Tourismus

Metropole Ruhr: Viele Städte, eine Destination

Karin Billanitsch05. März 2024
Das Ruhrgebiet ist grün: hier der Rheinpark Duisburg.
Industrielles Kulturerbe, Kunst und Nachhaltigkeit: Wie sich der der größte deutsche Ballungsraum, die Metropolregion Ruhr, zu einem gefragten Tourismusziel wandelt. Ein Besuch auf der Tourismusmesse ITB in Berlin

Hier leben 5,1 Millionen Menschen in 53 Städten: in der deutschen Metropolregion Ruhr. Von Xanten im Kreis Wesel im Westen bis Hamm im Osten ersteckt sich das Gebiet, von Haltern am See im Norden bis Breckerfeld im Süden. Diese Mega-Destination, einst als Kohlenpott bekannt, wird gemeinsam vermarktet von der Ruhr Tourismus GmbH, die sich auf der diesjährigen ITB in Berlin präsentiert.

25 Jahre Route der Industriekultur 

Seit 25 Jahren gibt es die Ruhr Tourismus GmbH (RTG), gegründet fast zeitgleich mit der Route Industriekultur, die 2024 ihr Jubiläum feiert. Am 29. April 1998 wurde mit der Ruhrgebiet Tourismus GmbH, der Vorläufergesellschaft der heutigen RTG, „der Ruhrtourismus aus der Taufe gehoben“, wie es im aktuellen Geschäftsbericht heißt. 

Anfangs wurde das Thema Tourismus im Ruhrgebiet von vielen eher belächelt. Axel Biermann, Vorsitzender der Geschäftsführung, sagt auf der ITB mit Blick auf das Image des Ruhrgebiets: „25 Jahre sind ein sehr kurzer Zeitraum in der Tourismusentwicklung.“ Um das Bild der von Kohleabbau und Stahlerzeugung geprägten Region in den Köpfen vieler Menschen zu verändern, sei es wichtig, „einen langen Atem zu haben".

Kultur in der Zeche

Ehemalige Maschinenhallen, Zechen und Fördergerüste, Gasometer und alte Halden wurden neu zugänglich gemacht und kunstvoll in Szene gesetzt. Im Süden der Region gibt es schon seit 80 Jahren keine Zechen mehr, die letzte Zeche im Norden ist 2018 für immer geschlossen worden.

Der Strukturwandel ist in vollem Gang: Das Erbe der Industriekultur zieht mittlerweile viele Touristen an. Seit der Eröffnung der Route haben sich die Besucherzahlen von knapp 2,4 Millionen Besuchenden auf über sieben Millionen in 2017 etwa verdreifacht. „Das industriekulturelle Erbe ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal“, betont Biermann in Berlin. 

Die Region setzt sich auch künstlerisch mit ihrem Erbe auseinander. So wurden beispielsweise anlässlich der Kulturhauptstadt 2010 die RuhrKunstMuseen, ein Kulturnetzwerk, gegründet. 2015 folgten Bühnen und Theater. Seit 2001 gibt es die Extraschicht, ein Kulturfestival mit knapp 50 Spielorten. Mit einem Ticket können Gäste zwischen den Orten in Shuttlebussen und mit dem ÖPNV pendeln und alle Veranstaltungen besuchen. 

Wie holt Biermann für solche Projekte die einzelnen 53 Kommunen mit ins Boot? „Die Ideen müssen so attraktiv sein, dass es sich keine Stadt leisten kann, nicht dabei zu sein.“ Die RTG ist eine 100-prozentige Tochter des Regionalverbands Ruhr, der über Umlagen von den Kommunen finanziert wird. Die einzelnen Kommunen sind in einem Tourismusbeirat vertreten. 

Entwicklung Richtung Nachhaltigkeit und Klimaschutz

In der Zukunft wird zusätzlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz bei der Auswahl eines Reiseziels eine immer größere Rolle spielen, glaubt Biermann. Angesichts Krisen und Kriegen in der jüngsten Vergangenheit wird die Nachfrage nach nahen Zielen steigen, so die Hoffnung. Die RTG will vermehrt dafür werben, dass das Ruhrgebiet zwar gut mit dem Auto erreichbar ist, aber vor allem auch gut an das Bahnnetz angebunden ist. 

Über klassischen Städtetourismus und Industriekultur hinaus will sich die Region immer mehr mit Outdoor-Angeboten positionieren: So gehört der Ruhrtalradweg zu den vom ADFC ausgezeichneten Routen. Als neuer Trend werden auch „Urban Trails“ genannt, das Wandern an der Schnittstelle zwischen urbanen und ländlichen Räumen. Die RTG plant laut Geschäftsbericht, in Zusammenarbeit mit dem Regionalverband Ruhr und dem Sauerländischen Gebirgsverein das Wanderangebot weiter zu entwickeln. 

Mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Besuchenden der Route Industriekultur sind Tagesreisende, fast 17 Prozent sind Übernachtungsgäste. Ökonomisch wirkt sich das positiv aus: Die Erstgenannten geben pro Tag 28,50 Euro aus, was sich auf insgesamt 105,8 Millionen Euro summiert. Übernachtungsgäste geben pro Tag im Durchschnitt 117,60 Euro aus, also fast 144 Millionen. Die Zahlen hat eine Studie der dwif-Consulting GmbH 2018 im Auftrag des Regionalverbandes Ruhr ermittelt. Sie sind nicht nach einzelnen Kommunen aufgeschlüsselt.

Nach durch Corona bedingten Einbrüchen gab es laut Geschäftsbericht in der Metropole Ruhr insgesamt 7,6 Millionen Übernachtungen. „Der Tourismus ist nach 25 Jahren ein Motor für die Wirtschaft geworden, der ausschließlich nicht exportierbare Arbeitsplätze in allen Qualifikationsniveaus schafft“, bilanziert Biermann. Und nicht zuletzt wirkt der Wandel auch identitätsstiftend für die Millionen Menschen, die hier wohnen, ist er überzeugt. 

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