Gegen Rechtsextremismus

Gesetzentwurf gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität

Christian Rath17. Dezember 2019
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, SPD, spricht im Bundestag in Berlin.
Kernstück des Entwurfs von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) ist die neue Meldepflicht für soziale Netzwerke.

Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat einen Gesetzentwurf „zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität“ vorgelegt. Lambrecht hatte Ende Oktober ein „Maßnahmepaket“ gemeinsam mit Innenminister Horst Seehofer (CSU) vorgestellt. Der Entwurf unterscheidet sich teilweise davon.

Meldung an das Bundeskriminalamt

Kernstück des Entwurfs ist die neue Meldepflicht für soziale Netzwerke. Wenn Facebook, Twitter und Co. auf Beschwerde von Nutzern bestimmte Inhalte löschen, müssen sie künftig zugleich das Bundeskriminalamt benachrichtigen, damit dieses die Strafverfolgung einleiten kann. Dasseit zwei Jahren geltende Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) soll entsprechend ergänzt werden.
 
Allerdings hat Facebook im ersten Halbjahr 2019 nur 674 Inhalte aufgrund von NetzDG-Beschwerden gelöscht. Würde sich die Meldepflicht hierauf beschränken, liefe sie weitgehend leer. Lambrechts Gesetzentwurf regelt jedoch, dass die Meldepflicht auch gelten soll, wenn Facebook"rechtswidrige" Inhalte wegen Verstoß gegen die Facebook-Gemeinschaftstandards löscht. Dies dürfte wohl hundertausende von Postings betreffen, die von Nutzern entsprechend „geflaggt“ werden. Facebook muss allerdings nicht aktiv nach strafbaren Inhalten suchen.
 
Zugleich schränkt Lambrechts Gesetzentwurf die Meldepflicht auch unerwartet ein. Sie gilt zwar bei Delikten wie Volksverhetzung, Morddrohung oder der Verwendung von Hakenkreuzen. Das BKA muss von den Netzwerken aber nicht informiert werden über Beleidigungen, Verleumdungen, Vergewaltigungsdrohungen und die öffentliche Aufforderung zur Begehung von Straftaten.

Verschärfung des StGB

Neben der Einführung einer Meldepflicht sieht der Gesetzentwurf auch mehrere bisher noch nicht bekannte Verschärfungen des Strafgesetzbuchs vor. So soll das Delikt „Bedrohung“ (§ 241) künftig nicht nur die Androhung eines „Verbrechens“ (etwa Mord und Vergewaltigung) erfassen, sondern auch von weniger schwer bestraften „Vergehen“. Dies könnten Körperverletzungen oder Sachbeschädigungen sein. Vage Drohungen wie „ich weiß, wo du wohnst“ oder „ich kenne die Schule Deiner Kinder“, sollen weiterhin nicht strafbar sein.

Die „Billigung von Straftaten“ (§ 140) soll nicht mehr nur bereits begangene Straftaten erfassen, sondern auch künftige Taten. Bisher ist der Bezug auf zukünftige Taten nur strafbar, wenn diese angedroht werden oder wenn andere dazu aufgefordert werden. Straflos sind bisher aber abstrakt billigende Aussagen wie, jemand „gehört aufgehängt“.

Wenn eine Tat „antisemitisch“ motivert ist, soll dies künftig ausdrücklich zu einer Strafverschärfung führen (§ 46). Diese Änderung ist allerdings eher symbolisch. Schon bisher gab es Strafverschärfungen für „menschenverachtende“ Beweggründe, worunter auch Antisemitismus fiel. Die besondere Erwähnung des Antisemitismus wurde mit der geschichtlichen Verantwortung Deutschlands begründet. Islamfeindliche, antitziganistische oder homophobe Motive werden auch künftig nicht explizit als strafverschärfend erwähnt – sie gelten weiterhin als „menschenverachtend“.

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