GVFG und Regionalisierungsmittel

Geldregen für den Öffentlichen Nahverkehr

Carl-Friedrich Höck30. Januar 2020
Der Bund erhöht seine Finanzhilfen für den ÖPNV. Mit dem Geld sollen unter anderem neue Gleisanlagen gebaut werden.
Der Bund will seine Finanzhilfen für den ÖPNV deutlich aufstocken, als Beitrag zum Klimaschutz. Der Bundestag stimmte dem Vorhaben am Donnerstag zu. Die Kommunen und Verkehrsverbände planen, den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu machen.

„Ich kann mich nicht erinnern, dass wir je so viel Geld hatten“, sagt Ingo Wortmann. Er ist der Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen und bezieht sich auf zwei Gesetze, über die am Donnerstag der Bundestag abstimmt. Um die Verkehrswende voranzutreiben will der Bund die Zuschüsse für den Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) deutlich erhöhen.

Zuschüsse für ÖPNV steigen um das Sechsfache

Geändert wird zum einen das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG). Bisher stellt der Bund den Ländern jährlich knapp 333 Millionen Euro zur Verfügung, um die Verkehrs-Infrastruktur in den Gemeinden zu verbessern. Dieser Betrag soll nun für das laufende Jahr auf rund 665 Millionen Euro verdoppelt werden. In den Jahren 2021 bis 2024 stellt der Bund sogar eine Milliarde Euro bereit. 2025 wird diese Summe noch einmal verdoppelt auf dann zwei Milliarden Euro. Danach soll die Finanzierung jährlich um 1,8 Prozent steigen.

Zum anderen werden die sogenannten Regionalisierungsmittel angepasst. Auch damit fördert der Bund den ÖPNV in den Gemeinden. Das Geld ist vor allem für den Schienenverkehr gedacht. Finanziert werden damit beispielsweise die Wartung und der Ausbau von Gleisanlagen, aber auch die Betriebskosten. 8,65 Milliarden Euro hat der Bund im abgelaufenen Jahr dafür bereitgestellt. Der Betrag steigt jährlich um 1,8 Prozent. Obendrein erhöht der Bund die Mittel in den Jahren 2020, 2021 und 2023 dauerhaft um jeweils 150 Millionen Euro. Laut Bundesregierung kommen so bis 2031 insgesamt 5,2 Milliarden Euro an zusätzlichen Finanzhilfen für die Gemeinden zusammen.

Städte wollen ÖPNV attraktiver machen

Der Städte- und Gemeindebund begrüßt die Gesetze in einer Stellungnahme. Das Geld werde die Länder und Kommunen in die Lage versetzen, die Investitionen in den ÖPNV zu steigern, ihn attraktiver zu machen und die Zahl der Fahrgäste zu erhöhen. Die Stadt-, U- und Straßenbahnsysteme seien größtenteils in den 1970er und 80er Jahren geschaffen worden und benötigten ein „Systemupgrade“.

Im Detail übten die Kommunen aber auch Kritik. Etwa an einer Vorgabe der Bundesregierung, dass geförderte Straßenbahnstrecken überwiegend auf „besonderem Bahnkörper“ geführt werden müssen. Sprich: Für neue Tram-Gleise, die auf Fahrbahnen verlegt werden, die auch von Autos genutzt werden, gibt es kein Geld. Doch für eigenständige Trassen brauche man Platz, und der sei in historisch gewachsenen Innenstädten nun einmal kaum vorhanden, argumentiert der Städte- und Gemeindebund. Immerhin: Die Vorgabe wurde kurz vor der finalen Abstimmung im Bundestag etwas gelockert. Nun dürfen auch andere Streckenabschnitte gefördert werden, wenn der Vorrang der Bahn durch „geeignete Bauformen” oder Fahrleitsysteme gesichert ist.

Auch Instandsetzung wird gefördert

Im Bundestag betonte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), dass der Bund mit der GVFG-Änderung nun auch Mittel für die Grunderneuerung und Instandsetzung bereitstellt und nicht mehr ausschließlich neue Maßnahmen mitfinanziert. „Da werden die U-Bahnhöfe modernisiert, Treppenaufgänge, tropfende Decken oder Tunnel von Grund auf erneuert.“

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol verwies auf den Strukturwandel im Nahverkehr: Roller- und PKW-Sharing sowie Plattform-Angebote würden eine immer größere Rolle spielen. „Das eigentliche Verkehrsmittel der Zukunft wird doch das Smartphone sein“, so Bartol. Doch bei allen technischen und sozialen Innovationen brauche man im Kern einen leistungsfähigen Nahverkehr. „Wir wollen einen ÖPNV, der Menschen zuverlässig von A nach B bringt und dabei unseren Ansprüchen an Qualität, faire Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten, Bezahlbarkeit und Barrierefreiheit genügt.“

Kapazität des ÖPNV gerät an Grenzen

Um die Klimaschutzziele zu erreichen, will die Bundesregierung den Anteil der Wege, die die Deutschen mit dem ÖPNV zurücklegen, deutlich steigern. Dieser liege aktuell in Deutschland bei etwa 25 Prozent, teilte ein Sprecher des VDV am Montag mit. Anlass war eine Pressekonferenz, auf der die Verkehrsunternehmen ihre Jahresbilanz präsentierten.

Zwar ist das Fahrgastaufkommen im Jahr 2019 nach Schätzungen des VDV erneut gestiegen, um etwa 0,3 Prozent. Doch das Wachstum sei verglichen mit den Vorjahren ins Stocken geraten. Das System sei voll, meint Verbandspräsident Wortmann, die Infrastruktur müsse dringend ausgebaut werden. Die höheren Zuschüsse vom Bund seien „ein guter Finanzrahmen für Investitionen.“ Damit seien die Verkehrsunternehmen in der Pflicht. „Wir müssen jetzt liefern“, sagt Wortmann. Das aber werde Zeit brauchen. Viele Großprojekte, die nun geplant werden, würden wohl erst in den 2030er Jahren umgesetzt.

 

Weiterführende Informationen
bundestag.de zum GVFG
bundestag.de zu den Regionalisierungsmitteln