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.