SPD-Fraktion informiert sich über Best Practice-Beispiele

Kommunale Wärmeplanung ist vor allem Fleißarbeit

Uwe Roth14. Juli 2023
Ein Heizkraftwerk in Bonn (Archivbild): Mit der Wärmeplanung sollen Kommunen klarstellen, welche Häuser künftig Zugang zu klimafreundlicher Fernwärme haben werden.
Die Kommunale Wärmeplanung läuft. Die SPD-Bundestagsfraktion hat drei Praktiker*innen eingeladen, über ihre Erfahrungen zu berichten. Das Interesse an der Online-Veranstaltung war groß. Wichtigste Erkenntnis: Der erste Schritt der Wärmewende ist Fleißarbeit.

Bernhard Daldrup hatte nach einer Veranstaltung am 28. Juni zum zweiten Mal zum Austausch über das geplante Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung eingeladen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete ist Sprecher der Arbeitsgruppe Kommunalpolitik sowie Sprecher der AG Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen. In der zweiten Runde kamen Praktiker*innen zu Wort, die bereits seit einigen Jahren tief in der Materie stecken und erste Ergebnisse vorweisen können. Die etwa 90 Teilnehmenden an der Online-Veranstaltung und deren Fragen im Chat zeigten Daldrup, dass der Bedarf an Informationen überaus hoch ist.

Die eingeladenen Expert*innen wüssten sehr genau, worüber sie reden, kündigte Daldrup seine Gäste an. Diese beleuchteten das Thema von drei Seiten: Inga Nietz ist Stabstellenleiterin Klimaschutz beim Landkreis Lörrach (Baden-Württemberg). Sie zeigte, dass ein Landkreis die Wärmeplanung stellvertretend für die Kreiskommunen stemmen kann. Roland Schulz von den Stadtwerken Rostock berichtete über die Herausforderung für das kommunale Unternehmen, bei einem vorhandenen Wärmenetz die fossilen Energieträger loszuwerden und diese durch die Erneuerbaren zu ersetzen.

Spezialist*innen für Wärmewende rar

Jürgen Uhlig ist seit vielen Jahren als Kommunalberater unter anderem für die Energiewende in Mitteldeutschland unterwegs. Er könne sich vor Aufträgen kaum retten, sagte er mit einer ersten wichtigen Botschaft: Da der Beratungsbedarf bereits jetzt riesig sei und nach der Verabschiedung des Wärmeplanungsgesetzes weiter zunehmen werde, seien Spezialist*innen für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben nur schwer oder gar nicht zu bekommen. Dies könne den Abschluss der Planungen deutschlandweit hinauszögern, schätzte Uhlig.

Inga Nietz kann gelassen bleiben. Das Planungsverfahren in ihrem Landkreis ist seit Oktober vergangenen Jahres abgeschlossen. In Baden-Württemberg stehen seit 2020 die großen Kreisstädte bei der Kommunalen Wärmeplanung in der Pflicht. Nietz sprach von einer „Erfolgsstory“, nicht zuletzt, weil die Verantwortlichen an einem Strang gezogen hätten. „Wir kennen unseren Weg bis 2040 ganz genau“, versicherte sie. Dabei ist die Ausgangssituation nicht einfach: Der Landkreis Lörrach hat entlang des Rheins Industrie und reicht im Norden bis tief in den Schwarzwald mit seiner herausfordernden Topografie. 90 Prozent der Wärme kommt aktuell aus fossilen Energieträgern. Für den Umstieg wird Tiefengeothermie zu einer wichtigen Wärmequelle werden. Die aber ist in der Bevölkerung umstritten. Neben dem Sammeln tausender Daten („ein echter Kraftakt“) steht Öffentlichkeitsarbeit oben auf der To-do-Liste. Auch das Potenzial von Biomasse und Wasserstoff wurden in die Berechnungen einbezogen.

Gemeinsame Wärmeplanung reduziert Kosten

Weil der Landkreis zu den ersten im Bundesland gehörte, die der Landesregierung Interesse signalisierten, kam aus Stuttgart eine Förderung über 600.000 Euro. Im Gegenzug übernahm der Landkreis die Planung für die Städte und Gemeinden. „Für die kleinen Kommunen war das eine große Hilfe. Die bekommen die Planung vom Landkreis quasi geschenkt“, so die Klimaschutz-Beauftragte. Hätte jede Kommune für sich geplant, wäre das unterm Strich teurer geworden. Für die Umsetzung der Wärmewende bleiben am Ende aber die Kommunen und deren Energieversorger verantwortlich.

Roland Schulz beschäftigt sich schon jetzt mit dem zweiten Schritt der Wärmewende: Mit welchen Energieträgern ersetzen die Stadtwerke Rostock das vorherrschende Erdgas? Noch aus DDR-Zeiten existiert ein beachtliches Fernwärmenetz, an das 80 Prozent der Haushalte angeschlossen seien. Es muss ausgeweitet werden, aber die Stadt macht auf hohem Niveau weiter. Aktuell, so berichtete Schulz, gehe ein Wärmespeicher in Betrieb, ein Elektrokessel Power to Heat (PtH) stehe vor der Vollendung, und eine Großwärmepumpe fürs Abwasser sei in der Planung. In der Überlegung seien Großwärmepumpen in der Ostsee, die Abwärmenutzung aus Klärschlamm- und Müllverbrennung. Tiefengeothermie und Wasserstoff seien ebenfalls ein Thema.

Auch Schulz betonte, wie wichtig Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligung seien. Die Arbeit der Projektgruppe Wärmeplan sei durch einen Bürgerschaftsbeschluss abgesichert. In Rostock soll der „klimaneutrale Erzeugerpark“ bis 2045 stehen. Weil für die Wärmewende eine Vielzahl von Bauanträgen notwendig werde, hofft Schulz auf eine schnelle Bearbeitung im Rathaus der Hansestadt. Aber daran hat er wegen des Fachkräftemangels so seine Zweifel.

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