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Fußball-EM: Wie die Gastgeber-Städte sich aufstellen

Karin Billanitsch06. März 2024
Die 10 stolzen Host-Cities bereiten sich mit hoher Betriebsamkeit auf die Fussball-Europameisterschaft vor. In 100 Tagen wird das Eröffnungsspiel angepfiffen.
Im Sommer wird das Fußballfieber die Deutschen packen, wenn die Europameisterschaft im eigenen Land ausgetragen wird. Die Gastgeber-Städte rechnen mit positiven Impulsen für die Wirtschaft.

In 100 Tagen ist es soweit: Der Anpfiff der UEFA EURO 2024 ist am 14. Juni. Die Gastgeberstädte bereiten sich mit hoher Betriebsamkeit vor. Die zehn stolzen „Host Cities“ Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Gelsenkirchen, Hamburg, Köln, Leipzig, Münchenund Stuttgart wollen den Gästen aus ganz Europa ein gutes und unbeschwertes Fußballfest bieten. 

Positive Wirtschaftsimpulse erwartet

Das Turnier hat für die Gastgeberstädte neben dem gesamtgesellschaftlichen Nutzen auch einen bedeutsamen wirtschaftlichen Faktor. Es wird mit vielen positivenwirtschaftlichen Wachstumsimpulsen gerechnet, heißt es so oder ähnlich formuliert übereinstimmend auf Anfrage der DEMO-Redaktion. Hotellerie, Gastronomie sowie die tourismusnahen Branchen werden dabei am häufigsten genannt. 

So schätzen zum Beispiel die Expert*innen des Referats für Arbeit und Wirtschaft den „touristischen Wert für die bayrische Landeshauptstadt München auf circa 150 Millionen Euro“. Das betreffe nur die sechs Spieltage und die „Ticketholder“ und sei zudem recht konservativ geschätzt. In der Allianz Arena wird am 14. Juni das Eröffnungsspiel angepfiffen. 

Dortmund hofft auf Übernachtungsrekord

Generell rechnet die Stadt Dortmund mit einem erhöhten Steueraufkommen in den Bereichen Hotelgewerbe, Gastronomie, Kultur und Tourismus, teilt Felix Wunderer aus dem Bereich Kommunikation mit. „Insbesondere im Hotelgewerbe könnte ein neuer Übernachtungsrekord aufgestellt werden, da allein während den sechs Spielen in Dortmund jeweils ca. 100.000 Personen im Stadtgebiet erwartet werden.“ Zudem sei die Nachfrage nach Hotelzimmern seit der Gruppenauslosung im Dezember sprunghaft angestiegen. Der Übernachtungsrekord stammt aus dem Jahr 2023 und lag bei 1,49 Millionen.

Auf die Höhe der erwarteten Einnahmen anlässlich der EM legt sich die Stadt noch nicht fest, vor allem weil „zu viele Faktoren den finanziellen Erfolg für die Stadt beeinflussen“. Dazu gehören die Spielpaarungen ebenso wie das Fanverhalten, der Programmerfolg in den Fan Zonen, das Wetter, der allgemeine und spezielle Turnierverlauf sowie nicht zuletzt kurzfristige Ereignisse, die Einfluss auf die Gesamtlage nehmen. 

Gelsenkirchen: „Sechsstellige Anzahl an Fans erwartet“

„Die wirtschaftlichen Effekte können zum jetzigen Zeitpunkt nicht wirklich prognostiziert werden“, heißt es auf Anfrage der DEMO. So sei etwa der Werbegegenwert der Host City Gelsenkirchen durch die mediale Präsenz in ganz Europa schwer zu monetarisieren. Außerdem würden sich Einnahmen in Form von gestiegenen Gästeübernachtungen und gestiegenen Konsumausgaben in Gastronomie und Handel erst indirekt im städtischen Haushalt bemerkbar machen und könnten dort nicht isoliert abgebildet werden.

In jedem Fall erwartet die Stadt zu den vier Spielen eine sechsstellige Anzahl an Fußballfans. „Hotels, Pensionen und Privatunterkünfte sind vielfach schon ausgebucht“, so die Antwort aus dem Referat Öffentlichkeitsarbeit. Es gebe aber noch eine genügende Anzahl an Betten. Weil zahlreiche Campingtouristen erwartet werden, sind im gesamten Stadtgebiet Pop-Up Campingplätze und Wohnmobilstellplätze während der EURO 2024 geplant. Die Zahl der Übernachtungsmöglichkeiten werde hier im deutlich vierstelligen Bereich liegen, heißt es.

Berlin: „Erhebliche Einnahmen“

Berlin rechnet „mit erheblichen Einnahmen für die Berliner Wirtschaft“. Die Prognosen beruhten auf Erfahrungen aus vergangenen Veranstaltungen sowie auf aktuellen Evaluierungen ähnlicher Ereignisse, teilt die Senatspressestelle auf Anfrage der DEMO mit. 

Düsseldorf geht nach eigenen Angaben von „einem positiven wirtschaftlichen Impuls für die gesamte städtische Wirtschaft aus, insbesondere für das gastronomische und Übernachtungsgewerbe“. Die Stadtverwaltung in Leipzig erwartet Gesamteffekte in Höhe von zirka 59,4 Millionen Euro. Diese Prognose stützt sich auf eine gemeinsam mit DWIF Consulting GmbH in München erstellte Potenzialanalyse.  

Chancen für den Arbeitsmarkt

Stuttgart ist außerdem zuversichtlich, dass eine internationale Großveranstaltung dieser Dimension nicht nur Arbeitsplätze sichere, sondern auch den „Arbeitsmarkt befruchtet“. Durch die vielen Fans, die ihre Mannschaften begleiten und nach Stuttgart kommen, „profitiert die gesamte Tourismusbranche in Stuttgart und in der Region“, ist Stadtsprecher André Schahidi sicher. 

Hamburg sieht die EM neben den erwähnten steigenden Übernachtungszahlen und Umsatzeffekten als „Gelegenheit, sich als attraktiver Gastgeber zu präsentieren“. Von einer solchen verstärkten Wahrnehmung werde Hamburg auch mittel- und langfristig profitieren, zeigt sich die stellvertretende Sprecherin optimistisch. 

Schub für das Image

Die Gastgeber wissen, dass der weltweite Medienrummel für das Image und den Ruf ihrer Stadt eine große Chance ist – und hoffen auf positive Effekte noch auf Jahre hinaus. Sie wollen sich als Sportstadt (München) oder Innovations- und Fußballstadt (Dortmund) profilieren, als „sportorientiert, erfolgreich und attraktiv“ (Hamburg) als offen und tolerant (Düsseldorf), „weltoffen und lebensfreudig“ (Dortmund) wahrgenommen werden. 

„Die Netzwerke, die bei einem derartigen Großprojekt entstehen, tragen erfahrungsgemäß weit über das Event hinaus und erleichtern auch beim nächsten Projekt die Zusammenarbeit“, wie es aus Frankfurt heißt – was aber sicherlich nicht nur für die Mainmetropole gilt.

Und die Gelsenkirchener teilen mit, es sei schon viel erreicht, wenn „die Stadt Gelsenkirchen als freundliche und herzliche Gastgeberstadt bei den Besucherinnen und Besuchern aus aller Welt, in  der sie ein schönes Sommererlebnis verbracht haben, in Erinnerung bleibt.“ Wenn darüber hinaus die Bekanntheit der Stadt durch die Millionen von Fußballfans in aller Welt, die die TV-Übertragungen schauen, gesteigert werde, sei das ein immenser Werbeeffekt für Gelsenkirchen. Außerdem sei das Sommermärchen 2006 ist „heute noch vielen Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern positiv in Erinnerung als eine Zeit, in der durch die vielen internationalen Gäste eine besondere Atmosphäre in der Stadt herrschte, und hat sie auch ein bisschen stolz auf ihre Stadt gemacht“.

Köln: „Deine inklusive Host City“

Zusätzlich zu dem Bestreben, sich bestmöglich und somit als weltoffene, herzliche und moderne Gastgeberstadt zu präsentieren, verfolgt die Stadt Köln das Ziel, gesellschaftlich relevante Themen wie Inklusion und Nachhaltigkeit mit der Aufmerksamkeit der Europameisterschaft in der Region voranzubringen, teilt die Pressestelle auf Anfrage mit. „Ein wichtiges Anliegen in diesem Zuge ist es, dass jede*r an solch einem Event partizipieren kann. Deshalb strebt die Stadt Köln an, „deine inklusive Host City“ zu sein, unter anderem mit einem abgestimmten Volunteer-Programm für Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung.“

Darüber hinaus wollen wir das Turnier nutzen, um die Vereine in der Region nachhaltig zu stärken.

Gute Infrastruktur vorhanden

Für das Fußballturnier kann in den Host Cities auf bestehende Infrastrukturen zurückgegriffen werden, wie mehrere Städte bestätigen. Es sind deshalb keine größeren Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, also etwa neue Sportstätten, geplant. Die kontinuierliche Verbesserung der kommunalen Infrastruktur gehöre für den Magistrat Frankfurt zur „Daueraufgabe“, teilt die Stadt mit.

Auch Hamburg investiere fortlaufend in die Erneuerung und Ausbau der Sportinfrastruktur, heißt es aus der Pressestelle. Sowieso geplante Maßnahmen sollen indes bis zur EM fertig werden. Unter anderem wird es im Bereich der Fahrradangebote temporär Fahrradabstellanlagen im Stadionumfeld geben und es soll eine StadtRAD-Station, wo Leihfahrräder gemietet werden können, während des Turnierzeitraum eingerichtet werden. 

Nachhaltiger Nutzen 

Leipzig will den Stadionvorplatz der Red-Bull-Arena verschönern, in Stuttgart ist die Modernisierung der alten Haupttribüne der Arena in vollem Gang. Die Schwaben kalkulieren mit 140 Millionen an Investitionskosten. Auch in Dortmund soll im Umfeld des Stadions und auf den Anfahrtswegen die Infrastruktur verbessert werden, was aber „Teil einer langfristig geplanten Erneuerung und Anpassung ist“, heißt es. Die Landeshauptstadt Düsseldorf saniert und erweitert fünf Sportanlagen im Stadtgebiet, um sich für einen Zuwachs an Nachwuchsfußballern zu rüsten. 

Der Berliner Senat hat nach eigenen Angaben insgesamt 83,7 Millionen Euro für die Durchführung der EM bereitgestellt, davon entfallen 36 Prozent auf Um- und Ausbaukosten für das Olympiastadion sowie des Olympiaparks. Ein großer Anteil wird nachhaltigen Nutzen haben, zum Beispiel durch mehr Barrierefreiheit und energetische Nachhaltigkeitsprojekte.

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