Wohnungspolitik

SPD-Politiker Bartol: „Wir wollen die Mieten einfrieren“

Kai Doering14. Juni 2021
Mieten und Wohnen werden ein Top-Thema im Bundestagswahlkampf. Davon ist SPD-Fraktionsvize Sören Bartol überzeugt. Im Interview sagt er, wie die SPD Mieten stabil halten will, warum Bauen so wichtig ist und warum die CDU nichts für Mieter*innen tut.

Im April hat das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt, weil Mieten Bundes- und nicht Ländersache sind. Beobachter*innen leiten daraus ab, dass ein Mietendeckel auf Bundesebene Bestand haben würde. Sie auch?

Das Urteil ist auf jeden Fall ein Signal an die Politik, eine bundeseinheitliche Regelung zu schaffen. Diesen Hinweis müssen wir jetzt aufnehmen und politisch umsetzen. Mit CDU und CSU ist da aber leider nicht viel zu machen.

Sie unterstützen also die Forderung nach einem bundesweiten Mietendeckel?

Unsere Forderung ist kein bundesweiter Mietendeckel, sondern ein bundesweiter Mietenstopp. Wir wollen die Mieten einfrieren, sodass sie nur um die Inflationsrate ansteigen können – natürlich nur in angespannten Wohngegenden, wo es auch wirklich notwendig ist.

Im SPD-Programm für die Bundestagswahl ist von einem „Mietenmoratorium“ die Rede. Ist das das gleiche wie der Mietenstopp?

Ja, das ist das gleiche, denn der Effekt ist derselbe: Wir erreichen damit eine Atempause bei den Mieten, damit wir Zeit gewinnen, bis neuer Wohnraum fertiggestellt ist.

Die SPD will jedes Jahr 100.000 Sozialwohnungen bauen. Ist das realistisch?

Ja, und dringend notwendig. Wir müssen bauen – vor allem bezahlbare Wohnungen. Mit dem gerade beschlossenen Baulandmobilisierungsgesetz erleichtern wir Kommunen die Bereitstellung von Bauland und erschweren die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. All das hilft uns, die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu entspannen.

2015 wurde die Mietpreisbremse eingeführt und seitdem mehrfach verschärft. Warum steigen die Mieten trotzdem weiter?

Wohnraum ist – zumindest in beliebten Gegenden – ein knappes Gut. Das kann auch die Mietpreisbremse nicht ändern. Da hilft nur bauen, am besten von kommunalen Gesellschaften und Genossenschaften. Gleichzeitig müssen auch die ländlichen Räume attraktiv gehalten und gemacht werden, damit der Drang in die Ballungsräume zu ziehen, nicht weiter zunimmt. Gleichwertige Lebensverhältnisse dürfen keine Floskel sein. Deshalb ist es auch gut, dass im Nachtragshaushalt ein Programm für die Innenstädte enthalten ist, denn sie sorgen für Attraktivität auch in der Fläche. Die Corona-Pandemie hat uns auch gezeigt, dass Arbeit vielfach auch gut von zuhause aus erledigt werden kann. Das kann die Wohnungsmärkte ebenfalls entlasten. Denn wenn das nervige Pendeln wegfällt, wird auch das Leben auf dem Land für viele attraktiver. Wohnen müssen wir also sehr breit diskutieren.

Werden Mieten und Wohnen mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch Thema im Bundestagswahlkampf?

Auf jeden Fall. Es wird ein Top-Thema. Das haben wir in den letzten Wochen ja auch schon gesehen. Die Positionen und Vorschläge der SPD liegen vor und wir können mit Fug und Recht sagen, dass es echten Mieterschutz und eine echte Offensive für bezahlbares Wohnen nur mit uns Sozialdemokraten geben wird. Mit Olaf Scholz hat die SPD glücklicherweise jemanden, der in Hamburg gezeigt hat, wie man auch unter schweren Bedingungen den Wohnungsbau vorantreiben und die Mieten stabilisieren kann.

Sie selbst haben CDU, CSU und FDP als „Anwälte der Immobilienlobby im Bundestag“ bezeichnet. Woran machen Sie Ihre Kritik fest?

Wenn der Vorsitzende der Berliner CDU, der ja auch Regierender Bürgermeister werden möchte, mitten in den Beratungen über das Baulandmobilisierungsgesetz 800.000 Euro Spenden von der Immobilienwirtschaft erhält, zeigt das schon sehr gut, wie die Union an dieser Stelle tickt. Sie sollte sich ernsthaft fragen, für wen sie Politik macht. Das zeigt sich auch bei der Weigerung der Union, Vermieter an den Mehrkosten der CO2-Bepreisung teil haben zu lassen. Wir wollen, dass sich Mieter und Vermieter die Kosten fair teilen, denn Mieter können nichts für die verbaute Heizung in ihrer Mietwohnung. Doch hier mauert die Union, sie vertritt nur die Interessen der Eigentümer. Der Wohnungsmarkt in Deutschland ist schon sehr ausdifferenziert, aber gerade in Ballungsräumen oder Universitätsstädten ist bezahlbarer Wohnraum ein Mega-Thema. 2019 mussten 14 Prozent der Bevölkerung mehr als 40 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben. Das ist gesellschaftlicher Sprengstoff.

Mit welchen Partner*innen könnte die SPD für Mieter*innen am meisten erreichen?

Die Grünen haben aus meiner Sicht im Bereich Bauen und Wohnen eine Programmatik, die sehr gut zu unserer passt. Auch von der Linkspartei gibt es gut Vorschläge und sogar die FDP hat, bei vielseitiger Kritik, Dinge, über die es sich lohnt nachzudenken. Besonders schwierig ist und bleibt es mit der CDU. Der Berliner Landesverband mit Jan-Marco Luczak tut sich dabei besonders hervor. Das werden wir im Wahlkampf auch herausstellen.

 

Dieses Interview ist zuerst auf vorwaerts.de erschienen.

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