Feuerwehren und Rettungsdienste

Nicht nur an Silvester: Einsatzkräfte leiden unter Gewalt

Karin Billanitsch02. Januar 2024
Einsatzwagen der Feuerwehr in der Silvesternacht 2023/2024 in Berlin.
Beim Jahreswechsel 2023/2024 sind erneut Einsatzkräfte der Feuerwehren und Rettungsdienste angegriffen oder bedroht worden. Verdi und der Deutsche Feuerwehrverband verurteilten die Gewalt. Übergriffe gibt es nicht nur an Silvester.

In der Silvesternacht 2023/2024 hatten Feuerwehrleute und Rettungskräfte in tausenden Einsätzen reichlich zu tun. Dabei kam es deutschlandweit auch zu Angriffen gegen die Retter*innen. Die Einsatzkräfte der Feuerwehren und Rettungsdienste gerieten unter Beschuss mit Raketen und Böllern oder wurden anders attackiert. Zahlreiche Beschäftigte seien durch diese Angriffe verletzt worden, teilt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) am Neujahrstag mit.

Gewerkschaft Verdi verurteilt Gewalt

„Die Silvesternacht hat besonders deutlich gezeigt, welcher Gewalt viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst ausgesetzt sind“, betont die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle. Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst dürfe keinesfalls als Berufsrisiko in Kauf genommen werden. Behle: „Es ist empörend, dass die Menschen, die uns im Notfall aus Gefahrensituationen bergen, Brände löschen oder uns medizinisch versorgen, angegriffen werden.“

Behle fordert die Arbeitgeber und Dienstherren auf, für den Schutz der Rettungskräfte zu sorgen, indem sie Übergriffe gegen Einsatzkräfte dokumentieren und anzeigen, Betroffenen Rechtschutz gewähren und „nicht durchsetzbare Schmerzensgeldansprüche“ übernehmen. An die Beschäftigten appelliert sie, alle Übergriffe zu melden, Unfallmeldungen zu schreiben und konsequent Strafanzeigen zu erstatten.

Kein Silvester-Phänomen

Gewaltvorfälle gegen Einsatzkräfte sind indes keineswegs auf Silvester beschränkt. Das belegt eine Umfrage unter den Angehörigen der freiwilligen Feuerwehren, die der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) gemeinsam mit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) durchgeführt und wenige Tage vor dem Jahreswechsel vorgestellt hat.

Danach gab rund die Hälfte der über 6.500 Befragten an, in den vergangenen zwei Jahren im Einsatz Gewalt erlebt zu haben – am häufigsten in Form von Beleidigungen und Beschimpfungen. Häufig seien auch Einschüchterungsversuche, zum Beispiel die Androhung, mit dem Auto angefahren zu werden. Tätliche Angriffe, zum Beispiel mit Fäusten, Feuerwerk oder einer Waffe, seien dagegen deutlich seltener.

DFV-Präsident fordert konsequente strafrechtliche Verfolgung

Gefragt haben DFV und DGUV auch nach dem Umgang mit Gewalterfahrungen. Dabei gaben mehr als drei Viertel der von Gewalt Betroffenen an, intern darüber informiert zu haben. Allerdings erstatten viele Feuerwehrleute nach wie vor keine Anzeige bei der Polizei, weil sie nicht glaubten, dass ihr Anliegen ernst genommen werde, berichtet DFV-Präsident Karl-Heinz Banse. „Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, wenn Angriffe auf die Feuerwehr juristisch nicht konsequent verfolgt werden, weil die Strafverfolgungsbehörden ein ‚zu geringes öffentliches Interesse‘ darin sehen“, kritisiert der DFV-Präsident.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte zu den Ergebnissen der Befragung, es sei ein trauriger und überhaupt nicht hinnehmbarer Befund, dass von den ehrenamtlichen Einsatzkräften bei den Feuerwehren jeder zweite Anfeindungen, Bedrohungen und Gewalt erlebt habe. „Auch in den polizeilichen Statistiken sehen wir einen kontinuierlichen Anstieg von Angriffen gegen Einsatzkräfte von Polizeien, Rettungsdiensten und Feuerwehren“, konstatierte die Ministerin. Sie prach weiter von einer „Verrohung in unserer Gesellschaft, die uns große Sorgen machen muss.“

Gemischte Polizeibilanz

Die Bilanz der Gewerkschaft der Polizei zum Jahreswechsel fiel gemischt aus. Zwar sei die Nacht in vielen Städten alles andere als friedlich verlaufen, der jahrelange Trend zu immer mehr Gewalt habe aber erstmals gebrochen werden können, sagte Gewerkschaftschef Jochen Kopelke dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die Trendumkehr führte Kopelke vor allem auf die starke Polizeipräsenz „an zahlreichen Brennpunkten in ganz Deutschland” zurück. Er formulierte eine klare Erwartung an die Justiz: „Die Täter müssen nun von den Gerichten schnellstmöglich verurteilt werden.“

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