Migrationspolitik

Kommunen gehen erste Schritte Richtung Bezahlkarte

Karin Billanitsch07. Februar 2024
In der Migrationspolitik haben sie fast alle Bundesländer auf Mindeststandards für eine Bezahlkarte geeinigt. Der Bund will die Ausschreibung betreuen.
14 von 16 Bundesländer haben sich auf gemeinsame Mindeststandards für die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber*innen geeinigt. In Thüringen gibt es schon Pilotprojekte.

„Ich freue mich, dass sich alle Länder so schnell auf gemeinsame Standards für eine Bezahlkarte geeinigt haben. Mit einer Bezahlkarte werden Bargeldauszahlungen an Asylbewerberinnen und -bewerber weitgehend entbehrlich. Das minimiert den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen.“ Mit diesen Worten kommentierte der Co-Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD), die Einigung der Bundesländer auf ein gemeinsames Vergabeverfahren.

Positive Reaktionen der kommunalen Verbände

„Das ist eine Chance, die Verwaltung und auch die Geflüchteten von unnötigen Behördengängen zu entlasten“ begrüßte der Deutsche Städte- und Gemeindebund die Entscheidung. 14 Bundesländer sind dabei, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern wollen indes einen Sonderweg gehen. Der DStGB betonte in seiner Stellungnahme, dass es bei der Umsetzung von zentraler Bedeutung sein werde, „dass die ausgegebenen Karten untereinander überall in Deutschland kompatibel sind“.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags Helmut Dedy sagte, die Städte seien „offen für die Einführung einer Bezahlkarte als Bargeldersatz für Asylbewerberleistungsbeziehende, wenn sie einfach handhabbar ist und der Verwaltungsaufwand deutlich sinkt.” Auch dem Städtetag ist eine bundesweit einheitliche Geltung wichtig und die Karte sollte „weiter Teilhabe ermöglichen“. Der Städtetag erwartet zudem, dass Bund und Länder die entstehenden Kosten für die Karte tragen.

Der Präsident des Deutschen Landkreistages Reinhard Sager zeigte sich optimistisch: Die Bezahlkarte „wird nicht nur ein wesentlicher Baustein einer geordneten Migrationssteuerung, sondern auch für die Landkreise und Städte einfach zu handhaben sein“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Gemeinsame Mindeststandards

Die hessische Staatskanzlei, die aktuell den Vorsitz der MPK innnehat, teilt mit: „Leistungsberechtigte können künftig einen Teil der Leistungen als Guthaben auf einer Karte anstelle einer Barauszahlung bekommen.“ Es soll sich um eine „guthabenbasierte Karte mit Debit-Funktion (ohne Kontobindung) handeln, die das Auszahlen von Bargeld ersetzt“. Über die Höhe des Barbetrags sowie über weitere Zusatzfunktionen entscheide jedes Land selbst, hieß es weiter. Nicht vorgesehen sind demnach ein Einsatz im Ausland, Karte-zu-Karte-Überweisungen und sonstige Überweisungen im In- und Ausland.

Außerdem sollen die Berechtigten ihren Guthabenstand einsehen können. Die Bezahlkarte soll grundsätzlich bundesweit in allen Branchen einsetzbar sein, aber einzelne Länder können die Nutzung regional einschränken und Branchen können ausgeschlossen werden. Eine Vergabe wird bis Sommer 2024 angestrebt. Der Bund will alle notwendigen bundesrechtlichen Änderungen schnellstmöglich auf den Weg zu bringen, hieß es.

Pilotprojekte in Thüringen: Nordhausen zieht nach

Manche Kommunen wollen nicht abwarten und testen Bezahlkarten bereits in Pilotprojekten: So gibt es Erfahrungen in den Thüringer Landkreisen Greiz und Eichsfeld, auf die Reinhard Sager aufmerksam machte: „Dort ist zu beobachten, dass teilweise Asylbewerber den Landkreis verlassen, weil sie kein Bargeld mehr erhalten", so Sager.

Am gestrigen Dienstag hat auch der Kreistag des Landkreises Nordhausen beschlossen, nachzuziehen. Landrat Matthias Jendricke (SPD) unterstützte den Antrag der CDU-Fraktion für ein Modellvorhaben: „Ja, wir sollten da auch unsere Erfahrungen sammeln.“ Die Karte wird erst einmal nur für jene mit einer geringen Bleibeperspektive kommen. Jendricke betonte, er hätte den Antrag nicht unterstützt, wenn er alle Asylbewerber*innen einbeziehen würde. Das wäre kurzfristig auch nicht realisierbar gewesen. Weil der Landkreis sich langfristig der bundesweiten Lösung anschließen will, „wäre der Aufwand bei der Umstellung auch zu hoch“, erläuterte der Landrat.

Jendricke rechnet mit rund 100 Karten zum Start und einem Kostenaufwand von 10.000 Euro. Beim Prozedere will sich Nordhausen am Landkreis Greiz orientieren. „Die Karte wird mit einem Konto unterlegt sein, man hat keine Einschränkungen“, betonte der Landrat.

Mecklenburg-Vorpommern geht Sonderweg

Einen eigenen Weg will Mecklenburg-Vorpommern einschlagen: „Wir haben auf Landesebene seit mehreren Monaten geprüft, wie eine solche Bezahlkarte für uns aussehen muss. Unsere Kolleginnen und Kollegen in der Fachabteilung haben die Abstimmungen mit den Landkreisen und kreisfreien Städten aufgenommen und bereiten aktuell die zeitnah beginnende Ausschreibung vor“, erklärte Innenminister Christian Pegel (SPD) am 25. Januar in Schwerin. Schon im Laufe des Februars soll sie umgesetzt werden, kündigte der Minister an.

Bayern will bereits in diesem Monat die Bezahlkarte einführen, kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf dem Sozialen Netzwerk X an. In vier Kommunen wird es Pilotprojekte geben.

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