Kommunale Finanzen

Gemeindefinanzbericht: Kommunen fürchten Rückfall in Schulden

Karin Billanitsch09. November 2017
Die Finanzlage der deutschen Kommunen ist im Durchschnitt positiv. Doch regional gibt es große Abweichungen.
Die kommunalen Finanzen profitieren von der allgemein guten Lage der öffentlichen Finanzen in Deutschland. Allerdings müssen Städte, Landkreise und Gemeinden laut einer Prognose des Deutschen Städtetags fürchten, bald wieder in den Miesen zu stehen. Viele Regelungen zur Flüchtlingsfinanzierung laufen nach jetzigem Stand Ende 2018 aus und die Sozialausgaben laufen den Kommunen davon.

Auf den ersten Blick verkündet der neue Gemeindefinanzbericht des Deutschen Städtetags gute Nachrichen: Für das laufende Jahr 2017 rechnet der kommunale Spitzenverband mit einem positiven Finanzierungssaldo von 4,1 Milliarden Euro ­– nur etwas weniger als im Rekordjahr 2016 mit satten 4,5 Milliarden Euro Überschuss. „Die Kommunalfinanzen profitieren derzeit von der allgemein guten Lage der öffentlichen Finanzen in Deutschland“, schreibt der Bericht. Denn bei Bund und Ländern sprudeln die Steuereinnahmen und sie haben ihre laufenden Zuweisungen stark erhöht. In fast allen Regionen sei darüber hinaus auch die Gewerbesteuer überraschend hoch gestiegen, hieß es: um 9,8 Prozent oder 3,4 Milliarden Euro auf insgesamt 38,29 Milliarden. Für das laufende Jahr sollen diese Einnahmen noch einmal um drei Prozent auf 39,4 Milliarden Euro wachsen.

Kommunen fehlt Planungsgrundlage

Ist also alles in Ordnung? Nein ganz so rosig, wie die Zahlen suggerieren, ist die Lage nicht.  HIer spielen mehere Probleme eine Rolle, wenn man die Finanlage genauer unter die Lupe nimmt. Vor allem wegen der hohen und stärker als die Einnahmen steigenden Sozialausgaben und den Kosten für die Flüchtlingsbetreuung fürchten die Kommunen, bald wieder Schulden machen zu müssen. Für 2018 rechnen die Experten mit einem deutlich schlechteren Ergebnis von 1,3 Milliarden Euro. Und schon im übernächsten Jahr 2019 sei wieder mit einem Defizit zu rechnen. Der neue Gemeindefinanzbericht bezifferte diese Prognose auf minus 1,1 Milliarden Euro. Hintergrund: Obwohl es einen politischen Konsens gibt, dass die Kommunen weiter so wie bisher bei den Ausgaben für Integration der Flüchtlinge unterstützt werden sollen, gibt es hier noch keine gesetzlichen Regeln –und sind daher in der Prognose nicht enthalten.

Besorgt stellt der Deutsche Städtetag fest, dass die „Entwicklung des kommunalen Finanzsaldos in zunehmendem Maße von Einzelentscheidungen auf Bundesebene geprägt ist.“ Das fördere die Abhängigkeit von derlei Unterstützungsmaßnahmen. Verena Göppert, Ständige Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers, beklagt: „Es fehlt den Kommunen schlichtweg an ausreichenden, planbaren und dauerhaft fließenden Finanzmitteln, um beständig planen zu können.“

Helmut Dedy: „Chancengerechtigkeit herstellen“

Die Durchschnittszahlen verschleiern ein weiteres Problem: nicht in allen Kommunen sieht es rosig aus. Die Schere zwischen strukturschwachen und wirtschaftsstarken Regionen wird immer größer. Deshalb fordert der Deutsche Städtetag von der neuen Bundesregierung, „Chancengerechtigkeit in Städten und Regionen“ herzustellen. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy forderte, die Gemeinschaftsausgabe regionale Wirtschaftsstruktur auszubauen. „Die Mittel von derzeit jährlich 320 Millionen Euro für die wirtschaftsnahe kommunale Infrastruktur müssen entscheidend aufgestockt werden, damit zurückgefallene Kommunen wirklich aufholen können.“

Die Kassenkredite in den Kernhaushalten der Kommunen betrugen zum Jahresende 2016 insgesamt 49,7 Millionen Euro. Sie bleiben damit - trotz der guten allgemeinen Lage – auf dem hohen Niveau des Vorjahres.

„Altschuldenproblematik auf die Agenda“

Auch auf die hohen Altschuldenbestände vor allem in strukturschwachen Kommunen weisen die Autoren des Berichts hin. Bei wieder steigenden Zinsen sei dies kaum beherrschbar, hieß es. „Die Lösung der Altschuldenproblematik gehört jetzt auf die Agenda“, fordert Verena Göppert. Hier sei der Bund gefordert, zusammen mit den jeweiligen Ländern in der neuen Legislatur die Lösung des Altschuldenproblems anzugehen. Der kommunale Spitzenverband weist darauf hin, dass „hohe Altschuldenbestände keinesfalls das Ergebnis allein eigener kommunaler Entscheidungen sind, sondern vielmehr die Folge eines langen Prozesses aus wirtschaftlichen Entwicklungen, Strukturwandel sowie Globalisierungsfolgen. Die betroffenen Städte können sich nicht allein aus ihrer Lage befreien.

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