Säumige Eltern

800.000 Kinder profitieren vom neuen Unterhaltsvorschuss

Carl-Friedrich Höck05. September 2019
pleite
Wenn der Vater pleite ist und den Unterhalt nicht zahlen kann, übernimmt der Staat.
Vor zwei Jahren wurde der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende reformiert. Nun zieht das Familienministerium Bilanz: Die Zahl der Kinder, die Geld vom Staat erhalten, hat sich fast verdoppelt. Das hat auch Auswirkungen auf die Kommunen.

Mehr als 805.000 Kinder haben Ende 2018 Unterhaltsvorschuss vom Staat erhalten. Das geht aus einer neuen Statistik aus dem Bundesfamilienministerium hervor. Damit hat sich die Zahl der Kinder, die vom Vorschuss profitieren, innerhalb weniger Monate fast verdoppelt. Im Juni 2017 lag sie noch bei 414.000.

Unterhalts-Reform zugunsten der Kinder

Mit dem Unterhaltsvorschuss greift der Staat Alleinerziehenden unter die Arme, wenn der andere Elternteil mit seinen Unterhaltszahlungen im Rückstand ist. Die Regeln dafür wurden Mitte 2017 geändert, auf Betreiben von Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Denn vorher galten strenge Auflagen: Geld vom Staat gab es nur für Kinder bis zwölf Jahre. Zudem waren die Zahlungen auf maximal 72 Monate begrenzt. Diese Begrenzungen sind nun entfallen. Nun unterstützt der Staat die Alleinerziehenden und ihre Kinder bis zum 18. Geburtstag.

Das vorgestreckte Geld sollen sich die Unterhaltsvorschuss-Stellen nach Möglichkeit von den säumigen Elternteilen zurückholen – oft sind es die Väter. In der Praxis bleibt der Staat jedoch auf den Kosten sitzen. Auch hierzu hat das Familienministerium Zahlen vorgelegt.

In 61 Prozent der Fälle ist ein Rückgriff nicht oder nur teilweise möglich. Der Grund ist meistens, dass das Einkommen des Elternteils zu gering ist. Aber auch eine Insolvenz oder der Tod des Schuldners können zum Zahlungsausfall führen. Nur in 13 Prozent der abgeschlossenen Fälle wurde der Vorschuss bereits vollständig an den Staat zurückgezahlt.

Für Kommunen mehr Aufwand

Die Einführung des neuen Unterhaltsgesetzes wurde von vielen Kommunen mit Sorge begleitet. Denn oft sind – abhängig vom Bundesland – kommunale Behörden für den Unterhaltsvorschuss zuständig. Und mit der Zahl der potenziellen Leistungsempfänger stieg auch der Aufwand für die Behörden. Der Bund war ursprünglich davon ausgegangen, dass nur 120.000 Kinder von der Reform profitieren – diese Zahl erschien Kommunalverbänden schon damals als zu niedrig.

„Eigentlich sind wir voll bestätigt worden“, sagt Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) zu den nun vorgelegten Zahlen. Nach der Reform hätten sich zunächst vielerorts die zahlreichen neuen Anträge gestaut. Dieser Rückstand sei nun weitgehend abgearbeitet. Doch aufgrund des knappen Personals sei es weiter schwierig, gegen säumige Elternteile vorzugehen und sich den Vorschuss zurückzuholen.

Lübking plädiert dafür, diese Aufgabe auf die Landesebene zu übertragen, wie es in Bayern bereits der Fall sei. „Eine Zentralisierung macht durchaus Sinn“, meint der DStGB-Beigeordnete. Die Finanzverwaltungen verfügten auch über die notwendigen Zahlen zur finanziellen Situation der betroffenen Schuldner.

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