Neue Initiative in Europa

EU-Parlament stimmt für Europäische Kinderhauptstadt

Karin Billanitsch08. April 2024
Gaby Bischoff, Vize-Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament (S&D-Fraktion), setzt sich für die stärkung der Rechte von Kindern ein.
Nach dem Vorbild der „Europäischen Kulturhaupstadt“ gibt es die Idee einer jährlich wechselnden Kinderhauptstadt. Im Europaparlament wurde die entsprechende Resolution kürzlich verabschiedet. Nun ist die EU-Kommission am Zug.

Alljährlich wird in Europa eine Kulturhauptstadt gekürt, deren kulturelle und künstlerische Aktivitäten öffentlich besonders herausgestellt und gewürdigt werden. Nach diesem Vorbild fordert jetzt das EU-Parlament eine jährliche „Europäische Kinderhauptstadt“. Sie soll „auf Kinder, ihre Rechte und ihre demokratischen Teilhabemöglichkeiten fokussiert sein“, heißt es in einer kürzlich erschienenen Pressemitteilung der Sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament (S&D-Fraktion). Die Kinderhauptstadt soll demnach jedes Jahr Gastgeberin für die Kinder und Jugend Europas werden.

Eine wichtige Hürde wurde im Europaparlament schon genommen: Am 14. März wurde die entsprechende Resolution mit breiter Mehrheit im Straßburger Parlament angenommen. Nun liegt der Ball bei der Europäischen Kommission, die aufgefordert wurde, das Projekt ins Leben zu rufen.

Bischoff: „Eintreten für die Rechte von Kindern“

Die Bewerberstädte sollen laut Resolution klar nachweisen müssen, dass sie eine wirksame und innovative Kinderpolitik betreiben, etwa in Bezug auf Chancengleichheit, gesundes Wachstum, Zugang zu hochwertiger Bildung und eine saubere Umwelt. Gaby Bischoff, die Vizevorsitzende der S&D-Fraktion, ist überzeugt, ein solcher neuer Titel würde die „klare Botschaft aussenden, dass wir die Rechte von Kindern in der EU ernst nehmen“.

Wie Bischoff sagte, gehe es neben positiven kulturellen Einflüssen bei Europäischen Kinderhauptstädten auch darum, für die Rechte der Kinder einzutreten, ihre soziale Eingliederung zu fördern und ihnen Chancengleichheit zu gewähren. „Im Zentrum der Initiative stehen die Zusammenarbeit zur Bestimmung der besten politischen Vorgehensweise und der Erfahrungsaustausch über die Einführung der Europäischen Kindergarantie, um Kindern – vor allem denen mit geringeren Möglichkeiten – den bestmöglichen Start ins Leben zu ermöglichen.“ Die Europäische Kindergarantie soll und soziale Ausgrenzung von Kindern in der EU bekämpfen, indem sie allen Kindern und Jugendlichen Zugang zu grundlegenden Ressourcen gewährt. Im Juni 2021 beschlossen die EU-Mitgliedstaaten die Einführung der Kindergarantie, Im Oktober 2023 wurde ein Nationaler Aktionsplan zur Umsetzung in Deutschland beschlossen.

Initiative aus Hamburg

Die Idee zu der Initiative hatte der frühere Journalist Jan Haarmeyer. Im Sommer 2020 gründeten er und seine Mitstreiter*innen in Hamburg den „Förderverein europäische Kinderhauptstadt e.V“. „Für uns ist das ein Meilenstein auf dem Weg zu einer jährlichen europäischen Kinderhauptstadt, die garantieren wird, dass die Kinder in Europa zumindest einmal im Jahr im Mittelpunkt stehen werden“, sagt Haarmeyer. Für ihn ist etwa besonders wichtig, dass die Kinder „mit ihren Wünschen und Sorgen gehört werden“, dass ihre „in der UN-Kinderrechtskonvention festgehaltenen Rechte verlässlich jedes Jahr zur Sprache kommen“ und dass sie sich „über Grenzen hinweg begegnen, kennenlernen und austauschen können“.

Parlamentarierinnen wie Gaby Bischoff (S&D) hätten seine Initiative von Anfang an unterstützt: „Ohne die wären wir nicht so weit gekommen“, bekräftigt Haarmeyer. Der Verein werde sich weiterhin dafür einsetzen, dass es vielleicht wirklich in naher Zukunft eine erste europäische Kinderhauptstadt geben wird. Natürlich gebe es noch viele offene Fragen wie zum Beispiel Finanzierung, Organisation, Auswahl der Städte, Zahl der Teilnehmer, Unterbringung, Programmgestaltung oder Sicherheit. „Aber nichts davon ist unlösbar“.

Zahl der Unterstützer wächst

Für Haarmeyer sind die Chancen der Realisierung jetzt gestiegen. Auch die Zahl der Unterstützer wachse: „Wir haben jetzt auch Unicef (Child Friendly Cities) und die Kinderfreundlichen Kommunen an unserer Seite, die in den nächsten Wochen und Monaten ebenfalls auf die EU-Kommission einwirken werden.“

Auch Katarina Barley (SPD) findet laut der Internetseite des Fördervereins lobende Worte und unterstützt das Vorhaben: „Viel zu oft werden die Wünsche und Bedürfnisse von Kindern in unserer Gesellschaft übersehen.“ Die europäische Kinderhauptstadt sei ein toller Weg, die Bedürfnisse und Sorgen der Kinder in den Mittelpunkt der europäischen Aufmerksamkeit zu rücken.

Städtetag begrüßt Initiative

Verena Göppert, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, begrüßte die Initiative und nannte sie in der „Rheinischen Post“ eine „wirklich gute Idee“. Es könne gar nicht genug Gelegenheiten geben, bei denen sich Kinder und Jugendliche aus europäischen Ländern austauschen und miteinander in Kontakt kommen können.

Es gibt EU-weit bereits viele Projekte und Initiativen, die den Austausch junger Menschen in Europa stärken, zum Beispiel die „Europäische Jugendhauptstadt“. Gaby Bischoff unterstreicht deren Erfolge: „Die vor fünfzehn Jahren ins Leben gerufenen Europäischen Jugendhauptstädte bieten Tausenden von jungen Menschen die Möglichkeit, sich über Ideen und Initiativen zur Verbesserung ihrer Kommunen auszutauschen. Mit Europäischen Kinderhauptstädten können wir die positiven Aktionen der Jugendhauptstädte in ganz Europa wiederholen und ergänzen.“ Für 2024 wurde die Stadt Gent in Ostflandern als Jugendhauptstadt ausgewählt.

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