Wohnungswirtschaft

Keine Entwarnung bei Mietpreisen

Karin Billanitsch15. August 2016
Bezahlbarer Wohnraum ist in deutschland schwerer zu finden – Mieten steigen weiter.
Der Deutsche Mieterbund hat Schlussfolgerungen einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts IW Köln über die Entwicklung der Mietpreise widersprochen. Laut der IW-Studie sind im Schnitt die Einkommen stärker gestiegen als die Mieten. Der Mieterbund sieht darin keinen Grund zur Entwarnung auf dem Mietmarkt: Die Wohnungsmärkte in Großstädten, Ballungsgebieten und Universitätsstädten funktionierten nicht, mehr Neubau sei erforderlich.

Die Entwicklung der Mieten in Deutschland steht derzeit im Fokus der öffentlichen Debatte in Deutschland. Steigende Mieten vor allem in Ballungsräumen erschweren die Suche nach erschwinglichem Wohnraum und verunsichern viele Bürger. Nach einer neuen Studie des IW Köln sind die Marktmieten im Geschosswohnungsbau zwischen 2010 und 2016 in einigen Metropolen sehr stark gestiegen. Angeführt wird die Liste von Berlin mit 26 Prozent (3,9 Prozent pro Jahr), gefolgt von Würzburg und Offenbach mit jeweils 22 Prozent (3,4 Prozent pro Jahr)  Auch in den Metropolen wie Hamburg, München und Köln lagen die Steigerungen nach Angaben des IW in den zentrumsnahen Lagen und attraktiven Stadtteilen auf diesem Niveau und teilweise deutlich darüber. „ Veränderungen in dieser Geschwindigkeit gab es in Deutschland selten“, stellen die Autoren fest.

IW: Einkommen steigen stärker als Mieten

Allerdings weist das arbeitgebernahe Wirtschaftsforschungsinstitut darauf hin, dass relativ gesehen, im Vergleich mit dem verfügbaren Durchschnittseinkommen, die Einkommen stärker gestiegen sind, nämlich um 11,5 Prozent. Die steigenden Mieten seien die Folge der demografischen Veränderungen, heißt es.  „In den letzten Jahren ist ein regelrechter Nachfrageboom in einigen Ballungszentren entstanden.“ Beispiel Berlin: Berlins Bevölkerung ist zwischen zwischen 2010 und 2016 um 240.000 Einwohner auf 3,61 Millionen angestiegen. München im gleichen Zeitraum um 140.000 auf 1,52 Millionen. Durch den starken Zuzug werde der Wohnraum knapper und die Preise für Eigentum und Mieten würden steigen.

Allerdings sehen die Forscher noch einen anderen Trend: Ein Durchschnittshaushalt könne sich mehr Fläche leisten: Im Mittel kann sich ein privater Haushalt heute 94 Quadratmeter an Wohnfläche leisten, wenn er 25 Prozent seines Nettoeinkommens hierfür einsetzt. Das sind zwei Quadratmeter mehr als noch vor sechs Jahren, so der IW. Nur in 24 Prozent der Kreise kann sich ein Durchschnittshaushalt heute weniger leisten. Von den zehn größten Städten sind hiervon Berlin, Stuttgart und Dortmund betroffen. Die Autoren ziehen demnach das Fazit: „Trotz steigender Mieten besteht damit keine flächendeckende Knappheit an bezahlbarem Wohnraum.“

Mieterbund sieht weiter Wohnungsknappheit

Den Schlussfolgerungen der IW-Studie widerspricht der Deutsche Mieterbund: „Die Wohnungsmärkte in Großstädten, Ballungsgebieten und Universitätsstädten funktionieren nicht. Die Bautätigkeit hat bisher nicht spürbar angezogen. Die Mietpreise sind in deutschen Großstädten allein im ersten Halbjahr 2016 um rund 6 Prozent gestiegen,“ kommentierte der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB) Lukas Siebenkotten Ergebnisse und Schlussfolgerungen des IW. „In Deutschland müssen jährlich mindestens 400.000 Wohnungen neu gebaut werden, vor allem bezahlbare Mietwohnungen.“ Ohne Eingriffe der Politik werden die Wohnungsmärkte die Probleme der Wohnungsknappheit und der steigenden Mieten nicht lösen.“ Im Jahr 2015 seien 247.724 Wohnungen neu gebaut worden, ein Prozent mehr als 2014. In Mehrfamilienhäusern wurden nur 105.095 Wohnungen neu gebaut, davon allein 58.962 (potenziell teure) Eigentumswohnungen, so der Mieterbund.

Die Mietpreisbremse, die in den letzten Jahren vielerorts in Kraft getreten ist, konnte die Entwicklung nicht nachhaltig bremsen. Hier müsse nachjustiert werden, sagte Siebenkotten.  Er forderte, dass der Vermieter schon beim Abschluss des Mietvertrages Gründe offenlegen muss, wenn er glaubt, die Mietpreisbremsengrenze von Vergleichsmiete plus 10 Prozent überschreiten zu können. Auch an Sanktionen für Vermieter, die sich nicht an die gesetzlichen Regeln halten, sei zu denken.

 

 

weiterführender Artikel