Reise durch die Uckermark

Schlaglicht auf das Land

Karin Billanitsch24. August 2018
Bundespräsident Frank Walter Steinmeier besucht im Jahr 2018 bei einer Reise in den brandenburgischen Landkreis Uckermark mit seiner Frau, Elke Büdenbender, eine Kita. Er will sich ein Bild von dem Leben in ländlichen Regionen machen und das Thema stärker im gesellschaftlichen Bewusstsein verankern. Foto: Billanitsch/Demo.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist durch Dörfer und kleine Städte in der Uckermark. Tantow, Prenzlau und Templin sind Stationen der Besuche.
Aus seiner Zeit als früherer SPD-Abgeordneter kennt er das Land Brandenburg sicherlich gut: Er ist 2013 über die Landesliste in den Bundestag eingezogen. Wenn  Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier heute Stationen in der Uckermark besucht, ist sein ehemaliger Wahlkreis, der die Landkreise Havelland, Potsdam Mittelmark, die Stadt Brandenburg und Teltow-Fläming umfasst, nicht weit. Die Lage im ländlichen Raum, ihre Probleme und Fragen der Daseinsvorsoge sind indes ähnlich gelagert. 

Wachstumsschmerzen und Schrumpfungssorgen

Während die Städte Wachstumsschmerzen haben, leiden die Kommunen in ländlichen Gebieten unter Schrumpfungssorgen. „Meine Währung als Bundespräsident ist, Aufmerksamkeit zu erzeugen“, sagte Steinmeier in Tantow, wo er die deutsch-polnische Kita „Abenteuerland“ besuchte und eine Stippvisite bei der freiwilligen Feuerwehr anschloss. Tantow, ein Weiler von 151 Einwohnern im äußersten Nordosten Brandenburgs, gehört zum Amt Gartz. Es ist Steinmeier mit dieser Reise ein Aliegen, den ländlichen Raum „weder zu idealisieren, noch abzuschreiben.“ Sondern zu zeigen, wo in den Kommunen innovative Modelle bestehen, die andere ermutigen können. 

Beispiel Tantow: In der Kita Abenteuerland werden 29 deutsche und 31 polnische Kinder betreut - die Zweisprachigkeit  ist das besondere an der Kita. „Die polnischstämmigen Kinder, die einsam mit den deutschen dem Bundespräsidenten an diesem Tag mutig ein Ständchen singen, „lernen Deutsch beim Spielen“, wie die Leiterin Renate Pintschovius  erzählt. Wenn sie schon früh in die Krippe kämen, könnten alle Kinder bis zur Einschulung gut Deutsch. 

Trend zur Landflucht aufgehalten

Steinmeier, begleitet von seiner Frau Elke Büdenbender, spricht auch mit den Eltern der Kinder: Was bedeutet es für den Ort, wenn hier - anders als in manchen Regionen - kleine Kinder gut betreut werden, manche Menschen nach Jahren der Abwesenheit wieder zurückkehren in ihre Heimat, neue Häuser bauen, kurz, wenn der Trend zur Landflucht angehalten wird? Und auch aus dem benachbarten Polen Menschen zuziehen? „Es hat den Ort belebt“, stellt ein Vater fest. „Das geht in alle gesellschaftlichen Bereiche, im Sportverein können sich Mannschaften bilden und die freiwillige Feuerwehr hat nicht so große Probleme, Nachwuchs zu finden wie andernorts. 

„Tantow, eine Kommune in absoluter Randlage, hat es geschafft, daraus einen Vorteil machen“, stellt Steinmeier fest. Und die Kinder, die dort aufwachsen, „wissen gar nicht was eine Grenze ist. Das Wort kennen sie nur aus dem Wörterbuch“, erzählt ein  Vater. Sie werden, ist er überzeugt, einmal viel mehr Möglichkeiten haben als ihre Eltern. 

Einen Lebensmittelladen, also Grundversorgung, gibt es in Tantow - wichtig für die Familien und auch die älteren Bewohner. Ob es eine Kneipe gibt, will der Bundespräsident noch wissen, allerdings ist sie vor Jahren schon verschwunden. „Aber wir haben ein gutes Vereinsleben, da wird auch gefeiert“, versichern die Bewohner. 

Nah am Menschen

Die Tour durch die Uckermark, einer der am dünnsten besiedelte Landstriche in Deutschland,  findet in einem grösseren Rahmen statt. Es ist die zweite Stippvisite der Reihe: „Land in Sicht - Zukunft ländlicher Räume“, die das Staatsoberhaupt in diesem und im kommenden Jahr in verschiedene ländliche Regionen in Deutschland führen wird. Steinmeier wird dann Kita und Krankenaus, freiwillige Feuerwehr, Stadtwerke,  Seniorentagespflegestätte und einen Technologiecampus gesehen haben. Und vor allen Dingen mit vielen Menschen gesprochen haben. 

Die Menschen, die abseits der  großen Metropolen oder auch Mittelstädte leben, sind vielerorts unzufrieden. Die letzte Bank hat geschlossen, Lebensmittelgeschäft und Arztpraxis sind abgewandert. Steinmeier beschreibt die Situation in seiner Rede: Kommunen, die mit schwindender Bevölkerung zurecht kommen müssen, stehen vor besonderen Herausforderungen.  Er weiss, auch aus seiner Zeit als SPD-Abgeordneter, das viele hier sich abgehängt fühlen und möchte zeigen, wie auch „unter schwierigen Bedingungen das eben attraktiv gehalten werden kann.“

In Prenzlau informierte sich Steinmeier über das Projekt „KombiBus“ der Verkehrsgesellschaft Uckermark. Es sollen Freiräume im Fahrzeug genutzt werden, indem zum Beispiel regionale Produkte eingeladen und ein paar Stationen später an der Haltestelle ausgeladen werden. 12 Tonnen Fracht sind so quasi nebenbei zum normalen Fahrgastverkehr befördert worden. 

Im Vergleich zu anderen, zentralisierten Staaten sei die föderale Bundesrepublik nah am Menschen. Doch das Grundgesetz gibt den Auftrag, gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland  zu schaffen, so Steinmeier.

Die Zukunft der ländlichen Räume ist auch ein Thema, mit dem sich die SPD aktuell beschäftigt. Im Koalitionsvertrag haben SPD und Union vwereinbart, gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland schaffen zu wollen. Im neuen Ausschuss „Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen“ will sich die SPD-Bundestagsfraktion intensiv um Fragen der Regionalentwicklung kümmern.