Kommunalwahlen in Hessen

AfD schafft bei hessischen Kommunalwahlen prompt zweistelliges Ergebnis

Karin Billanitsch07. März 2016
Der Erfolg der AfD bei den hessischen Kommunalwahlen bringt die etablierten Parteien in die Bredouille.
Der Erfolg der AfD bei den hessischen Kommunalwahlen bringt die etablierten Parteien in die Bredouille.
Die etablierten Parteien SPD, CDU und Grüne haben starke Verluste erlitten. SPD-Politiker betrachten das Erstarken der rechtspopulistischen AfD mit Sorge.

Bei den Kommunalwahlen in Hessen hat die SPD nach dem ersten Trendergebnis Stimmen verloren, ebenso wie die CDU und die Grünen. Mit 28,0 Prozent liegt sie nach dem ersten Ergebnis fast gleichauf mit der CDU mit 28,2 Prozent, die damit ihren Platz als stärkste politische Kraft im Land Hessen nur knapp behaupten kann. Die rechtspopulistische Partei Alternative für Deutschland (AfD) kam aus dem Stand auf 13,2 Prozent. Ausgezählt wurden bisher nur die Stimmen, die eine Liste angekreuzt haben. Insgesamt sind 36 Prozent der Stimmen noch nicht ausgewertet. Es kann also noch Verschiebungen geben.

Die Stimmzettel, bei denen die Wählerinnen und Wähler von der Möglichkeit des Panaschierens und Kumulierens Gebrauch gemacht haben, werden erst vom heutigen Montag an in den Kommunen ausgezählt. Das amtliche Endergebnis der Wahl wird nach Auskunft des Hessischen Statistischen Landesamtes voraussichtlich nicht vor Donnerstag, dem 10. März, vorliegen. So lange dauert es, bis auch die kumulierten und panaschierten Stimmen in allen Städten und Gemeinden ausgezählt sind.

Gutes Abschneiden der AfD in Hessen erschreckt etablierte Politiker

Die größten Verluste fuhren landesweit die Grünen ein, sie bekamen 6,7 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl im Jahr 2011. In der vergangenen Kommunalwahl 2011 hatten sie allerdings nach dem Atomunglück in Fukushima mit 18,3 Prozent ein Spitzenergebnis eingefahren. Die CDU sank um 5,5 Punkte in der Gunst der Wähler, die SPD bekam 3,5 Punkte weniger.

Das starke Ergebnis der AfD besorgt Politiker der etablierten Parteien eine Woche vor den wichtigen Wahlen in den drei Ländern Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz. „Es ist sehr erschreckend“ sagte Eva Högl, die Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, dem ARD-Hauptstadtstudio. „Wenn sie mit zweistelligen Stimmergebnissen in den Landtagen vertreten ist und vielleicht irgendwann im Deutschen Bundestag, wird sich in unserer Gesellschaft sehr viel zum Negativen verändern", sagte die SPD-Politikerin.

AfD zog zahlreiche Protestwähler an

Manfred Schaub, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Hessen, sportpolitischer Sprecher der SPD im Bundesvorstand und Bürgermeister im nordhessischen Baunatal sieht zwei bedenkliche Entwicklungen: „Man merkt, dass bei der AfD in großen Mengen Protestwähler gelandet sind, die uns zum Nachdenken bringen müssen, wie wir an der einen oder anderen Stelle das System der Parteien wieder stabilisieren. Zum anderen sorgt sich Schaub um das Erstarken von freien Wählergruppen. „Das dokumentiert eine Abkehr von unserem Parteiensystem.“ Das sei nicht ohne Sorge zu betrachten, meint Schaub. Die SPD im nordhessischen Baunatal hat 61,4 Prozent eingefahren, ein Ergebnis mit dem Manfred Schaub sehr zufrieden ist. Die AfD ist in Baunaltal nicht angetreten. Einige potenzielle Anhänger hätten nun die FDP verstärkt.

Die AfD fuhr auch in größeren hessischen Städten Erfolge ein: In Wiesbaden waren es laut dem Trendergebnis fast 16 Prozent, in Frankfurt am Main 10,3 Prozent und in Kassel 12,2 Prozent.

Misstrauen gegenüber SPD und CDU gestiegen

Die Kasseler SPD schlug die 30-Prozent-Marke (30,3 Prozent), verlor aber sieben Prozentpunkte im Vergleich zu 2011. In einer ersten Einschätzung sagte Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen: „Das Erstarken der AfD hat kommunal keine Begründung. Wir haben die Flüchtlingsfrage bei uns in der Stadt gut gelöst. Auch sonst entwickelte sich die Stadt prächtig. Es muss also eine Entkopplung von den realen Fragen, um die es gegangen ist, passiert sein“, sagte Hilgen. Es sei die Sorge der Menschen vor dem, was vielleicht noch auf sie zukommt, was sie nicht beherrschen und beeinflussen können. Hilgen: „Dazu kommt offensichtlich das Misstrauen gegenüber den großen Parteien, diese Fragen zu lösen.“ Den Verlust der SPD in der Stadt will er aber nicht nur ausschließlich mit der AfD erklären. Die Linken seien stärker geworden in der Stadt. Auch kommunale Themen wie etwa Diskussionen um den Nahverkehr hätten möglicherweise eine Rolle gespielt.

Die Wahlbeteiligung war mit 48 Prozent kaum höher als im Jahr 2011, als 47,7 Prozent der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme abgeben hatten.

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