Konferenz

Gleichstellungsminister*innen kämpfen gegen antiquiertes Frauenbild an

Uwe Roth16. Juni 2023
Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist noch längst nicht erreicht – auch nicht in der Kommunalpolitik.
Die Gleichstellung tritt auf der Stelle. Nicht wenige junge Familienväter sehen ihre Frau am liebsten am Herd. Die zuständigen Minister*innen der Bundesländer kämpften in Potsdam zwei Tage um Fortschritte – dabei ging es auch um kommunale Themen.

Die Tagung der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister sowie -senatorinnen und -senatoren der Länder (GFMK) endete mit einer „Entschließung aller Länder gegen Sexismus und Gewalt an Frauen“. Zudem forderten sie den Ausbau von Frauenhäusern. So solle das Investitionsprogramm des Bundes „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ verlängert werden. Mit diesem Programm fördert die Bundesregierung noch bis ins kommende Jahr den Ausbau von Frauenhäusern und -beratungsstellen. Die GFMK hält den Bedarf an Investitionsmitteln für solche Schutzeinrichtungen auch darüber hinaus für weiterhin hoch.

Rückständiges Bild von Männlichkeit weit verbreitet

Die Debatte über häusliche Gewalt gegen Frauen stand unter dem Eindruck eines Befragungsergebnis, das die Organisation Plan International in der gleichen Woche vorgestellt hat. Die Befragung hatte den Titel „Spannungsfeld Männlichkeit – Wie ticken junge Männer in Deutschland?“ Dafür waren die Antworten von 1.000 Männer und 1.000 Frauen zwischen 18 und 35 Jahren ausgewertet worden. Für Schlagzeilen hatte gesorgt, dass demnach jeder dritte befragte Mann schon einmal handgreiflich gegenüber Frauen geworden sei, um ihnen Respekt einzuflößen. Die Hälfte der jungen Männer ist laut eigenem Bekunden der Meinung, dass das Zeigen von Gefühlen sie schwach und angreifbar mache. Ebenso groß ist die Gruppe der Männer, die ihre Rolle darin sehen, im Beruf genug Geld zu verdienen. Für Hausarbeit ist ihrer Meinung nach vor allem die Partnerin zuständig.

Die Konferenz hat die Studie laut Abschlussprotokoll „mit großer Besorgnis zur Kenntnis genommen“. Besonders erschreckend sei die hohe Akzeptanz von Gewalt gegenüber Partnerinnen unter den befragten jungen Männern. Die Ergebnisse der Umfrage machten „in alarmierender Weise deutlich, dass rückwärtsgewandte, sexistische sowie homophobe Einstellungen in weiten Teilen der Bevölkerung geteilt werden.“ Die GFMK zeigte sich einig, dass die Beseitigung von geschlechtsbezogenen Ungleichheiten, tradiertem Frauenhass und toxischer Männlichkeit, also dem Festhalten an traditionell männlichen Denk- und Verhaltensweisen, nur durch Anstrengungen auf allen politischen und zivilgesellschaftlichen Ebenen erreicht werden kann.

Zu geringer Frauenanteil in der Kommunalpolitik

Aber auch bei der gleichberechtigten Teilhabe in Wirtschaft, Kultur und Politik laufe es nicht rund, stellten die Ländervertreter*innen bei ihrer Konferenz fest. Obwohl mehr als die Hälfte der Bevölkerung weiblich sei, seien Frauen in gesellschaftlichen Entscheidungsebenen von Wirtschaft, Medien, Wissenschaft und Kultur nach wie vor unterrepräsentiert. Besonders zeige sich dies in Parlamenten und politischen Ämtern auf allen Ebenen. Noch nie habe es ein Parlament in Deutschland gegeben, das annähernd paritätisch mit Frauen und Männern besetzt gewesen sei. In den Landesparlamenten und kommunalen Vertretungen haben Frauen durchschnittlich nur rund ein Drittel der Mandate inne. Weniger als jedes zehnte Rathaus werde von einer Bürgermeisterin geführt und in lediglich 33 der 294 deutschen Landkreise (knapp neun Prozent) hätten 2021 Landrätinnen an der Verwaltungsspitze gestanden.

GFMK-Vorsitzende Ursula Nonnemacher (Land Brandenburg) sagte: „Gerade die Kommunalpolitik ist für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen eine wichtige Stellschraube. In der Kommune werde Demokratie unmittelbar relevant. So könne die weibliche Perspektive in der Gemeindevertretung ganz gezielt gleichstellungsrelevante Unterschiede machen, beispielsweise in Form von Treffpunkten für Migrantinnen, dem Ausbau von Geh- und Fahrradwegen oder der Gestaltung von Wohngebieten.“

Das Bundesgesetz zur Gleichstellung und das zur Besetzung von Gremien seien Beispiele für gesetzliche Regelungen zur Steigerung der Teilhabe von Frauen in Führungspositionen. Doch die GFMK erwartet vom Bund verstärkte Anstrengungen, diesen Verfassungsauftrag umzusetzen und verfassungskonforme Lösungen zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in Parlamenten und Entscheidungsgremien zu finden. Der Leitantrag „Gleichberechtigte politische Teilhabe von Frauen realisieren“ wurde mit großer Mehrheit ohne Gegenstimme beschlossen. Die GFMK fordert laut der Abschlusserklärung von Bund, Ländern und Kommunen sowie den kommunalen Spitzenverbänden ein geschlossenes Handeln, um die politische Teilhabe von Frauen durchzusetzen und die dafür notwendigen rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen zu schaffen.

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