Emissionsfreier ÖPNV

Warum Bremerhaven auf Wasserstoffbusse setzt – und Bremen auf Batterien

Ulf Buschmann09. Februar 2023
Bremerhaven setzt auf ­Wasserstoffbusse. Aktuell gehören drei Fahrzeuge zur Flotte von BREMERHAVEN BUS. Weitere sollen im zweiten Quartal dieses Jahres geliefert werden.
Viele Kommunen müssen sich entscheiden: Soll die Busflotte in Zukunft elektrisch oder mit Wasserstoff betrieben werden? Die Antwort ist in Bremerhaven und Bremen unterschiedlich ausgefallen. Welche Gründe den Ausschlag gaben.

In Bremerhaven fahren Busse mit Blümchenmotiven. Dieses Retro­design erinnert an die Werbung ­eines Spülmittels aus den 1970er Jahren. Doch rückwärtsgewandt sind die Fahrzeuge ganz und gar nicht. Im Gegenteil, ihnen gehört die Zukunft. Denn die Blümchenbusse von der Wesermündung werden durch Wasserstoff beziehungsweise Brennstoffzellen angetrieben. Damit Menschen wissen, dass die Zukunft bei ihrem kommunalen Verkehrsunternehmen BREMERHAVEN BUS begonnen hat, haben sich die Marketingstrategen das auffällige Blümchendesign ausgedacht – gepaart mit dem Slogan „Luft & Liebe statt Lärm und CO2“.

Kleine, mittlere und große Kommunen habe sich das Ziel Klimaneutralität auf die Fahnen geschrieben – unter anderem beim öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Wo Busse im Einsatz sind, sollen diese in den kommenden Jahren durch emissionsfreie ersetzt werden. Das Ende der Fahrzeuge mit Dieselmotoren ist absehbar. Nur die Strategien unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland, ja sogar von Kommune zu Kommune.

Stadt Bremen hat sich für elektrische Busse entschieden

Bestes Beispiel dafür ist das sozialdemokratisch regierte Land Bremen, wo im Mai eine neue Bürgerschaft gewählt wird. Während die Stadtgemeinde ­Bremerhaven auf Wasserstoff setzt, hat sich die Stadtgemeinde Bremen für die Anschaffung von batterieelektrischen Bussen entschieden. Das erklärte Ziel: Bis zum Jahr 2030 sollen alle 45 Solo- und 190 Gelenkfahrzeuge mit Verbrennungsmotor gegen Elektrobusse ausgetauscht werden; alleine bis zum Jahr 2025 sollen es 70 neue sein. 20 Busse sind seit dem vergangenen Jahr im Einsatz.

Die Kosten für diesen Teil der Verkehrswende belaufen sich bis 2030 auf rund 100 Millionen Euro. Davon zahlt die Stadtgemeinde Bremen 59 Millionen und weitere 22 Millionen kommen vom Bund. Rund 14,7 Millionen Euro muss das kommunale Verkehrsunternehmen, die traditionsreiche Bremer Straßenbahn AG (BSAG) aus eigener Kraft stemmen. In den 100 Millionen enthalten ist auch die Schaffung der notwendigen Infrastruktur mit Ladestellen, Batterielager und einigem mehr. Hierzu wird einer der BSAG-Betriebshöfe für die Gelenkbusse umgebaut. Alleine dieser Posten schlägt mit 44 Millionen Euro zu Buche.

Bremerhaven setzt auf Wasserstoff

Im Vergleich dazu sind die Bremer­havener bescheiden. Bereits im Jahr 2020 beschloss die Regierungskoalition aus SPD, CDU und FDP, Wasserstoff­busse zu beschaffen. Zusammen mit der kommunalen Oldenburger Verkehr und Wasser GmbH (VWG) und der Vestischen Straßenbahnen GmbH brachte die BREMERHAVEN BUS eine europaweite Ausschreibung von 15 Fahrzeugen auf den Weg – davon sieben für die Seestadt. Drei sind bereits geliefert, weitere vier sollen im Laufe des zweiten Quartals dieses Jahres folgen. Damit, so freuen sich die Verantwortlichen, würden zehn Prozent der BREMERHAVEN-BUS-Flotte emissionsfrei betrieben. Die Kosten zur Anschaffung der Busse – Stückpreis 700.000 Euro – sowie den Ausbau der Infrastruktur beziffert die Stadtgemeinde Bremerhaven auf rund 5,6 Millionen Euro.

Diese sind nur Teil eines größeren Plans, wie die Bremerhavener Gesellschaft für Innovationsförderung und Stadtentwicklung (BIS) auf ihrer Internetseite verrät: „Bremerhaven verfolgt das Ziel, Testregion und Kompetenzzentrum für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien im Norden zu werden.“ Demnach gehören die Wasserstoffbusse mit den fröhlichen Blümchenmotiven zum Projekt „Testregion für mobile Wasserstoffanwendungen“. Denn im 5,6-Millionen-Wasserstoff-Investitionspaket, für das alleine das Land Bremen fünf Millionen aus dem Bremen-Fonds auf den Tisch legt, sind nicht nur die Test- und Instandhaltungsinfrastruktur enthalten.

Testregion für grünen Wasserstoff

Vielmehr soll es darüber hinaus die erste öffentliche Wasserstofftankstelle auf dem Gelände der ­BREMERHAVEN BUS in der Nähe der Autobahn­anschlussstelle Bremerhaven-Mitte geben. „Betrieben werden soll sie mit grünem Wind-Wasserstoff made in Bremerhaven“, teilt die BIS mit. Das Projekt „Testregion für mobile Wasserstoffanwendungen“ sei Teil der im Dezember 2021 verabschiedeten Wasserstoffstrategie des Landes Bremen.

Eine Wasserstoff-Tankstelle ist zwar laut BSAG auf einem ihrer Bremer Betriebshöfe an der Unternehmenszentrale geplant. Doch die Hansestadt setzt trotzdem lieber auf Batterien. Zwar ist ihre Reichweite mit 320 Kilometern geringer als die Wasserstoff-Variante mit 400 Kilometern. Doch aktuell sind ­Wasserstoffbusse am Markt rund 25 bis 30 Prozent teurer als Elektrobusse.
„Für uns ist die Investition in Busse plus notwendige Infrastruktur zu groß“, sagt BSAG-Sprecher Andreas Holling. Er ergänzt: „Daher setzen wir derzeit auf Elektrobusse. Wir beobachten den Markt natürlich und stehen auch im Austausch mit anderen Verkehrsunternehmen zu deren Erfahrungen.“ Sollte die Technik bezahlbarer werden, würde das Unternehmen das Thema Wasserstoff ­sicherlich neu bewerten.

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