Nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Konferenz: Kommunen wünschen sich andere Klimaschutz-Finanzierung

Uwe Roth20. November 2023
Packeis bei Grönland: Kommunalpolitiker*innen beeinflussen in ihren Städten und Gemeinden mit, wie schnell der weltweite Klimawandel voranschreitet.
Klimaschutz soll Gemeinschaftsaufgabe werden. Die Idee hat difu-Geschäftsführer Carsten Kühl in die Debatte zu Beginn der Kommunalen Klimakonferenz 2023 gebracht. Die Reaktionen der kommunalen Verbände waren am Donnerstag gemischt.

Im Fokus der Kommunalen Klimakonferenz stand in diesem Jahr das Thema „Klimakommunikation“. In den Mittelpunkt der Eröffnungsdebatte schob sich allerdings die Frage: Wie bekommen die Kommunen die Anpassung an den Klimawandel dauerhaft finanziert. Das Bundesverfassungsgericht hat den bislang ordentlich gefüllten Klima- und Transformationsfonds von heute auf morgen blockiert. Das Urteil, 60 Milliarden Euro im Haushalt des Bundes nicht umschichten zu dürfen, hat die Uhr in der Finanzierungsdebatte um den kommunalen Klimaschutz zurückgedreht.

Auf dem Podium herrschte Ratlosigkeit: Neben Carsten Kühl, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu), standen dort Sven Reinhardt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und Christine Wilcken vom Deutschen Städtetag. Bernd Düsterdiek vertrat den Deutschen Städte- und Gemeindebund und Kay Ruge den Deutschen Landkreistag. Der Bahnstreik am Donnerstag verstärkte den Frust: Eingeladene konnten nicht kommen oder mussten aufs Auto ausweichen. Für kommunale Klimaschutz-Beauftragte sei es nicht die bevorzugte Fortbewegungsart, wie der Diplom-Meteorologe und Moderator Sven Plöger vermutete.

Landkreistag: BVerfG-Urteil richtet sich nicht gegen Klimaschutz

Die Teilnehmenden der ersten Gesprächsrunde betonten, ihnen sei klargewesen, dass die Finanzierung des Klimafonds auf wackeligen Füßen gestanden habe. Kühl sagte, es sei „nicht klug gewesen, diesen Fonds so zu positionieren“. Das BVerfG-Urteil sei am Mittwoch nicht unerwartet ausgefallen. Christine Wilcken nannte es dennoch „bitter, was gestern passiert ist“. Düsterdiek nannte das Urteil „gravierend“, weil nun erneut die Frage offen sei, wie die energetische Sanierung kommunaler Gebäude finanziert werden soll. Die Mittel für das Klima-Anpassungsgesetz müsse neu verhandelt werden. Woher die knapp eine Milliarde Euro für den Waldumbau bis 2026 kommen sollen, sei ihm schleierhaft.

Kay Ruge vom Landkreistag wollte in das allgemeine Klagelied nicht einstimmen. „Das Urteil richtet sich nicht gegen den Klimaschutz“, sagte er, der sich mit seinen Aussagen gegen die allgemeine Meinung auf dem Podium selbst zur „Spaßbremse“ erklärte. Aus seiner Sicht hätten die 60 Milliarden Euro so oder so nicht gereicht, um die vielen Projekte zu finanzieren. Er wünsche sich in der Debatte mehr Ehrlichkeit. „Das Geld ist nicht weg. Es war vorher schon nicht da.“ Er äußerte Unverständnis darüber, dass das Bürgergeld erhöht werde. Gleichzeitig erhielten die Kommunen nicht ausreichend Geld für die Betreuung der Geflüchteten. Da das Geld nur einmal ausgegeben werden könne, müsse man eben akzeptieren, dass nicht alle Wünsche beim Klimaschutz erfüllbar seien.

Machbarkeitsstudie zur möglichen Gemeinschaftsaufgabe

Das Gespräch auf dem Podium entwickelte sich in die Richtung, wie viel Pflicht zum Klimaschutz die Kommunen auferlegt bekommen sollen. Wilcken sagte, eine Pflichtaufgabe sei für die kommunalen Haushalte durchaus von Vorteil. Klimaschutz erhalte einen höheren Stellenwert, der „die Chance verbessere, politischen Druck auszuüben bei der Forderung nach mehr Geld.“ Sie betonte: „Wir brauchen für den Klimaschutz eine andere Finanzierungsstruktur.“ DStGB-Vertreter Düsterdiek sieht in einer gesetzlichen Pflichtaufgabe hingegen „einen Irrweg“, solange der Grundsatz der Konnexität nicht funktioniere. Wenn der Staat den Kommunen Aufgabe übertrage, müsse er das dafür nötige Geld zur Verfügung stellen. Nach Ansicht der Kommunen ist das oft nicht der Fall.

Difu-Geschäftsführer Kühl brachte die Überlegung ins Spiel, den Klimaschutz zu einer gemeinsamen Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen nach dem Grundgesetz Artikel 91 zu machen. Derzeit werde beim difu eine Machbarkeitsstudie vorbereitet. In Deutschland ist die „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK)“ zu einer solchen Gemeinschaftsaufgabe erklärt worden. Erneut hielt Ruge dagegen: Großartige Verbesserungen habe das nicht gebracht. Im Übrigen sei der Deutsche Landkreistag „kein Freund“ von auferlegten Pflicht- oder Gemeinschaftsaufgaben. Sven Reinhardt vom Klimaschutz-Ministerium kündigte einen weiteren Abbau bürokratische Vorschriften bei der Antragstellung und Umsetzung von Projekten an. Das spare nicht nur Geld, sondern sei auch wegen des wachsenden Fachkräftemangels in der öffentlichen Verwaltung nötig. Dem konnte auch der Landkreis-Vertreter zustimmen.

weiterführender Artikel