Projekt in Rheinland-Pfalz

Wie Impflots*innen Sprachbarrieren und Ängste abbauen

Carl-Friedrich Höck11. Februar 2022
Eine Impfspritze – für manche ein beunruhigendes Bild. Impflots*innen sollen informieren und helfen, Vertrauen aufzubauen.
Oft sind es falsche oder fehlende Informationen, die Menschen von einer Corona-Impfung abhalten. In Rheinland-Pfalz werden deshalb Impflots*innen eingesetzt. Sie sprechen vor allem Jüngere, Erwerbslose und Menschen mit Migrationshintergrund an.

Die meisten Bewohner*innen von Rheinland-Pfalz sind bereits gegen Corona geimpft. Knapp 74 Prozent der Bewohner*innen haben eine vollständige Grundimmunisierung, 55 Prozent eine Auffrischung erhalten. Doch es gibt auch diejenigen, die zögern, sich eine Spritze setzen zu lassen. Hier setzt das Projekt „Impflotsen Rheinland-Pfalz“ der Landeszentrale für Gesundheitsförderung (LZG) an.

Vertrauen schaffen

Ziel ist es, Menschen über den Nutzen einer Impfung zu informieren und sie zur Impfung zu motivieren. Die Impflots*innen seien als Brückenbauer und Vertrauenspersonen unterwegs, sagt die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Sie sollen die Menschen erreichen, die aus unterschiedlichsten Gründen noch nicht geimpft, zweitgeimpft oder geboostert sind.

Aktuell beteiligen sich fünf Kommunen an der Aktion: Mainz, Koblenz, der Landkreis Mayen-Koblenz, der Landkreis Neuwied und die Stadt Ludwigshafen. Weitere Kommunen seien angefragt, teilt das Gesundheitsministerium von Rheinland-Pfalz mit.

In Ludwigshafen wird das Projekt vom Mehrgenerationenhaus im Haus der Diakonie umgesetzt. Neben der LZG als Initiatorin ist auch die Stadt eingebunden. Finanzielle Mittel gibt es von der Kommune zwar nicht, aber eine städtische Ansprechperson hilft bei der Koordination.

Beratung beim Einkaufen oder Sprachkurs

In Abstimmung mit der Stadt wurde festgelegt, wer als Impflotse oder Impflotsin in Frage kommt. „Sie sind als Ehrenamtliche in sozialen Einrichtungen und Projekten tätig, kultursensibel, kommunikationsstark und zum Teil auch schon in der Zielgruppe bekannt“, heißt es in einer Pressemitteilung der Projektpartner. Sie seien dort aktiv, wo insbesondere junge und mittelalte Erwachsene, Erwerbslose und Menschen mit Migrationshintergrund leben. Die Lots*innen „gehen auf die Menschen zu – beim Einkaufen, beim Sprachkurs, in sozialen oder kulturellen Einrichtungen, bei den Tafeln oder auch bei Hausbesuchen“.

Die Freiwilligen bekommen eine Schulung vom LZG. In Ludwigshafen haben sich bereits zehn Menschen angemeldet und die Schulung durchlaufen. Aktuell warten sie noch auf Materialien wie Erkennungswesten, dann soll es losgehen. „Ich hoffe, dass wir dadurch Menschen erreichen und informieren können, die bisher vielleicht aus Unsicherheit oder Unkenntnis einer Impfung ablehnend gegenüberstanden“, sagt Sozialdezernentin Beate Steeg (SPD).

Die Landesregierung fördert die Impflots*innen in Rheinland-Pfalz mit insgesamt 740.000 Euro. Diese sind nicht überall rein ehrenamtlich aktiv. „Die Impflotsen sind sehr flexibel und individuell in den Kommunen aufgestellt“, teilt das Gesundheitsministerium mit. „Wir haben Impflotsen, die ihm Rahmen ihrer hauptamtlichen Tätigkeit aktiv sind, wir haben Honorarkräfte und wir haben ehrenamtliche Impflotsen.

RKI hat Impfbereitschaft von Migrant*innen analysiert

Wie die bisher Ungeimpften besser erreicht werden können, ist eine Frage, die auch das Robert-Koch-Institut (RKI) beschäftigt. Anfang Februar veröffentlichte das Institut einen Report, der den Fokus auf Deutschland als Einwanderungsgesellschaft legt. Für die Erhebung wurden Interviews auf Deutsch und in fünf weiteren Sprachen geführt.

„Personen ohne Migrationsgeschichte haben eine etwas höhere Impfquote als Personen mit Migrationsgeschichte“, fasst das RKI die Ergebnisse zusammen. Das liege aber nicht an einer fehlenden Impfbereitschaft von Zugewanderten und ihren Nachkommen. Unter den aktuell noch Ungeimpften sei ihre Bereitschaft, sich impfen zu lassen, sogar höher ausgeprägt.

Sprache ist die größte Barriere beim Impfen

Die niedrige Impfquote bei Menschen mit Migrationsgeschichte erklärt sich das RKI zum einen mit sozioökonomischen Merkmalen wie Bildung, Einkommen und Alter. Zu einem kleinen Teil würden auch Diskriminierungserfahrungen im Gesundheits- und Pflegebereich dazu führen, dass Menschen vor einer Impfung zurückschrecken. Viel wichtiger aber seien die Sprachbarrieren. Diese würden einen Großteil des Impfquoten-Unterschieds zwischen Personen mit und ohne Migrationsgeschichte erklären, fasst das RKI seine Erkenntnisse zusammen. Ein weiterer Aspekt: Falschwissen zur Covid-19-Impfung sei bei Personen mit Migrationsgeschichte signifikant höher verbreitet.

Das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium sieht sich durch den RKI-Report in seinem Kurs bestätigt. „Die Ergebnisse der Studie betonen, dass Menschen, die schlechtere Deutschkenntnisse haben und deren Vertrauen in die Sicherheit der Impfung nicht hoch ist, eher zögern und sich nicht impfen lassen“, lässt Daniel Stich, der Impfkoordinator des Landes, über einen Pressesprecher mitteilen. „Genau hier setzen wir ja mit den Impflotsen an und bieten den Menschen Unterstützung und niedrigschwellige Information an.“

weiterführender Artikel